Das Ziel der Ventilklausel, die am 1. Mai 2012 in Kraft getreten ist, war klar: Bis Ende 2013 sollten nur noch 2180 Personen aus den EU-8-Staaten Anrecht auf eine B-Aufenthaltsbewilligung haben. Mit dieser Bewilligung können EU-Bürger bis zu fünf Jahre in der Schweiz leben und arbeiten.

Mit der Ventilklausel ist deren Erteilung markant zurückgegangen. Laut dem monatlichen Zuwanderungsmonitor des BFM ist das Quartalskontingent von 545 Bewilligungen bereits im Juni erreicht worden.

Gebracht hat es trotzdem wenig, da nun eine Verlagerung von B-Bewilligungen zu Kurzaufenthaltsbewilligungen stattfindet. Allein im Juni ist deren Zahl im Vergleich zum Vorjahr um 30,7 Prozent auf 1513 angestiegen, wie die BFM-Statistik zeigt. Die sogenannte L-Bewilligung ermöglicht es Arbeitssuchenden, ein Jahr lang in der Schweiz zu arbeiten.

L-Bewilligungen «schnell und einfach»
Eine der Branchen, die von dieser Verlagerung profitiert ist die Landwirtschaft. Eine L-Bewilligung sei «einfach und schnell eingeholt», bestätigte Schober, Leiter Departement Soziales des Schweizerischen Bauernverbands (SBV), auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda einen Bericht der «Aargauer Zeitung» und der «Südostschweiz».

Schober zeigt sich von der Entwicklung wenig überrascht. Diese sei voraussehbar gewesen. Aus diesem Grund habe sich der SBV schon von Beginn an gegen die Anrufung der Ventilklausel gewehrt.

Als weitere Rekrutierungsmöglichkeit wird das Meldepflichtverfahren genutzt. Dieses gilt bei Arbeitseinsätzen unter drei Monaten. Im Rahmen des Freizügigkeitsabkommens können EU-Bürger in die Schweiz einreisen. Sie müssen sich vorab lediglich für einen Arbeitseinsatz anmelden.

Der Anstieg an Meldepflichtigen schlägt sich auch in der BFM-Statistik nieder: Im Vergleich zum Vorjahr ist die Anzahl Meldepflichtiger im Juni um 46,1 Prozent auf 4009 gestiegen.

Die Statistik verschweigt jedoch, dass diese Arbeitskräfte oft legal länger im Land bleiben. In der Landwirtschaft sei es üblich, dass Meldepflichtige nach Ablauf der Bewilligung als Kurzaufenthalter angemeldet würden und damit weiter beschäftigt werden, sagte Schober.

Hotellerie kaum betroffen
Ein ähnlicher Trend lässt sich in anderen Branchen nicht feststellen. Auf Anfrage erklärt hotelleriesuisse, der Unternehmerverband der Schweizer Hotellerie, dass nur 11,5 Prozent der 2011 eingewanderten Arbeitskräfte aus den EU-8-Staaten stammen und somit für die Branche «nur begrenzt erfolgskritisch» seien. Der Baumeisterverband war für eine Stellungnahme am Donnerstagnachmittag nicht erreichbar.

Trotz der Ausweichmöglichkeiten ist die Einwanderung aus den EU-8-Staaten insgesamt zurückgegangen. Im Vergleich zum Vorjahr kamen im Mai 6,9 Prozent und im Juni 18 Prozent weniger Arbeitssuchende in die Schweiz.

Zu den EU-8-Staaten gehören Polen, Ungarn, Tschechien, Slowenien, Slowakei, Estland, Litauen und Lettland. Die Ventilklausel soll ein Jahr gelten. (npa/sda)