Seit Herbst 2016 die Saastal Bergbahnen AG in SaasFeedie WinterCard lanciert haben, gibt es ein heissesDiskussionsthema mehr. Pro- und Contra-Statementswerden über bislang undenkbare Preise formuliertund dabei unzählige Fragen aufgeworfen: Was sind die Gründe für einen solch fundamentalenPreisschnitt? Ist der Nutzen nur kurz- oder auchlangfristig? Und gibt es Nachteile – wenn ja, für wen?Und wo? Vorab: Es ist noch zu früh, um obgenannteFragen wirklich fundiert beantworten zu können.Hierzu bräuchte es mehr Detailkenntnisse; unteranderem gilt es Fragen zu beantworten wie etwa: Wieviele wirklich neue Gäste und Umsätze hat es dadurchbei den Bergbahnen (BB) und in der DestinationSaas-Fee gegeben? Wie viele dieser günstigenSaison-Abos sind explizit eine interne Kannibalisierungzum bisherigen Volltarif (zum Beispiel Fewo-Besitzer)?Wie viele Saisonkarten und Nächte sindanderswo deswegen nicht mehr verkauft worden?Fakt ist, die Saastal Bergbahnen wiederholen die Aktion,weil sie mit der Aktion ihre Ziele erreicht haben.Das ist legitim und aus Unternehmensperspektivevertretbar. Vielleicht wäre aber auch mehr möglichgewesen, wenn die Aktion lokal (breiter) abgesprochengewesen wäre.

Wie auch immer: Diese Aktion ist keine, welchenur lokal wirkt. Zum einen melden sich Gäste undMedien der ganzen Schweiz zu Wort, zum anderengibt es neu auch die Aktion von 25 Bergbahnen derweit gefassten Romandie, welche mit dem MagicPass für Fr. 359 Franken (für 1000 km Piste!) ganzähnlich in den Markt schreitet. Wie sollen diese zweiAngebote nun tituliert werden? Clevere und gezielte(Gegen-)Strategien, Preisoffensive, Dumping- oderAusverkaufspreise oder gar Verzweiflungstaten?

Die WinterCard-Aktion, isoliert betrachtet, ist geglücktesMarketing. Aber es fragt sich, ob solche aufenormen Preisnachlässen basierten Aktionen tatsächlichauch längerfristige Mehrwerte generieren.Das Spielen mit Preisen kennt die Branche spätestensmit dem Yield Pricing; neu aber ist die Dimensionder Rabattierung! Wenn das Saison-Abo plötzlichknapp 80 Prozent verbilligt wird, ist Stirnrunzelnerlaubt. Waren die vorherigen Preise «Abriss-Preise»?Sind es eventuell auch die aktuellen Tageskartenpreise?Oder ist der neue Tarif à la Saas-Fee einfachein Lockvogel, um die Konkurrenz zu schocken?Es stellt sich auch die simple Grundfrage: «Kann dasaufgehen?»

Die Finanzkalkulation ist zwar Unternehmenssache,aber es gilt gerade wegen dem grossen Marketingaufwandauch zu beachten, dass diese Preisstrategiedie Branche beeinflusst. Der Magic Pass istoffensichtlich eine Reaktion darauf. Folgen nun auchandere Bahnen und neue Bergbahn-Verbünde, welcheunter Zugzwang kommen? Lassen sich nun auchdie Berner Oberländer auf einen Preiskampf ein?Wenn ja, wann folgen die Innerschweizer und wanndie Ost-Schweizer und Bündner Bahnen? Und wannkollabiert dadurch der Saastaler Höhenflug? KönnenGegner dieser Strategie wie die Bahnen in Portes duSoleil, in 4-Vallées, in Zermatt oder anderswo ihre«klassischen» Preismodelle am Markt behaupten?Was passiert mit den kleinen Bahnen, vor allem auchdenjenigen im voralpinen Raum?

So muss heute vor einer Preisschlacht gewarntwerden. Zwar würde das den Kunden erfreuen, aberdie Risiken gerade für die Bergbahnbranche sindnoch nicht abschätzbar, wenn in der Schweiz flächendeckend ähnlich reagiert würde. Der Schritt zu«Hammerpreisen» auch auf Tageskarten wäre denkbar.Aber spätestens dann wohl vernichtend. PreisNachlässegenerell sind nichts Schlechtes und punktuelldefinitiv sinnvoll, aber es muss nebenBranchensolidarität auch die Langlebigkeit des Geschäftesbetrachtet werden. Es ist per heute aberfraglich, ob derartig happige Preisnachlässe tatsächlichneue Gäste ansprechen können, welche die Ertragsausfälleauch wirklich kompensieren. Hierbeigilt es, nicht nur die einzelne Destination zu betrachten,sondern den nationalen Wintertourismus. Wennlediglich Umverteilung stattfindet und gesamtheitlicheErtragsausfälle das Resultat sein werden, müssenzwangsläufig auch die Kosten gesenkt werden, womitdie Sicherheit, die Angebotsvielfalt oder die Qualitätleiden werden.

Günstigere Preise sind im Hochpreissegment«Wintersport» wünschbar, für Schweizer wie auch fürausländische Gäste (welche zurückzugewinnensind)! Auch eine gewisse Marktbereinigung ist vertretbar.Die Management-Gremien der Bergbahnendürfen jetzt trotz Kundenrückgängen, minimen Margenund zu bescheidenen Cashflows nicht überreagierenund müssen trotz allem kühlen Kopf bewahren.Es braucht langfristig taugliche Lösungen zumKampf gegen Gästeschwund. In den Boden gestampftePreise dürften nicht so einfach wieder anzuhebensein. Die These, dass allein tiefste BB-Preiseplötzlich alle Schweizer zu Ski-Fanatikern werdenlassen und halb Europa wieder zu Schweizer Ferienmotivieren, möchte ich bezweifeln. Es wäre sinnvoll,wenn die Bergbahnbranche jetzt keine simplen Hauruck-Kopier-Aktionenlancieren, sondern solidarischeine längerfristige Lösung anstreben. Vielleicht wäreauch ein Swiss-Ski-Pass eine Lösung? Vielleicht sinnvoller,als alles «fast gratis» abzugeben und so mancheBahn in wenigen Jahren im Konkurs oder bei den jeweiligenGemeinden als Bittsteller zu haben, manmöge bitte mit öffentlichen Geldern die Defizite ausgleichenoder die anstehenden Investitionen übernehmen.Die WinterCard könnte sich so rasch zumfundamentalen Tourismus-Problem entwickeln.


*Urs Wagenseil ist Leiter Tourismus am Institut für Tourismuswirtschaftan der Hochschule Luzern.