Herr Meier, auch der Hospitality Summit ist unter dem Motto #bettertogether von HotellerieSuisse gestanden. Warum hat es gerade jetzt einen solchen Branchenanlass gebraucht?

Für uns war es wichtig, in dieser Zeit, wo wir unsere Mitglieder und Partner nur über Zoom, Teams oder Skype getroffen haben, das Netzwerk wieder im persönlichen Austausch pflegen zu können. Diesen Austausch wollten wir zelebrieren, denn wir wollen gemeinsam nach vorne schauen. Wir wollen Perspektiven schaffen, Impulse geben im Bereich Nachhaltigkeit, Digitalisierung oder Fachkräftemangel. Mehr als 90 Partner beteiligten sich am Anlass. Das ist nicht selbstverständlich, denn viele von ihnen erlebten zum Beispiel als Zulieferer ebenfalls schwierige Zeiten.

Wo hat sich #bettertogether am Hospitality Summit für Sie im Speziellen manifestiert?

Im 1:1-Kontakt. Es war eine grosse Freude, mehr als 800 Leute begrüssen zu dürfen, viele Einzelgespräche zu führen und neue Ideen aufzuschnappen.

Welches ist Ihr persönliches #bettertogether-Highlight in diesem Jahr?

Ich habe in diesen schwierigen Monaten über 200 Betriebe besucht. Als nationale Geschäftsstelle muss man in dieser Zeit der Pandemie an der Front sein und unterstützen. Dieses gemeinsame Suchen nach Lösungen, nach Perspektiven ist mein Highlight, sowohl im letzten als auch in diesem Jahr.

Der Fachkräftemangel wird in den nächsten zehn Jahren DAS zentrale Thema der Branche sein.

Wie haben die Mitglieder reagiert?

Unsere Mitglieder schätzen den Austausch sehr. Dass mal «einer von Bern» vorbeikommt, ist wichtig, denn an der Basis werden wir gebraucht, wir von der Geschäftsstelle, aber auch die Vertreter der 13 Regionalverbände. Nur so können wir Hilfestellungen anbieten und die Anliegen in den politischen Prozess einfliessen lassen.

Warum lautet das Motto in diesem Jahr #bettertogether?

Weil wir nur dann erfolgreich aus dieser Krise kommen, wenn wir sie gemeinsam meistern – mit unseren Mitgliedern, mit den Polit- und Sozialpartnern, mit den Bildungsinstitutionen. #bettertogether dürfen wir nicht nur predigen, wir müssen es leben.

[IMG 2]Welche Projekte, die der Verband in der Zeit der Pandemie auf die Beine gestellt hat, waren erfolgreich?

Unser Coachingprogramm. Wir haben damit Hoteldirektoren mit ihren Fragen und schwierigen Situationen nicht alleine gelassen, wir haben sie unterstützt. Wir haben es mit den Mitgliedern entwickelt, und das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) hat es über das Förderinstrument der Neuen Regionalpolitik (NRP) mitermöglicht.

Ein weiteres erfolgreiches Beispiel?

Ja, mit «rock your future» haben wir innerhalb von vier Monaten eine neue Dienstleistung auf die Beine gestellt, mit der wir Quereinsteigerinnen und jungen Interessierten unsere Branche näherbringen und sie von den Qualitäten und Möglichkeiten, zum Beispiel einer schnellen Karriere, überzeugen wollen. Die nationalen Berufserkundungstage im Oktober und November zur Nachwuchsförderung sollen Jugendliche im Berufswahlprozess unterstützen. Mit dem SBFI haben wir die Finanzierung für drei Jahre gesichert; über 100 Betriebe haben sich bereits angemeldet. Mit diesem Projekt versuchen wir uns auch in #bettertogether mit GastroSuisse.

Die Pandemie hat den Fachkräftemangel verschärft.

Ja, die Krise hat langfristige Folgen für unsere Branche. Einerseits hat sie den strukturellen Wandel beschleunigt, insbesondere in den Städten. Andererseits hat sie einen ausgeprägten Fachkräftemangel zur Folge, der in den nächsten zehn Jahren DAS zentrale Thema sein wird. Hier gibt es keine schnelle Lösung und kein Patentrezept.

Die elf touristischen Akteure haben sich zusammengerauft und sind gemeinsam stark aufgetreten.

Sondern?

Wir müssen künftig die Rolle als aktive Berufsentwickler stärken. Wir müssen bezüglich Image und Marketing ein aktiveres Engagement an den Tag legen. Weiter braucht es im Bildungsmarkt zusätzliche Massnahmen: Die Durchlässigkeit der beruflichen Grundbildung bis und mit Fachhochschulen muss besser werden, um für Interessierte attraktiver zu werden. Es wird Veränderungen auf mehreren Ebenen geben.

Wie wird sich die Bildungslandschaft verändern müssen?

HotellerieSuisse ist heute Träger und Stifter der EHL-Gruppe und der Höheren Fachschule Thun und bietet selber mit Schulhotels und weiteren Kursen Bildungsprodukte auf dem Markt an – dies in einem intensiven Wettbewerb mit anderen Bildungsinstitutionen. Der Markt fordert hier mehr Durchlässigkeit, damit lebenslanges Lernen möglich wird. Dafür müssen die Bildungsanbieter von HotellerieSuisse besser zusammenarbeiten können.

Ein politischer Kopf an der Spitze
Claude Meier (43) ist seit 2016 Direktor von HotellerieSuisse. Er ist Stiftungs- und Verwaltungsratsmitglied der EHL Group. Der studierte Volkswirtschaftler ist auch Vorstandsmitglied des Schweizer Tourismus-Verbandes und der Reka-Verwaltung. Zuvor war er als Leiter Zentralsekretariat und Mitglied der Gruppenleitung beim Kaufmännischen Verband Schweiz in Zürich und als Geschäftsführer der Organisation der Arbeitswelt Gesundheit Bern tätig. Im März 2022 kandidiert er auf der FDP-Liste für einen Sitz im Kantonsparlament von Bern.

Der Tourismussektor funktioniert nicht ohne #bettertogether, würde man meinen. Und doch gibt es Player, die da resistent sind. Woran liegt es?

HotellerieSuisse ist der dritte Verband, für den ich arbeite: Nach Funktionen im Gesundheitswesen und im kaufmännischen Bereich bin ich nun seit 2016 im Hotellerie-, Gastronomie- und Tourismusbereich tätig. Ich finde, dass das Denken in eng begrenzten Räumen hier überdurchschnittlich stark vorhanden ist. Darum braucht es immer wieder sehr viel Kraft, um die Einzelnen von Modellen der Zusammenarbeit zu überzeugen. Wir lösen anstehende Herausforderungen wie den Fachkräftemangel und die Digitalisierung nur durch ein anderes Denken. Da sind sämtliche Akteure gefordert. Wir von HotellerieSuisse forcieren das kooperative Verhalten auf allen Ebenen, so zum Beispiel auch über den Schweizer Tourismus-Verband oder mit unserer Schwesterorganisation GastroSuisse.

HotellerieSuisse und GastroSuisse ziehen nicht immer am selben Strick.

Wir haben eine unterschiedliche DNA. Aber dort, wo Kooperationen möglich sind, spannen wir zusammen. Akteure, die es nicht schaffen, zu kooperieren, werden künftig nicht nur überfordert sein, sie werden schlicht untergehen.

Im Hotel- und Tourismusbereich gibt es unzählige Beispiele von mutigen und geglückten Kooperationen. Wo genau harzt es denn noch?

Es hat mit einer Haltung zu tun. Wer mit Scheuklappen unterwegs ist und diese nicht ablegen will, der wird nicht in kooperative Lösungsansätze investieren. Ich weiss alles, ich kann alles – das funktioniert heute nicht mehr.

Ist es eine Generationenfrage?

Nein, eine Haltung ist unabhängig vom Alter. Die Krise hat die Digitalisierung beschleunigt, hat eine andere Form von Mobilität bewirkt, das Lokale wird mehr geschätzt, die Nachhaltigkeit gewinnt an Wert. Dies alles muss ein Betrieb antizipieren, sonst fällt er durchs Netz.