Im Nationalrat hatten sich die Vertreter der SVP und der FDP vehement gegen die Energiestrategie gewehrt. Im Ständerat ist der Widerstand gering: Mit nur zwei Gegenstimmen – jenen von Werner Hösli (SVP/GL) und Peter Föhn (SVP/SZ) – beschloss der Rat, auf die Vorlage einzutreten.

Zur Energiewende gebe es keine Alternative, lautete der Tenor. Neue Atomkraftwerke würden in den nächsten Jahrzehnten schon allein aus ökonomischen Gründen nicht gebaut. Der Atomstrom müsse also ersetzt oder eingespart werden.

Überreaktion auf Störfall
Hösli und Föhn argumentierten vergeblich, die Energiestrategie sei eine «Überreaktion auf den AKW-Störfall in Japan», dem Werkplatz sollten nicht noch mehr Regulierungen und Kosten aufgebürdet werden.

Ebenso erfolglos war Thomas Hefti (FDP/GL), der dem Rat beantragte, die Vorlage an die Kommission zurückzuweisen. Didier Berberat (SP/NE) fragte, was eigentlich die Strategie der Gegner sei. Der Status quo sei nämlich keine Option, da die AKW ans Ende ihrer Lebensdauer kämen.

Auch Energieministerin Doris Leuthard kritisierte den Widerstand aus Wirtschaftskreisen. Die Energiekosten fielen für die Wirtschaft heute weniger ins Gewicht als noch vor 30 Jahren, gab sie zu bedenken. Zudem stelle die Energiestrateegie Arbeitsplätze sicher. Weshalb die wenigen Rappen zur Förderung erneuerbarer Energien für die Wirtschaft so schädlich sein sollten, habe economiesuisse ihr nicht erklären können.

Produktionsziel gesenkt
Von einem «Marschhalt», wie der Wirtschaftsdachverband ihn gefordert hatte, wollte der Ständerat denn auch nichts wissen. Er dürfte aber in zentralen Punkten von den Vorschlägen des Bundesrates abweichen. Als erstes beschloss der Rat am Montagabend, die Ziele für den Ausbau der Produktion aus erneuerbaren Energien zu senken. Das hatte seine vorberatende Kommission vorgeschlagen.

Bis im Jahr 2035 soll der Richtwert bei 11'400 statt 14'500 Gigawattstunden liegen. Die Mehrheit sieht dies als Konsequenz aus Entscheiden, die noch folgenwerden: Die Kommission möchte mit der sogenannten Sunset-Klausel die Förderung erneuerbarer Energien zeitlich begrenzen und 0,2 Rappen für bestehende Wasserkraftwerke reservieren.

Illusorisch und unverbindlich
Georges Theiler (FDP/LU) beantragte dem Rat, ganz auf die Richtwerte zu verzichten. Es sei illusorisch, so etwas auf 20 Jahre hinaus festzulegen, argumentierte er mit Verweis auf das Verlagerungsziel beim Verkehr. Ausserdem seien Richtwerte ohnehin nicht verbindlich. Der Rat lehnte den Antrag jedoch mit 32 zu 11 Stimmen ab. Nein sagte er auch zu Anträgen, die Verbrauchsziele zu senken.

In einem anderen Punkt ist der Ständerat dem Nationalrat gefolgt: Die Kantone sollen nicht mit Unterstützung des Bundes ein Konzept für den Ausbau der erneuerbaren Energien erarbeiten müssen. Leuthard betonte vergeblich, es gehe nicht um eine Einmischung des Bundes. Die Kantone müssten ohnehin Richtpläne erstellen und darin geeignete Gebiete ausscheiden. Das Konzept diene dazu, den gesamtschweizerischen Überblick zu behalten.

Überangebot statt Stromlücke
Dass die Details noch viel zu reden geben werden, hatte sich schon in der Eintretensdebatte abgezeichnet. Viele Rednerinnen und Redner wiesen darauf hin, dass sich die Ausgangslage völlig verändert habe. Als das Parlament vor vier Jahren entschieden habe, auf neue AKW zu verzichten, sei noch vor einer Stromlücke gewarnt worden. Nun gebe es ein Überangebot, die Strompreise seien im Keller, und der Bau neuer AKW stehe gar nicht mehr zur Diskussion.

Keine Einigkeit bestand indes in der Frage, ob und wie die Strategie wegen der Veränderungen angepasst werden sollte. Martin Schmid (FDP/GR) plädierte etwa dafür, die Wasserkraft stärker zu fördern und bestehende Wasserkraftwerke zu subventionieren. «Wir dürfen es nicht zulassen, dass die Wasserkraft den Bach runter geht», sagte Schmid, der im Verwaltungsrat mehrerer Stromfirmen sitzt.

Keine neuen Subventionen
Axpo-Verwaltungsrat Roland Eberle (SVP/TG) dagegen hält es für falsch, auf marktverzerrende Subventionen im Ausland mit Subventionen für die Wasserkraft zu reagieren. Ebenso umstritten ist die Frage, ob die Laufzeit alter Atomkraftwerke beschränkt werden soll.

Die Ständeratskommission lehnt das ab, was von links-grüner Seite kritisiert wurde. Alle 25 Jahre komme es zu einem grossen Atomunfall, gab Robert Cramer(Grüne/GE) zu bedenken. Das Risiko sei real, und die Folgen eines Unfalls in der Schweiz wären katastrophal. Entschieden hat der Ständerat dazu noch nichts. Er wird die Beratungen am Dienstag und Mittwoch fortsetzen. (sda/it)