Wer die Lobby des Huus Gstaad betritt, erhält das Gefühl, in ein Zuhause zu kommen. Der weite Raum wirkt wie ein trendiges Wohnzimmer. Oberhalb des Kamins stapeln sich Bücher, im Regal steht ein Globus, der Hund liegt auf der Eckbank, und mittendrin thront ein orange leuchtendes Sofa, das wie ein Augenzwinkern zu einer verheissungsvollen Party einlädt. Der Blick schweift zur Fensterzeile. Sie stellt Gstaads Hausberg, das Eggli, und den hoch aufragenden Klettergipfel Le Rubli ins Schaufenster.

Die Aussicht ist atemberaubend. Die stilisierte Bergkette taucht denn auch im Logo und an der Hotelbar wieder auf, deren Spirituosen auf den Silhouetten von Bergen nachempfundenen Gestellen lagern. «Als wir vor sieben Jahren umbauten, legten wir für die Lobby zwei Etagen zusammen und öffneten die Fensterfront bis zum Dach, das weitet den Blick auf die Gstaader Bergwelt, was uns zum Logo inspirierte», erklärt Günter Weilguni. Er und Hauptinvestor Marwan Naja sind die Besitzer des 4-Sterne-Superior-Hauses.

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Die Lobby ist das Juwel des Hotels. Man fläzt auf Sofas, Kinder tollen herum, während im Hintergrund die Chill-Lounge-Musik erklingt. Am Abend wandelt sich die Lobby zur Party-Location von Weltcharakter, wo sich Einheimische wie Gäste treffen; und der DJ auflegt. Zu diesem Konzept wurde Weilguni vor Jahren im Hotel W in New York inspiriert, wo er ebendiesen Vibe mit einer sehr lebendigen Lobby entdeckte. «Dass uns die Umsetzung gelungen ist und wir zum In-Lokal geworden sind, macht mich stolz», sagt er. Der Weg dorthin war indes kein einfacher.

Visitenkarte

Hotelname: Huus Gstaad

Ort: Schönriedstrasse 74, 3792 Saanen

Klassifikation: 4 Sterne Superior mit Spezialisierung Bikehotel, Businesshotel, Schneesporthotel, Top-Familienhotel, Seminarhotel und Wanderhotel

Baujahr: 1981 Umbaujahr: 2016

Investitionssumme: im niedrigen zweistelligen Millionen­bereich

Anzahl Zimmer: 136 Zimmer (Einzel-, Doppel-, Familien­zimmer, Suiten)

Zimmerkosten: 350 bis 650 Franken pro Zimmer inklusive Frühstück und Outdooraktivitäten

Auslastung: 70 Prozent während der Öffnungszeiten

Umsatz: wird nicht veröffentlicht

Zielgruppe: Individual- und MICE-Gäste

Restaurants: La Vue und Huus Gstaad Restaurant

Gastgeberin: Mirka Czybik

Besitzer: Marwan Naja und Günter Weilguni

Anzahl Mitarbeitende: 68

Öffnungszeiten: Mitte Dezember bis Ostern und Mitte Mai bis Ende Oktober

Partner: Alpinzentrum Gstaad, Danner, Hästens, Land Rover, Nespresso und Soeder

Der Erfolg kam erst über Umwege
Marwan Naja und Günter Weilguni erwarben das Huus Hotel Gstaad 2015 von der Steigenberger-Gruppe. Sie bauten es mit dem schwedischen Architekten Erik Nissen Johansen um, der einen modernen Akzent setzte. Durch das ganze Haus zieht sich ein nordisch-englischer Stil mit Karo­mustern, Ledersofas und edlen Textilien. Man schläft in Hästens-Betten und diniert im Restaurant La Vue. Dunkle Farben dominieren, warmes Licht sorgt für Behaglichkeit.

Nur kamen das verspielte Design in den Zimmern, das gedimmte Licht, die laute DJ-Musik und die Lebendigkeit im Hotel bei den ehemaligen Steigenberger-Stammgästen nicht an. Sie wollten in der Lobby die Ruhe geniessen und ein Buch lesen. Das biss sich mit dem Ziel, eine lebendige Community aufzubauen. «Einige Gäste verliessen das Hotel noch am Anreisetag. Das hat uns schon Sorgen gemacht», erinnert sich CEO Günter Weilguni.

Trotzdem liess er sich nicht beirren und drehte weder die Musik leiser noch schränkte er die Bewegungsfreiheit der Kinder ein. Einzig bei den Partynächten ging er einen Kompromiss ein. Der DJ legt heute nicht mehr bis in die frühen Morgenstunden auf, sondern nur noch bis 23 Uhr. Der Entschluss fiel, nachdem eine Familie mit Kleinkindern mitten in der Nacht die Koffer gepackt hatte und abgereist war.

Ein Spielplatz für Familien
Als Folge der anfänglichen Schwierigkeiten rief sich das Huus Gstaad die anvisierte Zielgruppe in Erinnerung. «Unser Konzept beruht auf Familien mit Kindern. Die Eltern sollen abschalten und etwas erleben können», sagt Besitzer Marwan Naja. Durch Marketinganstrengungen gelang es dem Betrieb, die Familien gezielt anzusprechen und gute Zahlen zu verzeichnen. Inzwischen liegt die Auslastung im Saisonbetrieb während der Öffnungszeiten von neun Monaten bei gut 70 Prozent, was laut dem Benchmark-Bericht 2022 von HotellerieSuisse und SGH leicht über dem Durchschnitt ist.

Die Gäste stammten während der Pandemie zu zwei Dritteln aus der Schweiz und zu einem Drittel aus dem Ausland. Der Mai dieses Jahres war jedoch schwach, weil die Schweizer wieder vermehrt ins Ausland fuhren. Ihr Fehlen traf das Hotel stark. Die Sommersaison sieht indes vielversprechend aus: Amerikaner wie auch Asiaten beleben das Huus Gstaad, darunter viele Grossfamilien – eine wichtige Zielgruppe.

Hästens und Land Rover fürs Image
Im Huus Gstaad schläft man in Hästens-Betten. Sie stehen für Qualität, Komfort und Luxus. Die Betten werden sorgfältig aus hochwertigen Materialien wie Pferdehaar, Baumwolle und Wolle hergestellt, um eine hervorragende Schlafumgebung zu gewährleisten. Diesen Schlafkomfort wollte das Hotel seinen Gästen bieten, obwohl die Anschaffung ausserhalb des Budgets lag. Als unkonventionelle Lösung gingen die beiden Unternehmen eine Partnerschaft ein. Der lokale Hästens-Store in Saanen vermittelte erfolgreich zwischen dem Mutterhaus in Schweden und dem Hotel in Saanen.

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Das Huus Gstaad wurde in der Folge mit 236 Hästens-Betten ausgestattet, und zwar mit verschiedenen Modellen und Matratzen unterschiedlicher Härtegrade. Und das alles zu einem «guten Preis». Als Gegenleistung können potenzielle Hästens-Kunden die Betten zu einem Fixpreis testen. Natürlich gebe es wie bei jeder anderen Bettenmarke auch vereinzelt Gäste, die darin nicht gut schliefen, so die Hoteldirektorin Mirka Czybik.

Aber: «Die Partnerschaft lohnt sich für uns!» Denn die Zusammenarbeit erhöhe die Auslastung und auch der Service sei gut. «Passiert ein ‹Unfall›, wird die Matratze vom Hersteller unkompliziert ausgewechselt.» Die Hoteldirektorin betont jedoch, dass man Hästens-­Betten bewusst auswähle, da sie im Alltag recht viel Aufwand gäben. Um Dellen zu verhindern, müssten die Matratzentopper alle zwei Tage gerollt und gelüftet werden. Diese Mühe lohne sich angesichts des Renommees der Marke und des Schlafkomforts aber auf jeden Fall.

Wenn die Partnerschaft einseitig ist, lebt sie nicht.
Günter Weilguni, Besitzer und CEO

Partnerschaften wie jene mit Hästens ziehen sich durch das ganze «Huus». Die Bahnreisenden werden mit dem neusten Modell der Land-Rover-SUV-Flotte abgeholt, aktuell dem Range Rover Defender, einem sportlich-eleganten Hybrid. «Das Image von Land Rover passt zum Hotel, und die Miete ist sehr attraktiv», sagt Czybik. Weil die Autos geräumig und geländegängig seien und deshalb auch bei Caterings auf der Alp eingesetzt werden könnten, seien sie ideal. Das Hotel verpflichtet sich zum Ausgleich, das Auto sauber und gut sichtbar vor dem Hoteleingang zu parken und so potenziellen Interessenten zugänglich zu machen.

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Weitere Partnerschaften unterhält das Huus Gstaad beispielsweise mit Danner, einem hippen Bergschuh-Brand aus den USA, und neu mit der Zürcher Naturseifenherstellerin Soeder – ein erster Schritt in Richtung plastikfreies Hotel. Andere Partnerschaften wie jene mit Mammut, Laurent Perrier oder Swarovski wurden aufgelöst. Günter Weilguni begründet den Beschluss: «Wenn die Partnerschaft einseitig ist, lebt sie nicht.»

Angesagte, stilvolle Hotels mit bequemen Betten gibt es viele. Sie sind auswechselbar.
Günter Weilguni, Besitzer und CEO

Erlebnisse bleiben in Erinnerung
Doch durch die Ästhetik allein sei der Gast nicht mit dem Hotel verbunden, so Weilguni. Der CEO argumentiert: «Angesagte, stilvolle Hotels mit bequemen Betten gibt es viele. Sie sind auswechselbar.» Das Huus Hotel Gstaad aber will einzigartig sein. Deshalb hat es einen Claim verankert, der emotionale Welten auftut: Adventure. «Wenn Gäste echte Erlebnisse wie Klettern oder Riverrafting erleben, verknüpfen sie es direkt mit dem Hotel. Das regt zum Weitererzählen und Wiederkommen an», so Weilguni. Ein Alleinstellungsmerkmal der besonderen Art.

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Das Hotel bietet ein Outdoorprogramm an, das für Nervenkitzel sorgt. Im Sommer gehts in die Berge, aufs Wasser und in die Baumwipfel. Im Winter bietet der externe Partner, das Alpinzentrum Gstaad, Wintersportarten und Skischule an. Nach dem Trip in der Natur treffen sich die Gäste in der Lobby wieder, während der DJ auflegt – und erwecken den Community-Gedanken des Hausherrn zum Leben.


Fachbeitrag von Simon Bolton

Partnerschaften beruhen auf Dialog, Vertrauen und Kontinuität

Die Partnerschaft zwischen dem Huus Gstaad und dem Outdooranbieter Alpinzentrum ist in dieser Form schweizweit einzigartig. Die täglichen Aktivitäten werden pro Logiernacht und nicht nach Aufwand abgerechnet.

Einzigartige Partnerschaft
Das Alpinzentrum und das Huus Hotel Gstaad sind eine neue Art von Partnerschaft eingegangen. Damit man das neue Modell versteht, sei hier das bisherige kurz erklärt: In der Regel bucht ein Hotel eine Leistung, während der Outdoor­anbieter sie gegen Bezahlung nach effektiver Teilnehmerzahl erbringt. Je nach Vereinbarung erhält das Hotel eine Provision.

Mit dem Huus Gstaad hat das Alpinzentrum jedoch eine schweizweit einzigartige Partnerschaft aufgebaut. Sie besteht darin, dass den Hotelgästen täglich eine Outdooraktivität zur Verfügung steht. Das Hotel bezahlt nicht pro Gast, sondern entrichtet pro Logiernacht ein Entgelt von fünf Franken, egal, ob der Gast am Programm teilgenommen hat oder nicht.

Täglich eine Aktivität
Täglich wird ein qualitativ hochstehendes Erlebnis angeboten. Die «Huus»-Gäste klettern auf Gipfel, bestreiten ein Canyoning, seilen sich wie Indiana Jones ab, biken über unbefestigte Strassen oder gehen wakeboarden. Im Winter gibt es Schneeschuhtrails, und die Kinder können die Skischule besuchen, zusätzlich erhalten sie die Skiausrüstung und das Ticket dazu. Alle Aktivitäten werden von ausgebildeten Guides durchgeführt. Bei der Gestaltung des Angebotes bezieht das Alpinzentrum die Wetterprognosen in die Planung mit ein.

Aktivitäten wie Klettern, Wandern und E-Biken werden an sonnigen Tagen angeboten. Weil man beim Canyoning und Riverrafting so oder so nass wird, finden sie auch bei Regen statt. Die Gästestruktur und das Alter werden bei den Vorbereitungen ebenfalls beachtet. Jugendliche mögen Action. Ältere haben es gerne gemütlicher. Viele Gäste sind erstaunt, dass die Touren, die im Zimmerpreis inklusive sind, keine Light-Touren sind. 

Komfort für die Gäste
Für die Gäste soll das Abenteuer möglichst komfortabel sein. Für die meisten Aktivitäten werden sie im Hotel abgeholt und anschliessend wieder zurück­gebracht. Auch die Ausrüstung wird ihnen zur Verfügung gestellt. Sie erhalten Neoprenanzüge, Helme und Klettergurte in der entsprechenden Grösse.

Für das Huus Gstaad hat das Alpinzentrum diese Art von Convenience auch auf den Winter übertragen. Die Gäste werden mit allem ausgerüstet, was für einen perfekten Schneetag nötig ist: Skianzüge, Skischuhe, Ski, Schneeschuhe und so weiter. Alles kostenfrei. Gerade für Familien ist das interessant. Sie sparen die Kosten für die Miete wie auch für die Skischule der Kinder. Das entlastet sie finanziell.

So kann die Partnerschaft gelingen
Diese Art von Partnerschaft kann langfristig nur gelingen, wenn man einige Punkte beachtet. Als Erstes ist das gegenseitige Vertrauen unerlässlich. Immerhin werden Risikosportarten angeboten. Das Huus Gstaad muss dem Alpinzentrum vertrauen, dass es die Gäste wohlbehalten zurückbringt, was durch gut ausgebildete Guides und die Zertifizierung durch das Bundesamt für Sport (Baspo) und die damit verbundenen Sicherheitsabläufe garantiert ist.

Die Gäste hingegen erhalten ein Programm, das unabhängig von Teilnehmendenzahl und Wetter durchgeführt wird. Sehr praktisch ist die geografische Nähe zwischen dem Hotel und der Outdoor-Base. Sie vereinfacht den Transport der Gäste. Nicht zu vergessen ist die Schulung der Réceptionistinnen und Réceptionisten: Damit die Gäste auf den Touren nicht überfordert werden, müssen sie von den Hotelmitarbeitenden richtig informiert werden.

Natürlich darf man die Finanzen nicht ausser Acht lassen. Diese Art von Partnerschaft rentiert erst ab einer gewissen Zimmerzahl. Das Hotel hat mit seinen 136 Zimmern eine ideale Grösse. Weiter ist der stetige Austausch zwischen den beiden Partnern wichtig. So können neue Bedürfnisse der Gäste erkannt und die Produkte weiterentwickelt werden. Als die E-Bikes aufkamen, kreierte das Alpinzentrum sofort ein Angebot für geführte E-Bike-Touren.

Für das Alpinzentrum Gstaad mit seinen bis zu 100 Mitarbeitenden ist die Zusammenarbeit mit dem Huus Gstaad bereichernd – ein Businessmodell, das aufgeht.


Anderes Hotel mit Partnerschaften

The Lab Hotel

[IMG 2] Das The Lab Hotel bildet zusammen mit der Hotelfachschule Thun die einzigartige Plattform Swiss Hospitality Hub. Dort vernetzt sich die Branche, Gäste treffen auf zukünftige Hoteliers/Hotelieren und Innovation wird vorangetrieben. Aktuelle Trends, neue Produkte, neue Technologien und weitere Ideen aus Hotellerie und Gastronomie werden gemeinsam mit Branchenpartnern ausprobiert und weiterentwickelt. Einzigartig dabei ist, dass Studierende der Hotelfachschule bei der Umsetzung der Partnerprojekten mitarbeiten können und so gleichzeitig Praxiserfahrung sammeln und ihre Management-Skills erweitern. Die Partner profitieren von Real-Life Testings, vom Fach-Know-How der Schule sowie von einem breit abgestützten Branchen-Netzwerk einschliesslich der Bildungslandschaft der EHL Lausanne. Im Rahmen ihrer Diplomarbeit gestalteten zum Beispiel die damaligen Studierenden Nathalie Mettraux, Timo Trachsel und Stefan Friedli mit externen Partnern ein Hotelzimmer.
thelabhotel.ch