Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf äusserte bei der Präsentation des Gesetzesprojekts am Freitag ihr Erstaunen über die «Intensivität der Diskussionen» und kam zum Schluss, dass es «ein emotionales Thema ist».
 
Dies zeigen auch die Reaktionen auf das geänderte Alkoholgesetz. «Die öffentliche Gesundheit wird zugunsten wirtschaftlicher Interessen stark vernachlässigt», kritisierte Sucht Info Schweiz die Vorlage am Freitag. Es sei eine «einmalige Gelegenheit», eine «historische Chance» verpasst worden für ein zukunftsorientiertes Gesetz.
 
Verpasst habe der Bundesrat preisbildende Massnahmen. Diese seien eines der wirksamsten Mittel, um den Alkoholkonsum zu beeinflussen und alkoholbedingte Schäden zu verhindern.
 
Sucht Info Schweiz begrüsste aber die Vereinheitlichung des so genannten Sirupartikels, wonach jedes Lokal mindestens drei alkoholfreie Getränke zu einem tieferen Preis als das billigste alkoholhaltige Getränk anbieten muss.
 
Teurer Apfel, billiges Bier
Der Fachverband Schweiz wirft der Regierung Inkonsequenz vor: Sie unterstreiche zwar die Notwendigkeit eine starken Prävention präsentiere aber eine Liberalisierungsvorlage. «Solange ein Apfel teurer ist als ein Bier, kann von Jugendschutz und Prävention nicht ernsthaft die Rede sein.»
 
Auch die gelockerten Werbebestimmungen für Spirituosen unterwandern für den Verband den Jugendschutz, denn Werbung mit Bildern blühender Bäume und romantischer Sonnenuntergänge verknüpften Alkohol mit Emotion, Sehnsucht und Begehren.
 
Die Hunderttausende von Menschen mit Alkoholproblemen und die milliardenhohen volkswirtschaftlichen Folgekosten zeigen gemäss dem Fachverband, dass die Schweiz eine Alkoholpolitik braucht, die den genussvollen Konsum respektiert und Abhängige schützt.
 
Diskriminierendes Verkaufsverbot
Korrekturen verlangt auch der Schweizerische Gewerbeverband (sgv) und die Allianz der Wirtschaft für eine massvolle Präventionspolitik (AWMP). Zwar sind sie erleichtert, dass der Bundesrat auf Preisbildungsmassnahmen verzichtet hat.
Das Alkoholverkaufsverbot nennen sie aber «diskriminierend und unverhältnismässig».
 
Das Nachtregime sei abzulehnen, da es die gesamte Bevölkerung treffe. Die Regelung «ist zudem realitätsfremd und entspricht nicht mehr den heutigen Lebensgewohnheiten». Der sgv lehnt auch die Legalisierung der Testkäufe und das Weitergabeverbot von Alkohol an Minderjährige ab. Diese Massnahmen seien «nicht umsetzbar». (npa/sda)


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