Der Nationalrat hätte das Cassis-de-Dijon-Prinzip für Lebensmittel aufheben wollen. Der Ständerat ist aber nicht auf die Vorlage eingetreten. Der zweite Entscheid fiel mit 23 zu 18 Stimmen bei einer Enthaltung.

Die Schweiz wendet das Cassis-de-Dijon-Prinzip seit 2010 an. Es besagt, dass in der EU zugelassene Produkte auch in der Schweiz in Verkehr gebracht werden dürfen. Für Lebensmittel braucht es aber zusätzlich eine Bewilligung des Bundes. Das Interesse hält sich in Grenzen: Bisher wurden rund 50 Bewilligungen erteilt.

Den Bauern ist der erleichterte Import dennoch ein Dorn im Auge. Mit einer parlamentarischen Initiative beantragte Bauernverbandsdirektor und FDP- Nationalrat Jacques Bourgeois (FR), Lebensmittel vom Cassis-de-Dijon-Prinzip auszunehmen. Weil die Wirtschaftskommissionen von National- und Ständerat dem Vorstoss zustimmten, konnten die Räte über eine entsprechende Gesetzesänderung befinden.

Fragwürdige Qualität
Die Kritiker des Cassis-de-Dijon-Prinzips für Lebensmittel aus den Reihen von SVP, CVP und Grünen sehen darin eine Gefahr für die hohen Schweizer Qualitätsstandards. Sie möchten, dass angeblich minderwertige ausländische Lebensmittel wie wässriger Schinken oder Sirup mit wenig Fruchtanteil wieder aus den Regalen verschwindet.

Die ausländischen Produkte schadeten der einheimischen Landwirtschaft, hiess es im den Räten. Da die erwarteten Preissenkungen nicht eingetreten seien, gebe es keinen Grund, das Prinzip weiter aufrecht zu erhalten. Es bringe viel mehr Nachteile, etwa höhere Rückstände von Pflanzenschutzmitteln.

Fragwürdiger Protektionismus
Die Befürworter sehen ihrerseits keinen Grund, das Cassis-de-Dijon-Prinzip abzuschaffen. Damit würde bloss der Einkaufstourismus gefördert, argumentierten sie. Den Bauernvertretern warfen sie Protektionismus vor. Abschottungssignale seien im Moment nicht optimal, sagte Roberto Zanetti (SP/SO) am Donnerstag im Ständerat im Namen der vorberatenden Kommission.

Der Bundesrat hatte damit gerechnet, dass durch das Cassis-de-Dijon-Prinzip die Preise spürbar sinken würden. Diese Erwartung hat sich nicht erfüllt. Der Bundesrat möchte dennoch daran festhalten. Das Cassis-de-Dijon habe der Schweiz vielleicht nicht viel genützt, aber auch nicht geschadet, sagte Landwirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann. Er rief dazu auf, ein Zeichen für die Offenheit, die Wahlfreiheit und gegen den Einkaufstourismus zu setzen.

Tiefere Kosten als oberste Priorität
hotelleriesuisse zeigt sich über den definitiven Verwurf der Initiative zufrieden, wie der Branchenverband am Donnerstag mitteilt. Für den Tourismus und die betroffenen Wirtschaftszweige wie Beherbergung und Gastronomie seien alle Massnahmen wichtig, welche Handelshemmnisse abbauen und so helfen, die Kosten zu senken.

Tiefere Kosten für den Tourismus und die Betroffenen – insbesondere in Zeiten eines starken Frankens – zu ermöglichen, müsse oberste Priorität sein. Das Cassis-de Dijon-Prinzip für die Lebensmittel gehöre zu den Massnahmen die dazu beitragen. Durch das Abbauen von Handelsschranken verbessere es die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Beherbergungsbetriebe.

Das Ziel sollte ein Agrar-Freihandelsabkommen mit der EU bleiben, damit die Schweizer Hoteliers gleich lange Spiesse wie die ausländischen Mitkonkurrenten erhalten, so die Mitteilung von hotelleriesuisse. (sda/htr/it)