(Keystone- SDA) Die überraschende Wahl der SP-Ständerätin Elisabeth Baume-Schneider aus den Freibergen ist eine Premiere in der Geschichte des noch jungen Kantons Jura: Zum ersten Mal überhaupt ist der erst seit
1979 existierende Kanton in der Landesregierung vertreten.

Zugleich sorgt Baume-Schneider für eine seltene Konstellation in der Landesregierung: Zum zweiten Mal in der Geschichte des Bundestaates haben die «Lateiner» mit vier Vertretern die Mehrheit im Bundesrat - neben Baume-Schneider kommen Guy Parmelin (SVP) und Alain Berset (SP) aus der Westschweiz und Ignazio Cassis (FDP) aus dem Tessin.

«Niederlage der urbanen Schweiz»
Die «Basler Zeitung» schreibt online zur Wahl von Elisabeth Baume-Schneider als neue SP-Bundesrätin: «Die Wahl von Elisabeth Baume-Schneider zur Bundesrätin ist ein Triumph der ländlichen Schweiz über die Städte. ... Der Tag der Bundesratswahlen ist ein Freudentag für den Kanton Jura und ein trauriger Tag für Basel. Die Niederlage der Baslerin Eva Herzog ist auch eine Niederlage der urbanen Schweiz. Schon der Triumph des Kanderstegers Albert Rösti über den Stadtzürcher Hans-Ueli Vogt im ersten Wahlgang war an diesem Mittwochmorgen ein schlechtes Omen für die Städte. Elisabeth Baume-Schneiders fröhliches Gemüt vermochte die Mitglieder der Vereinigten Bundesversammlung stärker zu vereinnahmen als die nüchterne, besonnene Art der Basler Standesvertreterin. Schade.»

Die einzige «lateinische» Vierervertretung bisher kam Mitte 1917 zustande. Damals ersetzte der Genfer Liberale Gustave Ador den St. Galler Arthur Hoffmann. In der Regierung sassen bereits der Tessiner Giuseppe Motta, Camille Decoppet (VD) und der Bündner Felix-Louis Calonder, der erste Rätoromane im Bundesrat. Calonders Sitz ging 1920 wieder an einen Deutschschweizer.

Die Verfassung schreibt seit 1999 eine angemessene Vertretung der Landesgegenden und der Sprachregionen im Bundesrat vor. Aufgrund des Bevölkerungsanteils müsste knapp ein Drittel des Kollegiums aus dem französischen, italienischen und romanischen Sprachraum stammen. Das wären in etwa 2,3 Bundesratsmitglieder.

Vormachtstellung der Berner SVP
Von den mittlerweile 15 Bernerinnen und Bernern im Bundesrat wurden nicht weniger als acht als Vertreter der SVP gewählt. Insgesamt hatte die SVP bisher dreizehn Bundesräte - die nach der Wahl zur BDP übergetretenen Samuel Schmid (BE) und Eveline Widmer-Schlumpf (GR) mitgezählt. Erster Berner SVP-Vertreter war der 1929 für die Bauern-, Gewerbe- und Bürgerpartei (BGB) gewählte Rudolf Minger. Auf ihn folgten Eduard von Steiger (gewählt 1940), Markus Feldmann (1951), Friedrich Traugott Wahlen (1958), Rudolf Gnägi (1965) und Adolf Ogi (1987).

Letzter Berner SVP-Vertreter und Ogis Nachfolger war der im Jahr 2000 gewählte und später von der SVP zur Bürgerlich-Demokratischen Partei (BDP) übergetretene Samuel Schmid. Ihn hat vor vierzehn Jahren der Zürcher Ueli Maurer abgelöst. 1971 benannte sich die BGB um in Schweizerische Volkspartei.

Ganz anders das Bild in Zürich. Hans-Ueli Vogt wäre nach einer Wahl der erst dritte SVP-Vertreter des bevölkerungsreichsten Kantons im Bundesrat geworden. Von bisher zwanzig Zürcher Bundesrätinnen und Bundesräten waren nur zwei Mitglieder der Volkspartei: Ueli Maurer und SVP-Chefstratege Christoph Blocher.

Basel-Stadt muss warten
Weiterhin auf einen Bundesratssitz warten muss Basel-Stadt. Die in der Wahl unterlegene Ständerätin Eva Herzog wäre die zweite Basler SP-Vertretung in der Landesregierung und die dritte Basler Vertretung überhaupt im Bundesrat geworden. Der Stadtkanton ist seit fast fünfzig Jahren nicht mehr im Bundesrat vertreten. Der Sozialdemokrat Hans-Peter Tschudi, der bisher letzte Baselstädter Bundesrat, war von 1959 bis 1973 im Amt. Vor ihm hatte Basel-Stadt mit dem Liberalen Ernst Brenner erst einen Bundesrat.