Im September messen Sie sich in Danzig an den Euro Skills im internationalen Wett­bewerb. Warum?
Als Gewinnerin des Wettkampfs Hotel Réception an den Swiss Skills vom September 2022 kann ich an den europäischen Meisterschaften teilnehmen. Ich will über mich hinauswachsen, meine eigene Komfortzone verlassen. In der Lehre war ich eigentlich eher schüchtern und zurückhaltend. Das hat schon gebessert, und ich arbeite weiter daran. Mit der Teilnahme kann ich zudem mein Netzwerk erweitern. Ich treffe dort andere Teilnehmende aus 16 Ländern. 

Wie aufwendig war die Vorbereitung in den letzten Wochen und Monaten?
Es ist viel Freizeit, die ich dafür verwendet habe. In den Rollenspielen werde ich Front- Office-Agent des Hotel Acropolis in Athen sein. Weil man nicht weiss, was im Rollenspiel kommt, muss ich mich auf alle möglichen Situationen vorbereiten und die Athener Verhältnisse gut kennen. Seit Januar habe ich mit meinem Coach ein bis zwei Tage pro Monat trainiert. Es gab mehrere von Swiss Skills organisierte Teamwochenenden fürs Nationalteam. Wir hatten auch ein Medientraining. Ein weiterer Coach bereitet mich zudem mental vor. Meine Teilnahme am Wettbewerb AICR World’s Best Receptionist in Doha haben wir ebenfalls als Training angeschaut. Wettkampferfahrung ist ebenfalls sehr wichtig.

Was bringt Ihnen die Teilnahme beruflich?
Sie bringt mir sicher ein grosses Netzwerk, der Austausch mit anderen ist sehr wichtig. Durch das Coaching erhalte ich regelmässig Feedbacks, was ich noch verbessern muss und was ich beibehalten soll.

Ich will über mich hinauswachsen, meine eigene Komfortzone verlassen. Und ich kann mein Netzwerk erweitern.
Carmen Többen, Hotel-Kommunikationsfachfrau EFZ im Zürcher Hotel Baur au Lac

Sie arbeiten derzeit im Zürcher Hotel Baur au Lac. Sind die Gäste in der Realität so schwierig wie in den Rollenspielen?
Also ich würde es nicht verallgemeinern. Es ist klar, dass die Darsteller in den Rollenspielen die Teilnehmenden aus der Reserve locken sollen. Im «Baur au Lac» bin ich Teil eines gesamten Teams. Im Rollenspiel bin ich hingegen auf mich selbst gestellt, was in der Praxis praktisch nie der Fall ist. Dort kann es vorkommen, dass ein Gast von sich aus mit einer vorgesetzten Person reden will. Zudem kann eine Arbeitskollegin eine E-Mail lesen und mir eine Rückmeldung geben. Wenn mehrere Gäste ein Anliegen haben, können wir uns an der Réception aufteilen, im Rollenspiel müssen weitere Personen erst einmal Platz nehmen.

Was war bislang für Sie die herausfor­derndste Situation an einer realen Réception?
Es kam schon vor, dass Gäste nicht zufrieden waren. Einmal hat sich ein Gast über das Zusatzbett beschwert, obwohl es so gebucht war. Er hätte lieber ein echtes weiteres Bett gehabt. Er drohte abzureisen. Mit einem Upgrade fanden wir dann eine Lösung.

Es ist nicht das erste Mal, dass Sie an einem internationalen Wettbewerb teilnehmen. Was hat Sie am Wettbewerb AICR World’s Best Receptionist in Doha Ende Februar  beeindruckt?
Es war sehr spannend, Teilnehmende aus aller Welt kennenzulernen mit ihren ambitionierten Zielen. Die einen liessen alles hinter sich, um etwa in Dubai oder auf den Malediven ihren beruflichen Traum zu verwirklichen. Gerade auf den Malediven arbeitet man fix sechs Tage am Stück, die Arbeitstage sind lang. So bleibt an dem einen freien Tag kaum Zeit, um die Ferienumgebung zu geniessen. Trotzdem tun sie das, wofür ihr Herz schlägt. Das finde ich sehr beeindruckend.

Über welche Qualitäten muss die ideale Réceptionistin Ihrer Meinung nach verfügen?
Sie hat eine positive Grundein­stellung. Sie lernt mit Freude neue Menschen kennen und hat Organisationstalent, um die Arbeit zu managen. Zudem bringt sie Empathie mit, um mit unterschiedlichen Menschen umzugehen und um deren Bedürfnisse schnell erkennen zu können.