Aus Zeitgründen konnte der Rat die Beratungen nicht zu Ende führen, er wird dies voraussichtlich am 19. März tun. Erste Pflöcke hat er jedoch eingeschlagen.

Justizministerin Simonetta Sommaruga versuchte, Missverständnisse gleich zu Beginn auszuräumen: «Es geht nicht um den Nachrichtendienst, nicht um präventive Überwachung und nicht um das Bespitzeln und Ausspionieren von unbescholtenen Bürgern.»

Zur Debatte stehe ausschliesslich die Überwachung im Rahmen von Strafverfahren, die gerichtlich bewilligt werden müsse, betonte Sommaruga. Wenn in einem laufenden Strafverfahren der dringende Verdacht bestehe, dass eine schwere Straftat begangen worden sei, müsse eine Telefonüberwachung möglich sein.

10'000 Fälle im Jahr
Solche Überwachungen sind schon heute möglich. Im vergangenen Jahr wurden in über 10'000 Fällen Überwachungen angeordnet, sieben Prozent mehr als im Vorjahr. In 3945 Fällen handelte es sich um Echtzeitüberwachungen.

Weil sich die Telekommunikation in den letzten Jahren stark verändert hat, will der Bundesrat das Gesetz zur Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF) nun aber einer Totalrevision unterziehen.

Verschlüsselung als Schutz
Heute können sich Kriminelle mit Verschlüsselungen einer Überwachung entziehen. Um in solchen Fällen ein Skype-Gespräch dennoch mithören zu können, sollen die Strafverfolgungsbehörden künftig auch Government Software einsetzen dürfen, sogenannte Staatstrojaner. Schon heute lassen die Gerichte die Programme zu, doch ist die Rechtslage umstritten.

Mit der Gesetzesrevision will der Bundesrat eine klare Regelung schaffen. Die Schnüffelsoftware soll nur zum Einsatz kommen, wenn es um die Aufklärung besonders schwerer Straftaten geht. Im Vordergrund stehen Tatbestände wie Terrorismusfinanzierung, kriminelle Organisation oder Kinderpornografie.

Grundrechte tangiert
Dass die Strafverfolgungsbehörden die Möglichkeit haben sollen, Gespräche mitzuhören, war im Ständerat nicht umstritten. Die Regulierung im Spannungsfeld zwischen der Kriminalitätsbekämpfung und dem Schutz der Privatsphäre gab aber dennoch zu reden.

Kritisch zeigte sich insbesondere Anita Fetz (SP/BS). Die Überwachung Krimineller dürfe nicht zum «Killerargument» gegen die Wahrung der Grundrechte werden, warnte sie. Was die Staatstrojaner betreffe, so verzichte offenbar Deutschland darauf, weil ein grundrechtskonformer Einsatz nicht möglich sei.

Fernmeldefirmen weiterhin entschädigen
Umstrittener als die Staatstrojaner war am Montag allerdings die Frage, ob Fernmeldeunternehmen, welche Überwachungen ermöglichen müssen, weiterhin für ihren Aufwand entschädigt werden. Der Ständerat sprach sich dafür aus, mit 27 zu 13 Stimmen bei einer Enthaltung. Die vorberatende Kommission hatte beantragt, die Unternehmen nicht mehr zu entschädigen.

Sommaruga rief den Rat jedoch dazu auf, bei der heutigen Regelung zu bleiben und nicht mit einer Änderung das ganze Gesetz zu gefährden. Nach geltendem Recht gehen die nötigen Anlagen zulasten der Unternehmen. Diese erhalten aber eine angemessene Entschädigung für die Kosten, die bei der Durchführung einer konkreten Überwachung entstehen. Ausserdem müssen die Behörden, welche die Überwachung angeordnet haben, eine Gebühr für die Leistungen entrichten.

Der Bundesrat plante ursprünglich, die Entschädigung für die Fernmeldeunternehmen zu streichen. Dies stiess aber in der Vernehmlassung auf heftige Kritik. Auf Basis eines Berichts entschied er dann, das heutige System beizubehalten. (npa/sda)

Haltung der Branche
Neben den klassischen Fernmeldedienstanbietern werden mit der Teilrevision des BÜPF auch Hotels und weitere Gewerbebetriebe mit einem WLAN-Zugang für Gäste, bzw. Kunden zu Überwachungsmassnahmen angehalten. hotelleriesuisse und Parahotellerie Schweiz lehnen die Vorlage des Bundesrates ab, da die neuen Verpflichtungen bei den betroffenen Betrieben zu beträchtlichen Neuinvestitionen und zu hohen Fixkosten führen können. Bleiben diese neuen Verpflichtungen im BÜPF trotzdem enthalten, ist zwingend eine angemessene Entschädigung der KMU vorzusehen.