Es ist eine Warnung, die eigentlich gerade niemand hören will. Noch Mitte Februar hat uns der Bundesrat mit seinem Lockerungsentscheid berechtigte Hoffnung auf eine nachhaltige Erholung in der ganzen Tourismus- und Beherbergungsbranche gemacht. Die Lockerung der Einreisebestimmung bedeutete nicht zuletzt eine Wiederherstellung der vollständigen Reisefreiheit, gerade für unsere Gäste aus den nicht europäischen Fernmärkten. Doch genau diese Reisefreiheit steht am 15. Mai bereits wieder auf dem Spiel. Und das ganz ohne Pandemie oder Virus.

Die wiedergewonnene Reisefreiheit steht am 15. Mai bereits wieder auf dem Spiel.

Auf den ersten Blick geht es bei der Referendumsabstimmung vom 15. Mai um eine verhältnismässig geringe Erhöhung des Schweizer Beitrags an die Europäische Grenz- und Küstenwache, kurz Frontex, um rund 37 Millionen Franken. Damit sollen jene Länder unterstützt werden, welche die gemeinsame europäische Aussengrenze sichern und ankommende Flüchtlinge empfangen, beispielsweise an der Grenze zur Ukraine in Polen. Das Problem dabei: Ein Nein zu Frontex löst automatisch den Kündigungsmechanismus nach Art. 7 des Schengen-Abkommens zwischen der Schweiz und der EU aus, mit all dessen wichtigen Vorteilen.

Ohne Schengen wird die Schweiz zur Visumsinsel. Touristen aus den Fernmärkten ausserhalb Europas brauchten ein separates Visum für die Schweiz. Zudem würde die Branche indirekt unter den Grenzkontrollen leiden, die erneut eingeführt werden müssten, weil die Schweiz wieder zur Aussengrenze der EU würde. Studien beziffern den drohenden Verlust für die Beherbergungs- und Tourismusbranche auf bis zu eine halbe Milliarde Franken – jährlich.

Schengen ist auch über unsere Branche hinaus und für die Sicherheit allgemein wichtig.

Schengen ist auch über unsere Branche hinaus und für die Sicherheit allgemein wichtig. Die Polizei verfügt dank Schengen über einen Zugriff auf die gemeinsame europäische Datenbank SIS zur internationalen Kriminalitätsbekämpfung. In der Schweiz gestellte Asylanträge können dank des an Schengen geknüpften Dublin-Abkommens verglichen werden. Mittelfristig würde ein Nein auch die Ausgangslage der ohnehin schwierigen Europapolitik der Schweiz zusätzlich verschlechtern. Kommt es im Europadossier zu weiteren Blockaden, drohen uns nicht nur Grenzkontrollen und Visabestimmung, sondern wir gefährden auch den erleichterten Zugang zu Kundinnen und Kunden, zu Produkten und zu Fachkräften aus Europa. Stabile Beziehungen zu Europa und eine konstruktive Europapolitik bleiben für die Hotellerie weiterhin äusserst wichtig.

Die Verbandsleitung von HotellerieSuisse hat am 25. Februar die Ja-Parole für die Schengen/Frontex-Abstimmung vom 15. Mai beschlossen. Ein Nein würde das Kind mit dem Bade ausschütten, denn für die Beherbergungs- und Tourismusbranche steht viel auf dem Spiel. Ja zu Frontex heisst Ja zu Schengen. Und Ja zu Schengen heisst Ja zur Reisefreiheit, Ja zu einem guten Verhältnis mit unseren Nachbarn und Ja zu einer nachhaltigen Erholung unserer Branche, insbesondere mit Blick auf die Fernmärkte.

Nicole Brändle, Leiterin Arbeit, Bildung, Politik bei HotellerieSuisse