Der Tessiner Ständerat Filippo Lombardi (CVP) verlangt mit seiner Motion, dass schweizweit alle Detailhandelsbetriebe das Recht haben, ihre Produkte werktags zwischen 6 Uhr und 20 Uhr und samstags von 6 Uhr bis 19 Uhr zu verkaufen. Die Kantone, die heute unterschiedliche Regeln kennen, könnten weitergehende Liberalisierungen beschliessen, nicht aber strengere Gesetze.
 
Lombardis Motion nahm die erste Hürde im Ständerat problemlos: Die kleine Kammer sprach sich mit 27 zu 11 Stimmen für das Anliegen aus. Im Vergleich zu den Nachbarländern habe die Schweiz beim Detailhandel heute die restriktivsten Öffnungszeiten, begründete Lombardi seinen Vorschlag. Gerade zu Zeiten des starken Frankens könne sich die Schweiz dies nicht leisten.
 
Gegen den starken Franken
«Sollen die Konsumenten gezwungen werden, ihre Einkäufe an Tankstellen oder im Ausland zu machen?», fragte er rhetorisch. Beispielsweise in Italien könne er zurzeit bis um 22 Uhr einkaufen, sagte der Tessiner. Der Schweizer Detailhandel verliere im Moment zwischen sechs und acht Milliarden Franken pro Jahr wegen des Einkaufstourismus – Tendenz steigend.
 
Zudem glichen die Ladenöffnungszeiten innerhalb der Schweiz einem Flickenteppich, sagte Lombardi. Die zahlreichen Ausnahmeregelungen für Bahnhöfe, Flughäfen oder Tankstellen verzerrten den Wettbewerb.
 
An die Lädelibesitzer denken
Die Ratslinken liessen sich vom Argument des starken Frankens nicht überzeugen: Für Roberto Zanetti (SP/SO) ist diese Begründung «ein starkes Stück». «Wenn die Leute im Ausland einkaufen gehen, dann wegen der Preise und nicht wegen der Öffnungszeiten», sagte er.
 
Zudem müsse man auch an die Lädelibesitzer in der Schweiz denken. Die längeren Öffnungszeiten bedeuteten für diese mehr Arbeit, aber nicht zwingend mehr Umsatz.
 
Trotz des deutlichen Entscheids äusserten in der Debatte auch verschiedene Ständeräte Bedenken, dass die Motion zu stark in die Hoheit der Kantone eingreifen könnte. Paul Rechsteiner (SP/SG) wunderte sich, dass ein solcher Vorschlag ausgerechnet von einem Ständerat komme.
 
Gewerkschaften drohen mit Referendum
Der Bundesrat, der sich für die Motion ausgesprochen hatte, sieht die Hoheit der Kantone nicht gefährdet: «Die Geschäfte können länger offen halten, sie müssen aber nicht», sagte Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann. Mit diesem «moderaten Schritt» werde bloss ein Rahmen vorgegeben, der gleich lange Spiesse für alle ermögliche.
 
Das Geschäft geht nun in den Nationalrat. Geht es nach den Gewerkschaften, soll aber die Stimmbevölkerung das letzte Wort haben: «Die Gewerkschaften stehen auch weiterhin bereit, diese Zwängerei wenn nötig mit einem Referendum zu stoppen», teilte der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) mit.
 
Lockerung auch für Tankstellen

Ebenfalls am Montag beschloss der Ständerat eine Lockerung der Regeln für Autobahnraststätten und Tankstellenshops an rege befahrenen Hauptverkehrsachsen: Diese sollen rund um die Uhr alles verkaufen dürfen, wenn das Warenangebot in erster Linie auf die Bedürfnisse der Reisenden ausgerichtet ist.
 
Heute dürfen Tankstellenshops nachts zwar Kaffee oder Sandwiches anbieten, nicht aber andere Produkte. Viele Geschäfte müssen deshalb einen Teil ihres Lokals absperren. Mit 26 zu 17 Stimmen sagte nach dem Nationalrat nun auch der Ständerat Ja zu einer Änderung, die auf eine parlamentarische Initiative des Genfer FDP-Nationalrates Christian Lüscher zurück geht.
 
Noch nicht ganz einig sind sich die beiden Räte, für welche Tankstellenshops die Lockerung gelten soll. Der Nationalrat hatte sich im vergangenen Mai dafür ausgesprochen, die Regelung für Autobahnraststätten und Tankstellenshops an Hauptverkehrsachsen zu beschränken.
 
Der Ständerat ist etwas strenger und favorisiert den Vorschlag des Bundesrates: Demnach müssen die Hauptverkehrsachsen zudem von «starkem Reiseverkehr» frequentiert sein. Das Geschäft geht nun zurück in den Nationalrat. Die Gewerkschaften lehnen beide Varianten ab. Der SGB droht auch hier mit dem Referendum. (npa/sda)