«Alle, die Lust haben und über 16 Jahre alt sind, können ab 17 Uhr ein Glas unter den Lauf halten», sagte der fürs Rebgut zuständige Gemeinderat Alexandre Schmidt am Vormittag vor den Medien. «Es stehen Gläser und Weinfässer mit insgesamt 100 Litern Weisswein parat.»

Der Anlass rief ein historisches Ereignis in Erinnerung: Im November 1848, als Bern und Zürich Bundesstadt werden wollten, lud Bern die National- und Ständeräte zu einem üppigen Bankett ins «Hôtel de Musique» (dem späteren Café du Théâtre) ein. Besondere Beachtung fand ein künstlicher Springbrunnen, aus dem Wein sprudelte.

Fest mit Folgen
Das rauschende Fest beeindruckte die Abgeordneten. Der Kater kam wie immer am nächsten Tag: Der Nationalrat musste den Beginn seiner Sitzung auf 15 Uhr nachmittags verschieben.

«Bei der Einwohnergemeinde Bern kam der Kater spätestens mit der Rechnung», berichtete Schmidt. «Das ansehnliche Defizit beglich dann freundlicherweise die Burgergemeinde.»

Die Rechnung ging aber letztlich auf: Am 28. November 1848, wurde Bern zur Bundesstadt gewählt. Die NZZ schrieb damals, Bern habe die romanischen Stimmen «zu erschleichen gewusst».

Nun soll der Ursprung von Bern als Bundesstadt neu belebt werden. «Wir hoffen, dass mit dem heutigen Anlass eine Tradition geboren wird», sagte Alexander Hadorn, Präsident der Kesslergass-Gesellschaft, am Dienstag vor den Medien.

«Indirekt sind alle Bernerinnen und Berner Winzer», stellte Gemeinderat Schmidt fest. Auch er hofft, den Anlass in einem Jahr zu wiederholen.

Guter Jahrgang
Das Rebgut der Stadt Bern liegt am Bielersee oberhalb der Gemeinde La Neuveville. Es erstreckt sich über 20 Hektaren von La Neuveville bis Schafis. Seit über 100 Jahren bewirtschaftet die Familie Louis das Rebgut, zurzeit in vierter Generation.

Das Berner Weinjahr 2015 geht nach Angaben der Verantwortlichen in die Geschichte ein. Die Qualität der Trauben sei hervorragend, der Zuckergehalt überdurchschnittlich. Die Menge blieb mit 1544 Tonnen Trauben unter dem langjährigen Durchschnitt – eine Folge von Trockenheit, Hagel und die Schäden durch ein Pflanzenschutzmittel. (sda/it)