(Keystone-SDA) Im Kampf gegen den Fachkräftemangel wollen die eidgenössischen Räte das Ausländergesetz lockern. Davon profitieren sollen Personen aus dem Nicht-EU- und Nicht-Efta-Raum, wenn sie einen Schweizer Abschluss auf höherer Bildungsebene aufweisen. [RELATED]

Nachdem der Nationalrat im März einer Gesetzesvorlage des Bundesrats zugestimmt hatte, ist der Ständerat am Montag ebenfalls auf die Vorlage eingetreten. Sie geht nun für die Detailberatung noch einmal zurück an die vorberatende Ständeratskommission, die wegen verfassungsrechtlicher Bedenken Nicht-Eintreten beantragt hatte. Gemäss dem vom Bundesrat vorgelegten und vom Nationalrat noch leicht abgeänderten Gesetzesentwurf sollen Personen profitieren, wenn sie in einer Branche mit Fachkräftemangel arbeiten. Auch muss ihre Erwerbstätigkeit «von hohem wissenschaftlichem oder wirtschaftlichem Interesse» für die Schweiz sein. Im Auge hatten Bundesrat und Nationalrat beispielsweise Informatikerinnen, Techniker oder auch Medizinerinnen.

Der Nationalrat bestimmte im März, dass von den Ausnahmen nicht nur Absolventinnen und Absolventen der Universitäten und der Eidgenössischen Technischen Hochschulen (ETH) profitieren können. Die grosse Kammer will diese Ausnahmen auch Absolventen von Bildungsgängen der gesamten Tertiärstufe gewähren. Gemeint sind damit auch Personen mit eidgenössischem Fachausweis, eidgenössischen Diplomen sowie Abschlüssen von höheren Fachhochschulen wie etwa einer Hotelfachschule. Auch Postdoktoranden sollen einbezogen werden. Der Nationalrat sprach sich auch dafür aus, dass die genannten Personen bleiben können, «wenn es sich um eine qualifizierte Erwerbstätigkeit mit Bezug zum Hochschulabschluss handelt».

Es geht um 400 bis 500 Personen
Der Eintretensentscheid des Ständerats vom Montag fiel eher überraschend. Hatte doch die vorberatende Staatspolitische Kommission mit 8 zu 3 Stimmen bei einer Enthaltung beantragt, nicht auf die Vorlage einzutreten. Ihr Sprecher Andrea Caroni von der FDP Appenzell Ausserrhoden sagte, eine neue Ausnahme von der in der Bundesverfassung festgehaltenen Bestimmung, dass die Zahl der Bewilligungen für den Aufenthalt von Ausländerinnen und Ausländern in der Schweiz durch jährliche Höchstzahlen und Kontingente begrenzt werde, sei nicht zulässig. Zudem sei es gar nicht nötig, eine neue Ausnahme zu schaffen. Denn die Höchstzahl der zulässigen Aufenthaltsbewilligungen werde Jahr für Jahr nicht erreicht.

Andere Ständeratsmitglieder widersprachen Caroni - am vehementesten Daniel Jositsch von der SP Zürich: Das Ausländer- und Integrationsgesetz enthalte schon viele Ausnahmen. Es sei zulässig, eine weitere vorzunehmen. Auch der Bundesrat sei der Ansicht, die geplante Änderung sei verfassungsrechtlich möglich, sagte Justizministerin Elisabeth Baume-Schneider. Es gehe um etwa 400 bis 500 Personen. Im Nationalrat hatte der Bundesrat argumentiert, es gehe um Menschen mit Schweizer Ausbildung, die in der Regel bereits gut in die Schweizer Gesellschaft integriert seien. Mit 24 zu 20 Stimmen entschied der Ständerat, auf die Vorlage einzutreten.

Ursprung die Nationalratsmotion
Auslöser für die geplante Gesetzesänderung ist ein Vorstoss von FDP-Nationalrat und Unternehmer Marcel Dobler aus St.Gallen. Dieser argumentierte, wenn die Schweiz teure Spezialistinnen und Spezialisten ausbilde, sollten diese auch hier arbeiten können. Nachdem der Nationalrat eine Motion von ihm überwiesen hatte, arbeitete der Bundesrat eine Vorlage aus.

Der Branchenverband HotellerieSuisse warb vor dem Ständeratsentscheid in einer Mitteilung für die vom Nationalrat ausgearbeitete Vorlage. Die Integration von Drittstaatenangehörigen mit schweizerischem Abschluss stelle ein wirksames Mittel dar, Schweizer Betriebe gezielt mit hochqualifizierten und integrierten Fachkräften zu versorgen.