Langsam beginnt sich die Situation etwas zu entspannen. Da sind Telefon und E-Mail wichtiger denn je. Reichen verunsicherten Gästen die Informationen auf den Hotelwebsites nicht, rufen sie direkt an oder schicken Mails, um nach der aktuellen Lage vor Ort zu fragen. Da gilt es, den richtigen Ton zu treffen. Doch nicht nur als Informationskanäle, sondern auch als Vertriebsschienen haben Telefon und E-Mail nach wie vor sehr grosse Bedeutung. Laut einer Studie der HES-SO Valais-Wallis waren sie im Jahr 2018 die beiden mit Abstand wichtigsten Direkt-buchungskanäle in der Schweizer Hotellerie. Das gute alte Telefon kam im Schnitt auf einen Gesamtbuchungsanteil von 16,8 Prozent, die E-Mail auf 20,9 Prozent.

Mit geschickten Fragen klären, was der Gast will
Bei den Belvedere Hotels in Scuol erreichen beide zusammen sogar rund 50 Prozent aller Buchungen. «Das liegt daran, dass wir viele Stammgäste haben», sagt Martina Hänzi, Marketing & Verkauf. Die Gäste schätzen den persönlichen Kontakt bei der Buchung, gerade wenn sie Spezialwünsche zu platzieren versuchen. Manche wollen zum Beispiel wieder ihr Lieblingszimmer haben. An Weiterbildungen in Sachen Telefon- und E-Mail-Vertrieb nimmt das Personal nicht teil. Neu eingestellte Kräfte lernen «on the job», wie es funktioniert. Bei den Verkaufsgesprächen spielt die Erfahrung der langjährigen Mitarbeiter in der Reservationsabteilung eine grosse Rolle. «Sie kennen nicht nur die Häuser und die Zimmer bestens, sondern auch unsere Gäste. Beim Telefonat müssen sie deren Vorlieben nicht erst nachschlagen, sie können sie sofort abrufen. Genau das ist einer der Erfolgsfaktoren.»

Webinare Direktbuchen
Während der Corona-Krise bietet HotellerieSuisse seinen Mitgliedern Unterstützung, auch in Form von Webinaren, unter anderem zum Thema Direktbuchungen. Am Dienstag, 5. Mai, um 9 Uhr steht das Thema Direktbuchungsperformance an. Eine Woche später, am Dienstag, 12. Mai, um 9 Uhr wird der Umgang mit Daten aus Direkt-buchungen behandelt. Die Web- inare dauern jeweils 45 Minuten.
Mehr dazu unter:
hotelleriesuisse.ch/de/pub/services/coronavirus/unterstuetzung/webinare.htm

Im Telefonverkauf sei es zudem wichtig, auf die Fragen der Gäste direkt einzugehen. Zum Beispiel wenn diese wissen wollten, bis wann das römisch-irische Bad reserviert sein müsse. Es gehe aber nicht nur ums reine Reagieren, so Hänzi. Réceptionsmitarbeiter sol-lten im Gespräch auch eine aktive Rolle einnehmen und durch geschicktes Fragen herausfinden, was die Gäste wünschen, um ihnen dann genau das anzubieten. Gute Fragen sind: Ist Ihnen ein Balkon wichtig? Haben Sie gerne viel Platz im Zimmer? Verbringen Sie viel Zeit im Zimmer? Wünschen Sie ein Bad oder eine Dusche? Möchten Sie gerne getrennte Betten? Das führt am Telefon zum erfolgreichen Abschluss.

Beim Direktverkauf gilt es, die Stärke des Hotels aufzuzeigen
Auch im Best Western Plus Hotel Bern sorgen die Stammgäste für viele Direktverkäufe via Telefon oder E-Mail. Die beiden Kanäle erreichen bei den Individualbuchungen einen Anteil von durchschnittlich rund 35 Prozent. Für Manuel Cornioley, Chef de Réception, kommt es beim Telefonverkauf grundsätzlich darauf an, den Gästen die Stärken des Hotels aufzuzeigen. Etwa die zentrale Lage oder die neu renovierten Zimmer. Ins Gespräch einfliessen sollten auch die Vorteile, von denen nur Telefon- und E-Mail-Bucher profitieren. Diese bekommen im Hotel in Bern immer die flexible Rate. Das heisst, die Zimmer sind bis 24 Stunden vorab kostenlos stornierbar. Bei den Non-Refundable-Raten der OTAs gibt es das nicht. Ein weiterer Vorzug des Telefonverkaufs: Die Mitarbeitenden können die momentane Gefühlslage der Gäste erkennen und darauf reagieren. Haben die Gäste gerade Zeit für ein Gespräch? Oder sind sie offensichtlich in Eile? Cornioley: «Bei gestressten Anrufern müssen wir Feingefühl beweisen. Eine nette Stimme kann dann viel bewirken.»

Wie wichtig die Stimmlage im Verkaufsgespräch ist, bestätigt der Schweizer Kommunikationsexperte Manfred Ritschard, der beim Walliser Weiterbildungsanbieter Ritzy auch Kurse zum Thema Telefonverkauf leitet. Laut dem Experten sollten Réceptionsmitarbeitende einen Anruf, gerade sitzend oder stehend, beim zweiten Klingeln mit freundlicher Stimme entgegennehmen. Das heisst, die Stimme geht am Satzende nach oben. Nach der Klärung der Gästewünsche durch die richtigen Bedarfsfragen mit Nutzen-Preis-Formulierung gilt es, mit kompetenter Stimme (geht am Satzende nach unten) ein Zimmer zu empfehlen. Etwa so: «Wenn Sie ein ruhiges und geräumiges Zimmer mit Seeblick wollen, empfehle ich Ihnen ein Superior-Zimmer für 215 Franken.» Danach den Abschluss mit freundlich-einladender Stimme wagen: «Darf ich das für Sie gleich buchen?» Dabei leicht mit dem Kopf nicken – das bewirkt laut Ritschard ein zustimmendes Ja auch via Telefon. «Die Kombination von verbalen und nonverbalen Kommunikationstechniken ist die Chance für Hotels, sich gegen Chatbots und Onlinetools zu behaupten. Menschen wollen immer noch Empfehlungen von Menschen und nicht von Maschinen.»

Die Handlungsfelder beim Telefonverkauf klar trennen
Ritschard empfiehlt Hotels, sich grundsätzlich über die verschiedenen Handlungsfelder im Klaren zu sein. Passiver Telefonverkauf (Gast ruft Hotel an) ist etwas anderes als aktiver Telefonverkauf (Hotel ruft Gast an). Und die B2B-Akquise unterscheidet sich von der B2C-Akquise. Bei Firmenkunden (B2B) muss «die ganze Palette des aktiven Telefonverkaufs» zum Einsatz kommen. Warme Telefonakquise, also Nachfassen bei verschickten Offerten und Zurückgewinnen verlorener Kunden; heisse Telefonakquise, also Einholen von Empfehlungen bei zufriedenen Kunden und Nutzen dieser Kontakte; kalte Telefonakquise, also das Recherchieren neuer potenzieller Kunden und Anrufen der Entscheidungsträger.

Bei der B2B-Akquise ist der aktive Telefonverkauf als Ergänzung zum Onlinevertrieb unverzichtbar, so Ritschard. Hierzulande werde das aber zu wenig professionell gepflegt. Und auch bei der B2C-Telefonakquise gebe es noch Schulungsbedarf. Bei B2C komme es darauf an, «direkt am Telefon zur Buchung zu kommen. Die telefonische Buchung sollten Hotels per E-Mail bestätigen. Also nicht erst telefonieren und Offerten schreiben.» Wenn aber doch Offerten per E-Mail versendet werden, muss konsequent telefonisch nachgefasst werden. «Das ist keine Kundenbelästigung, sondern Service. Es beweist den Wunsch des Hotels, den Interessenten als Gast zu gewinnen.»

Die telefonische Kaltakquise, also das Kontaktieren von Personen, mit denen noch keine Kundenbeziehung besteht, sollten Hotels bei B2C dagegen vermeiden – es ist in der Regel unerwünscht und gesetzlich nicht erlaubt. Anders sieht es aus, wenn die Person schon einmal Gast war und die Erlaubnis zur Kontaktaufnahme gegeben hat. Dann ist diese auch DSGVO-konform. In diesem Fall sollten Hotels den ehemaligen Gast anrufen und versuchen, ihn wieder für sich zu gewinnen. «Dies beweist Interesse am Gast und ist keineswegs lästig, wie Mitarbeitende oft fälschlicherweise denken.»

Die Vorteile von E-Mails gekonnt einsetzen und nutzen
Auch E-Mails bieten immer noch Vorteile, die es auszunutzen gilt, so Ritschard. Die Nachrichten sollten persönlich und mit emotionalen Brücken («Ich freue mich sehr über Ihre Anfrage...»; «mit herzlichen Grüssen aus...») formuliert sein. «So schaffen Sie glaubwürdig Kundenbeziehungen, was mit Onlinetools ja kaum möglich ist.» Jede E-Mail muss wie ein klassischer Brief –nur noch viel persönlicher und ohne Geschäftsfloskeln – in Dialogform abgefasst sein: «Sie suchen... wir bieten Ihnen...» Dabei ist grosse Sorgfalt nötig und bei Auszubildenden das 4-Augen-Prinzip, damit die Nachricht nicht etwa zu vertraulich oder missverständlich klingt.

Für Martina Hänzi geht es bei E-Mail-Anfragen darum, die Angebote übersichtlich darzustellen. «Und zwar so, dass potenzielle Gäste schnell erfassen können, was alles im Preis enthalten ist und was sie zusätzlich buchen können.» Kurze Beschreibungen der Zimmertypen sollten in Absätzen stehen. Es ist zudem darauf zu achten, zum richtigen Zeitpunkt nachzufassen. Es gilt: rasch nachfassen nur bei kurzfristigen Anfragen, ansonsten zwei bis drei Tage später. Hänzi rechnet damit, dass der Anteil an Telefon- und E-Mail-Buchungen künftig etwas abnimmt, da zunehmend auch die Stammgäste online reservieren. Dennoch bleiben die beiden Kanäle zentrale Bestandteile im Vertriebsmix der Belvedere Hotels.

belvedere-hotels.ch
hotelbern.ch


Website-Formular und Walk-in

Auch diese beiden Kanäle spielen weiterhin eine gewisse Rolle im Direktvertrieb. Laut einer Studie der HES-SO Valais-Wallis, die sich auf 2018 bezieht, kommen die Formulare auf 6 Prozent aller Buchungen, die Walk-ins auf 4,6 Prozent. Bei den Belvedere Hotels machen Reservierungen über das Website-Formular 5 bis 7 Prozent aller Direktbuchungen aus. Im Hotel Bern gibt es bei Walk-ins zusätzliche interne Vorgaben, wie mit Überraschungsgästen ohne Buchung umzugehen ist. Man sollte ihnen auch mal ein Zimmer zur Ansicht zeigen, so Manuel Cornioley. Manfred Ritschard rät, sofort beim Eintreten des potenziellen Gastes den Blickkontakt aufzunehmen, aufzustehen, ein freundliches Gesicht zu zeigen und ihn mit freundlicher Stimme zu begrüssen. «Mit einer professionellen und standardisierten Grussformel, sicherlich nicht mit einem Hallo.» Dann sollten auch hier die wichtigsten W-Fragen zur raschen Bedarfsabklärung folgen. Besonders, wenn es unterschiedliche Zimmertypen gibt. Weiter geht es wie am Telefon: Die Mitarbeiter empfehlen ein Zimmer oder alternativ einen zweiten Zimmertyp. Schliesslich die Abschlussfrage: «Dann darf ich Ihnen dieses Zimmer anbieten?»


Wie man am Telefon über Corona informiert

Gäste rufen an, um sich über die aktuelle Situation zu erkundigen. Wie sollten Hotels damit umgehen? Manfred Ritschard, Verkaufspsychologe sowie Service- und Verkaufsexperte, empfiehlt, eine interne Anweisung herauszugeben und idealerweise eine Schulung mit Rollenspielen durchzuführen.

Bei telefonischen Anfragen sollten die Mitarbeitenden im Verlauf des Gesprächs proaktiv und konsequent mit der Methode «Gedankenlesen» auf das Thema hinweisen. Etwa so: «Sie machen sich wohl auch Gedanken wegen des Corona-Virus. Zu Ihrer Information: Wir befolgen in unserem Haus konsequent die aktuellsten Empfehlungen des Bundesamtes für Gesundheit. Sie können bei uns zudem jederzeit die nötige Distanz zu anderen Gästen wahren.» Das Versprechen am Telefon muss jedoch im Hotel auch umgesetzt werden.

manfredritschard.com

Am 13. Mai führt Manfred Ritschard im Rahmen von E-Learning Ritzy ein Online-seminar zum Thema durch. ritzyacademy.ch

andreas lorenz-meyer