Die Realisierung eines Wanderwegs in der Talsohle der Rheinschlucht bei der Gemeinde Trin (GR) sei unter Einhaltung der rechtlichen Vorgaben zum Schutz des dortigen Auengebiets kaum realisierbar. Dies ergibt sich aus einem Urteil des Bundesgerichts. Verschiedene Natur- und Tierschutzorganisationen haben erfolgreich Beschwerde eingelegt.

Das Bundesgericht hat in einem am Mittwoch veröffentlichten Urteil den Zonen- und Erschliessungsplan der Rheinschlucht (Ruinaulta) der Gemeinde Trin (GR) aufgehoben. Der Plan sollte als Grundlage für das letzte fehlende Teilstück des Wanderwegs dienen, der durch den Bündner «Grand Canyon» führt.

Die Umweltverbände Pro Natura, der Schweizer Vogelschutz SVS/BirdLife Schweiz (SVS) und der WWF Schweiz rügten, der in der Ortsplanung vorgesehene Wanderweg beeinträchtige ein Auengebiet von nationaler Bedeutung. Zudem würden die rechtlichen Vorgaben zum Schutz von Tier- und Pflanzenarten nicht eingehalten. Das Bundesgericht stimmt der Kritik der Umweltverbände zu, wonach die bundesrechtlichen Voraussetzungen für einen ausreichenden Schutz des Auengebiets mit dem vorliegenden Zonenplan nicht erfüllt werden.

Kritik von Tourismus-Seite
Kevin Brunold, Geschäftsführer von Surselva Tourismus, ist «sehr enttäuscht» über den Entscheid des Bundesgerichts, wie aus einer Medienmitteilung vom Mittwoch hervorgeht. Für ihn ist das Urteil schwer verständlich.

Das Bundesgericht habe die Partikularinteressen von Naturschutzverbänden höher gewichtet, als die Entscheide des regionalen Parlaments und einer Gemeindeversammlung. «Das ist ein grosses Problem für den Tourismus. Bürokratie und Verhinderungstaktik sind in der Schweiz anscheinend wichtiger geworden als Innovation und Pioniergeist», so Brunold. Er fordert deshalb die Politik auf, Gegensteuer zu geben. Gerade in der aktuellen Situation sei der geplante Wanderweg für den Tourismus ein zentrales Leuchtturmprojekt.

Der Geschäftsführer von Surselva Tourismus geht davon aus, dass der Eingriff in die Natur vertretbar gewesen wäre. Seit 127 Jahren verkehre die Rhätische Bahn in unmittelbarer Nähe, und Natur und Tiere hätten dadurch keinen Schaden genommen. «Ein Wanderweg ist keine Autobahn und die Region Surselva wurde trotz ihren spekakulären Naturschauplätzen nie von negativen Massentourismusphänomen bedroht», schreibt Surselva Tourismus weiter. 

Bedrohte Vogelart
Im betroffenen Auengebiet brütet der vom Aussterben bedrohte Flussregenpfeifer, zu dessen Schutz verschiedene Massnahmen vorgesehen sind, wie aus dem Urteil des Bundesgerichts hervor geht. Nur ein Projekt von nationalem Interesse würde einen Eingriff in das Auengebiet rechtfertigen. Ein solches liegt gemäss den Lausanner Richtern nicht vor.

In ihrem Urteil setzen sie sich intensiv mit dem Flussregenpfeifer und den Voraussetzungen für dessen Weiterbestand auseinander. So führt das Bundesgericht aus, dass der Flussregenpfeifer stark auf Störungen reagiere. Ein Wanderweg müsste deshalb mindestens 75 Meter von seinem Lebensraum entfernt liegen. Zusätzlich wären Massnahmen zur Besucherlenkung vorzusehen.

Unter diesen Umständen erachtet es das Bundesgericht als kaum möglich, einen Wanderweg so anzulegen, dass alle Vorgaben erfüllt werden könnten. Was nun mit dem Projekt geschehe, sei Sache der Gemeinde Trin und der Kantonsbehörden. Sie hätten über das weitere Vorgehen zu bestimmen. (sda htr)