Mobilität betrifft uns alle – täglich. Wir wollen uns frei bewegen, schnell ans Ziel kommen und dabei nachhaltig handeln. Wer nicht mitfährt, verliert den Anschluss oder bleibt stehen.
Aus dieser ständigen Beobachtung resultiert ein riesiges Spannungsfeld mit ökologischen, technologischen, sozialen und wirtschaftlichen Aspekten. Mobilität muss nicht nur innovativ, sondern auch inklusiv, für alle zugänglich, verlässlich und bezahlbar sein. Mobilität muss flexibel, effizient und rentabel sein. Mobilität als Megatrend!
Die laufende Mobilitätswende – getrieben von Klimazielen, technologischen Innovationen und veränderten Konsumgewohnheiten – ist Herausforderung und Chance zugleich. Touristikerinnen und Touristiker kommen nicht umhin, sich der Diskussion zu stellen.
Destinationen und Anbieter, die sich frühzeitig anpassen, steigern nicht nur ihre Attraktivität, sondern tragen auch zur Lösung der drängenden Klimaprobleme bei. Wer heute investiert, wird morgen die Früchte einer zukunfts- und wettbewerbsfähigen Tourismusbranche ernten. [RELATED]
Mobilitätswende als wichtiger Zukunftsfaktor
Dank der Mobilitätswende kann sich der Schweizer Tourismus am Puls der Zeit positionieren. Neue Angebote sollten effizienter, individueller und umweltfreundlicher sein.
«Aktuell spricht einiges für den Lead der Schweiz in Sachen Mobilität. Aber wir haben herausfordernde Situationen hinsichtlich Topografie, Bodenverfügbarkeit und auch Verletzlichkeit durch den Klimawandel», sagt Monika Bandi Tanner, Leiterin der Forschungsstelle Tourismus an der Universität Bern. «Es braucht sicher weiterhin gemeinsame Überlegungen und Aufklärungsarbeit.»
Die für die Planung nötige gesellschaftliche und politische Sensibilität und das Handlungsinteresse seien teilweise vorhanden. Mobilität erfordere nicht nur Bewusstsein, sondern auch Masshalten – eine Herausforderung in einem Markt, der unbegrenzte Mobilität ermöglicht. Als wichtige Hebel nennt Bandi Tanner Sensibilisierung mittels Aufklärungsarbeit, Monitoring des Mobilitäts-Splits, aber auch Treibhausgas-Bilanzierungen.
Stadt und Land mit ähnlicher Entwicklung
«Das Ziel muss sein, dass der ÖV-Anteil am Gesamtverkehr steigt», sagt Ueli Stückelberger, Direktor des Verbands öffentlicher Verkehr. Die Themen Dekarbonisierung sowie Energieeffizienz würden bei der Mobilität zu Recht laufend an Bedeutung gewinnen. Die Entwicklung in den Tourismusregionen wird laut Stückelberger eine ähnliche sein wie in den Städten: «Es wird unter anderem vermehrt verkehrsfreie Zonen und Ortsbuserschliessungen geben.
Ebenso werden in den kommenden Jahren die Dieselbusse durch Elektrobusse ersetzt. Solche Massnahmen führen zu attraktiveren Tourismusorten. Viele Destinationen haben dies schon lange erkannt.»
Wenn die Mobilität vor Ort nachhaltig ist, profitieren alle.
Ueli Stückelberger, Direktor Verband öffentlicher Verkehr
Für Tourismusorte, die auf die Karte Auto setzen und deren Freiräume primär aus Parkplätzen bestehen, sieht Stückelberger keine rosige Zukunft. «Ein Drittel der städtischen Haushalte besitzt kein eigenes Auto. Dieses zahlkräftige Kundensegment, aber auch andere Gruppen reisen bevorzugt in Destinationen, wo die Anreise mit dem öffentlichen Verkehr attraktiv ist.»
Die Verantwortlichen müssten sich überlegen, ob die Anreise aus Sicht eines ÖV-Kunden praktisch sei. «Da muss man auch den Umsteigeort im Tal berücksichtigen. Es gibt Tourismusorte, wo ich den Eindruck habe, dass sich diese Frage noch niemand je gestellt hat.»
Partizipation braucht gemeinsamen Willen und langen Atem
Der Tourismus sollte die treibende Kraft des Mobilitätswandels sein, so Stückelberger. «Denn wenn die Aufenthaltsqualität eines Ortes wegen des vielen Verkehrs beeinträchtigt ist, werden mittelfristig weniger Gäste kommen.
Wenn die Mobilität vor Ort möglichst nachhaltig ist, profitieren letztlich alle.» Entscheidend sei ein gemeinsamer Wille aller Beteiligten, darunter Destinationen, Gemeinden, Transportunternehmen und die Beherbergung. Stückelberger weiss um die anfängliche Opposition gegen Verkehrsberuhigungsmassnahmen. Partizipation erfordere Zeit. Wichtig sei es, den «Anfangssturm» auszuhalten.
Das Auto ist nach wie vor die erste Wahl
Mehr als die Hälfte des gesamten Verkehrsaufkommens in der Schweiz fällt auf die täglichen Freizeitaktivitäten der Wohnbevölkerung und auf den Tourismus. Geschätzt macht der touristische Verkehr ein Viertel des Gesamtverkehrs aus und wird zu gleichen Teilen von in der Schweiz wohnhaften und von ausländischen Touristen verursacht.
Laut aktuellem Bericht des Bundesamtes für Raumentwicklung wird für touristische Fahrten innerhalb der Schweiz in 74 Prozent der Fälle das Auto genutzt, in 24 Prozent der ÖV und in 2 Prozent das Fahrrad. Die Schweizer Wohnbevölkerung nutzt für Tourismusreisen viel häufiger den ÖV als ausländische Gäste.
