Nach der Ehrenrunde, in welcher der Winterthurer Stadtrat seinen Vorschlag überarbeiten musste, hat das Stadtparlament am Montag doch noch mit der Budget-Debatte begonnen. Fertig wurde das Parlament nicht, doch schon jetzt ist klar: Die Steuern steigen. Und es gibt kein Geld für ein weiteres Corona-Hilfspaket.

Der zweite Budget-Vorschlag des Stadtrates ist ein klassischer Kompromiss: Richtig gut findet ihn niemand, aber eine Alternative gibt es derzeit nicht. Für die SVP ist der Vorschlag «der kleinste gemeinsame Nenner», um eine noch grössere Steuererhöhung abzuwenden. Der Stadtrat habe es sich aber allzu einfach gemacht, weil er Aufgaben lediglich verschoben habe statt effektiv zu sparen.

Die SP wiederum ist unzufrieden, weil Leistungen gekürzt wurden und «nicht mehr gefeilscht, sondern nur noch durchgewinkt» wird. Was Kürzungen und Ausgaben betrifft, blieb es nach dem ersten Abend im Grossen und Ganzen tatsächlich beim Vorschlag des Stadtrates.

Keine Chance für das «Basler Modell»
Die SP forderte zwar Stellenaufstockungen in der Informatik, Einmalzulagen für das Personal und ein Corona-Hilfspaket für das Gewerbe. Darin wäre auch das so genannte «Basler Modell» für Geschäftsmieten enthalten gewesen: Vermieter, Mieter und Staat bezahlen dabei je ein Drittel der Miete.

Alle Anträge wurden von der Mitte-Rechts-Mehrheit jedoch abgelehnt. Diese kommt im sonst rot-grünen Winterthur zustande, weil die GLP in Finanzfragen meist bürgerlich stimmt. Beim Corona-Paket gebe es mittlerweile Hilfe von Kanton und Bund. Ein kommunales Paket sei lediglich Aktionismus, so die Begründung der GLP für ihr Nein.

Kleiner Erfolg für die FDP
Einen kleinen Erfolg verbuchen konnte am ersten Debatten-Abend einzig die FDP – allerdings bei einem marginalen Kürzungsantrag, dem einzigen der ganzen Budgetdebatte. Der Rat entschied, dass die Quartierapp, die in Neuhegi in Betrieb ist, vorerst nicht auf andere Quartiere ausgeweitet wird. Zuerst wird nun abgeklärt, welchen Nutzen sie überhaupt bringt. Damit werden 12'000 Franken gespart.

Die Debatte wird in einer Woche fortgesetzt und wohl auch zügig beendet. Zu reden gegen dürfte dann nur noch die Steuererhöhung. Geht es nach dem überarbeiteten Entwurf des Stadtrates, soll es für das laufende Jahr einen Steuerfuss von 125 Prozent geben, was einer Steuererhöhung von drei Prozentpunkten entsprechen würde.

Ursprünglich wollte der Stadtrat die Steuern sogar auf 129 Prozent erhöhen – sehr zum Missfallen der Mitte-Rechts-Mehrheit. Mit vorgeschlagenen Kompromiss von 125 Prozent wollen sich die unterlegenen SP, Grünen und AL aber nicht zufriedengeben. Sie werden – wohl erfolglos – einen höheren Steuerfuss fordern.

Falls es keine weiteren Verzögerungen gibt, wird Winterthur somit doch noch rechtzeitig ein gültiges Budget erhalten. Hätte die Stadt im März immer noch das Not-Budget, mit dem die Verwaltung seit Anfang Jahr kutschiert, würde der Regierungsrat eingreifen und den Steuerfuss kurzerhand selber bestimmen. (sda)