Ist den Hoteliers der Ernst der Lage bewusst?
Die drohende Energiemangellage ist in vielen Köpfen noch nicht angekommen. Wir stehen vor einer angekündigten Krise, auf die wir reagieren können. Wir müssen uns Gedanken machen.

Schüren Sie mit Ihrer Aussage nicht Panik?
Panik wäre in einer solchen Situation kein guter Ratgeber. Experten wie Werner Luginbühl, Präsident der Eidgenössischen Elektrizitätskommission, raten dazu, sich mit Kerzen und Holz einzudecken, diese Aussagen müssen wir ernst nehmen. Wir bereiten uns unternehmerisch gesehen einfach seriös vor.

Was unternehmen Sie als Gastgeber vom Hotel Schweizerhof in der Lenzerheide konkret?
Wir beschaffen momentan Taschenlampen für die Hotelzimmer, damit sich die Gäste auch in der Nacht zurechtfinden werden. Da unsere Restaurants mit aufladbaren LED-Lichtern ausgestattet sind, sind wir dort gut vorbereitet. Trotzdem besorgen wir Kerzen. Wenn die Gäste abends noch zusammensitzen und der Strom bereits weg ist, verbreiten sie eine angenehme Stimmung.

Und in der Küche? Verpflegen Sie die Gäste jeden Tag mit Fondue, das man mit Brennpaste zubereiten kann?
Beispielsweise. Aber auch mit kalten Gerichten. Man muss sich einfach bewusst sein, dass Schneidemaschinen ohne Strom nicht funktionieren, deshalb wird eine gute Mise-en-place wichtig sein. Ich sehe auch Möglichkeiten für einfache Gerichte vom Holzkohlengrill, Braten oder Fisch. Wir werden kreativ sein und das Angebot einschränken müssen.

Ist das nicht etwas gar romantisch gedacht? Experten gehen davon aus, dass bei einem Stromunterbruch die Trinkwasserversorgung nicht mehr gewährleistet sein könnte.
Mit Romantik hat das nichts zu tun eher mit Pragmatismus. Wir müssen uns in unseren Betrieben mit den verschiedenen Szenarien auseinandersetzen und soweit dies möglich ist, vorbereiten und hoffen, dass keines wirklich eintritt. Verantwortungsvoll ist es, wenn wir überlegen, was ohne Strom nicht mehr funktioniert. Dazu gehört zum Beispiel auch das Trinkwasser. Auf der anderen Seite würde der Strom nicht tageweise, sondern stundenweise kontingentiert. Entsprechend schätze ich gewisse Einschränkungen als nicht so dramatisch ein, wie es im ersten Moment erscheint.

Was ist mit der Sicherheit der Gäste?
Sollte es zu Netzabschaltungen kommen, müssten wir aus Sicherheitsgründen regelmässige Kontrollgänge organisieren, weil Brandmeldeanlagen ausser Betrieb wären. Fragen stellen sich auch in vielen weiteren Bereichen. Welche Lösungen gibt es für elektrische Schliesssysteme? Welche Vorbereitungen braucht es für die IT, denn Server können nicht einfach ausgeschaltet werden. Wie können die Kühlketten eingehalten werden? Wie können Gäste ohne Lift barrierefrei in die Zimmer gelangen?

Nehmen wir den gesetzten Fall, dass es «bloss» zu Sparmassnahmen bei Wellnessanlagen kommt und sie deshalb abgeschaltet würden. Wie stark wären die Hotellerie betroffen?
Die Berghotellerie hätte in der Hauptsaison vermutlich einen Umsatzeinbruch von bis zu 50 Prozent. Die Stadthotellerie weniger, weil sie weniger Wellnesshotels hat.

Die Hälfte des Umsatzes würde einbrechen? Das ist wahnsinnig viel. Was macht Sie so sicher?
Wir können einen direkten Vergleich zum Corona-Jahr 2020 ziehen, als Hallenbäder, Wellnessanlagen und die Bergbahnen Mitte März geschlossen wurden. Von einem Tag auf den anderen hatten wir keine Gäste mehr. Vermutlich wird der Einbruch dieses Mal weniger ausgeprägt, weil keine gesundheitsrelevanten Gefahren mitspielen. Langlauf oder Winterwandern wird ja weiterhin möglich sein, aber der Rückgang der Gäste wäre bedeutend.

Auch über Weihnachten und Neujahr?
Ja, bestimmt. In der Hochsaison kosten die Zimmer am meisten. Wenn Hallenbad, Wellness und Skifahren wegfallen, werden die Gäste nicht mehr bereit sein, diese Preise zu bezahlen. Viele werden sich sagen, wenn wir mit den Kindern nicht ins Hallenbad können, verschieben wir die Ferien.

Würden Sie in diesem Fall die Preise senken?
Wenn Angebote im Hotel selbst gestrichen würden, auf jeden Fall.

Wie weit betrifft die Energiekrise die Stadthotellerie?
Die Stadthotellerie ist stärker von der Gasversorgung abhängig als die Berghotellerie und könnte durch verschiedene Einschränkungen beispielsweise der Heiztemperatur betroffen sein. Auch wenn der Strom kontingentiert würde, müsste das Speiseangebot zeitlich eingeschränkt werden.

Können Sie politisch vom «Corona-Netzwerk» profitieren?
Wir sind seit mehreren Wochen im engen Austausch mit den Ämtern. Und ja, wir profitieren vom Netzwerk, das wir während der Pandemie aufgebaut haben. Aber auch von der hohen Glaubwürdigkeit der Branche, weil wir bewiesen haben, dass wir unsere Versprechen einlösen.

Was unternimmt der Verband HotellerieSuisse gegen die Energiemangellage?
Wir stehen mit dem Bund seit mehreren Wochen im Austausch und haben ihm vorgeschlagen, dass sich die Branche verpflichtet, freiwillig ungefähr 10 Prozent Strom einzusparen, wenn sie dafür von den Massnahmen ausgeschlossen wird.

Wie wollen Sie das erreichen?
Mit vielen Quick Win-Massnahmen: Saunabetriebszeit zeitlich begrenzen, Beleuchtung auf LED umrüsten und die Boiler auf 50 statt 55 bis 60 Grad Celsius heizen. Das sind nur kleine Beispiele aus einem ganzen Massnahmepaket. Die Sensibilisierung der Betriebe wird Ende August über den Dachverband sowie die Regionalverbände lanciert.