Der Nationalrat will etwas gegen die hohen Schweizer Preise unternehmen. Er hat am Montag beschlossen, über eine Gesetzesänderung mit diesem Ziel zu diskutieren. Es handelt sich um einen indirekten Gegenvorschlag zur Fair-Preis-Initiative, den er nachgebessert hat.

Diese will dem Schweiz-Zuschlag einen Riegel schieben. Der ungerechtfertigte Preisaufschlag kostet Schweizer Konsumenten, Unternehmen und die öffentliche Hand jedes Jahr Milliarden. «Das stösst vielen sauer auf», sagte Kommissionssprecher Beat Jans (SP/BS). Entsprechend populär ist die Initiative. Gemäss einer Umfrage wird diese von über zwei Dritteln der Stimmberechtigten unterstützt.

Die Initiative verlangt im Wesentlichen, dass Schweizer Kunden direkt im Ausland zu den dortigen Preisen einkaufen dürfen. Dafür soll das Kartellgesetz verschärft werden. Zudem soll das Geoblocking verboten werden. Mit Geoblocking verhindern Online-Händler, dass Schweizer Kunden direkt in ausländischen Stores einkaufen können.

Breite Unterstützung
Den Leuten sei längst klar, dass sich internationale Konzerne und Importeure auf Kosten von Schweizer Konsumenten, der KMU und der öffentlichen Hand bereicherten, sagte die Konsumentenschützerin Prisca Birrer-Heimo (SP/LU), die zum Initiativkomitee gehört. Hinter der Initiative stehen neben Konsumentenschutz-Organisationen Wirtschaftsverbände wie Gastrosuisse, HotellerieSuisse oder Swissmechanic.

Die Unterstützung der Exportwirtschaft hoffen sich die Initianten mit einer Re-Importklausel zu sichern. Diese soll verhindern, dass günstig ins Ausland gelieferte Produkte zum tieferen Preis in die Schweiz zurück importiert werden. Schweizer Unternehmen sollen also weiterhin einen Schweiz-Zuschlag durchsetzen können.

Kein Geoblocking
Der Bundesrat ist gegen die Initiative. Deren Popularität hatte ihn aber veranlasst, einen indirekten Gegenvorschlag zur Initiative auszuarbeiten. Dieser nimmt viele Elemente der Initiative auf: Unternehmen sollen verpflichtet werden können, Firmen in der Schweiz auch über Lieferkanäle im Ausland zu beliefern. Damit soll verhindert werden, dass Schweizer Kunden die hohen Schweizer Preise zahlen müssen.

Wie die Initiative nimmt auch der Bundesrat relativ marktmächtige Unternehmen ins Visier. Es handelt sich um Unternehmen, von welchen andere mangels Alternative faktisch abhängig sind. Im Gegensatz zur Initiative will der Bundesrat rein innerschweizerische Geschäftsbeziehungen aber von der Missbrauchskontrolle ausnehmen.

Sonst mache man Gerichte und Wettbewerbsbehörden zu Preiskontrolleuren, warnte Volkswirtschaftsminister Guy Parmelin. Die Unternehmen müssten mit höheren Kosten rechnen. Das Geoblocking-Verbot lehnt der Bundesrat ebenfalls ab. Seiner Meinung nach liesse sich das im Ausland kaum durchsetzen.

Rechts und links vereint
Die Mehrheit des Nationalrats zeigte Verständnis für das Anliegen der Initiative und unterstützt den indirekten Gegenvorschlag im Grundsatz. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die gleichen Produkte in der Schweiz teurer verkauft würden als im Ausland, sagte die Thurgauer Unternehmerin Diana Gutjahr (SVP). Laut Albert Rösti (SVP/BE) sind Landwirtschaftsmaschinen in der Schweiz rund ein Drittel teurer. Die Abzockerei müsse endlich ein Ende haben, forderte Andreas Glarner (SVP/AG).

Für einmal stimmten KMU-Vertreter der Rechten, Bauern, die Mitte und die linken Parteien überein. Es sei eine Chance, die KMU zu unterstützen, sagte Jon Pult (SP/GR). Kein Unternehmen, kein Importeur solle eine überrissene Importrente kassieren können, hielt Regula Rytz (Grüne/BE) fest. Bei der Linken gab es aber auch Vorbehalte, es werden negative Auswirkungen auf die Löhne befürchtet.

Die FDP und einige SVP-Vertreter lehnen sowohl Initiative als auch indirekten Gegenvorschlag ab. Das Ziel töne verlockend, die vorgeschlagenen Massnahmen seien aber untauglich, sagte FDP-Fraktionschef Beat Walti (ZH). Es drohe Rechtsunsicherheit für Unternehmen. Zudem sei völlig unklar, ob diese die tieferen Preise an die Konsumentinnen und Konsumenten weitergeben würden. Thomas Burgherr (SVP/AG) sprach von «nicht durchsetzbarer Überregulierung».

Preiskontrolle im Inland
Die Mehrheit des Nationalrats war anderer Meinung. Sie ist mit 161 zu 27 Stimmen auf den indirekten Gegenvorschlag eingetreten. Nun geht es um die Details. Die Wirtschaftskommission (Wak) hat die Vorlage des Bundesrats überarbeitet. Sie will den Initianten weiter entgegenkommen als dieser. So soll auch missbräuchlicher Preisgestaltung durch marktmächtige Unternehmen im Inland ein Riegel geschoben werden.

Zudem sollen nicht nur die Nachfrager, sondern auch die Anbieter geschützt werden, wenn sie von marktmächtigen Nachfragern abhängen.
Anders als beim Gegenvorschlag des Bundesrats soll auch nicht nur die Exportwirtschaft profitieren. Das Re-Importverbot der Initiative ist in der Vorlage der Wak ebenfalls enthalten.

Ein Geoblocking-Verbot lehnt die Kommission wie der Bundesrat ab. Es ist der einzige materielle Unterschied zur Initiative.

Zufriedene Initianten
Die Initianten der Fair-Preis-Initiative begrüssen, dass die grosse Kammer den Gegenvorschlag des Bundesrates entscheidend verbessert habe und endlich gegen die Schweiz-Abzocke vorgehe, wie sie in einer Mitteilung vom Montagabend schreiben. 

Zwar würden sie die Ablehnung der Initiative durch den Nationalrat bedauern, aber sind froh, dass der Entwurf des Bundesrates zum indirekten Gegenvorschlag nachgebessert wurde. Casimir Platzer, Präsident von GastroSuisse und Co-Präsident des Vereins «Stop der Hochpreisinsel - für faire Preise» zeigte sich erfreut: «Konsumentinnen und Konsumenten sowie hiesige Unternehmen haben genug von der Schweiz-Abzocke. Seit Jahrzehnten debattiert die Politik darüber, was gegen überhöhte Importpreise unternommen werden kann. Griffige Massnahmen sind längst überfällig.» (sda/ots/htr)

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: «Die Hochpreisinsel gefährdet unsere Wettbewerbsfähigkeit»