Was für Graubünden die Steinböcke Gian und Giachen oder das Bündnerfleisch, sind für das Wallis – spätestens seit vergangenem Herbst – Tschugger und – schon etwas länger – der Wein oder Raclette.

Produkte, die weit über die Kantons-, wenn nicht sogar Landesgrenzen hinaus für Wiedererkennungswert einer Region sorgen und somit den gesamten regionalen Wirtschaftsstandort fördern. Und im besten Fall Gäste anlocken, die kommen, um zu bleiben.

Touristisches Regionsmarketing wird vielerorts zwar von Profis umgesetzt. Doch ist die Imageentwicklung einer Region keineswegs nur Sache der Promotionsorganisationen. Vielmehr darf und soll sie von der Gesamtbevölkerung mitgestaltet und -getragen werden.

Die Kommunikation einer Marke muss von innen nach aussen gelebt werden.

Damian Constantin, Direktor Valais/Wallis Promotion

Sensibilisierungsarbeit unter der Bevölkerung tut not
Dieser Meinung ist auch Damian Constantin, Direktor von Valais/Wallis Promotion (VWP). Vor Kurzem präsentierte VWP die aktuellen Zahlen ihrer nationalen Imagestudie. Das Fazit: Das Image des Wallis verbessert sich stetig, doch wird die Region in erster Linie weiterhin als Feriendestination wahrgenommen und weniger als attraktiver Lebensraum oder Arbeitsort. Fortschritte diesbezüglich werden zwar gemacht, doch darf die Wechselwirkung Ferien, Wohnen und Arbeiten nicht unterschätzt werden.

Laut Constantin braucht es noch viel Sensibilisierungsarbeit, insbesondere unter der Bevölkerung. Sie sei nämlich mitunter die wichtigste Markenbotschafterin für eine Region, da sie häufig in direktem Kontakt mit den Kunden steht. Entsprechend müsse «die Kommunikation einer Marke von innen nach aussen gelebt werden. Nur so wird die Markenkommunikation glaubhaft wahrgenommen.» Fakt ist: Für touristische Produkte und Marken sind Identifikation und Akzeptanz der Bevölkerung von existenzieller Bedeutung.

Nachhaltige Bewusstseinsveränderung braucht aber bekanntlich Zeit. Warum also nicht bereits die junge Generation frühzeitig dafür sensibilisieren, sie für die Zukunftsgestaltung ihrer Region motivieren und in die Realisierungsprozesse miteinbinden?

Chancen für junge Meinungen und Ideen ermöglichen
Regiosuisse, das im Auftrag des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) schweizweit Regionalentwicklung vorantreibt, stellt sich unter anderem dieser Aufgabe. Im Next Generation Lab von Regiosuisse tüfteln 18- bis 30-Jährige an Innovationen und proben deren Realisierung.

Neue Perspektiven und Zugänge sollen neue Impulse geben. Thomas Probst, Projektleiter bei Regiosuisse, bezweifelt nicht, dass Touristiker bereit sind für neue Inputs. «Teilweise sind sie sogar angewiesen auf neue und frische Ideen, die nicht unbedingt aus der Branche direkt kommen müssen.»

Unterwegs mit Pedalo-Energie und der «Soft Mobility Tour»
Was aber sind die Brennpunkte der nächsten Generation? Themen rund um Energie und Nachhaltigkeit scheinen die jungen Zukunftsgestalter besonders zu interessieren. Aus Davos kam am ersten Generation Lab beispielsweise die Idee, dass Touristen auf Pedalos Energie für die öffentliche Strassenbeleuchtung produzieren könnten. Das Team Unterwallis wiederum will für das Val d’Hérens eine «Soft Mobility Tour» entwickeln, welche Kultur- und Naturerlebnisse durch sanfte Mobilität ermöglicht.

Mit dem «Next Generation Inkubator» plant Regiosuisse in diesem Jahr die Weiterentwicklung des Formats. Der Fokus liegt dabei auf der Umsetzung der Projektideen.

Regionalmanagements haben die junge Generation zu wenig im Blick
Die ersten Erfahrungen im Next Generation Lab zeigten, dass die direkten Drähte zwischen den Regionen beziehungsweise den Regionalmanagements und der Generation Z kaum vorhanden sind. Die für den Dialog nötigen Gefässe und Strukturen fehlen mehrheitlich. «Wir haben festgestellt, dass junge Erwachsene bisher kaum auf dem Radar der regionalen Entwicklung waren», sagt Probst. Der Aufwand, die Next Generation zu erreichen, sei gross. Dadurch ergebe sich ein ganz neues Aufgabenfeld für die Regionalentwicklung.

Nachholbedarf im ländlichen Raum und in Berggebieten
Anders als in den Städten funktioniere die gezielte Einbindung jüngerer Generationen in die touristische Standortförderung besonders im ländlichen Raum nach wie vor zu wenig gut, so Probst. «Gerade in Berggebieten ist der Tourismus ein prägender Sektor. Hier gibt es nach wie vor Aufholbedarf.» Es sei aber auch klar, dass die Ideen zum jeweiligen regionalen Kontext passen und realisierbar sein müssten. «Von der Idee auf den Markt ist es manchmal noch ein langer Weg.»

Von der Idee auf den Markt ist es manchmal noch ein langer Weg.

Thomas Probst, Projektleiter Regiosuisse

Courage, gängige Strukturen zu überdenken und aufzubrechen
Vieles sei bezüglich touristischen Regionsmarketings bereits richtig gemacht worden, findet VWP-Direktor Constantin. Doch müsse der Austausch mit den verschiedenen Zielgruppen vermehrt initialisiert werden. Das Momentum, als während der Corona-Krise die politische Interessenvertretung auf nationaler Ebene via Schweizer Tourismusverband zusammenrückte, sei zu erhalten und darauf aufzubauen.

Gleichzeitig appelliert Constantin an den Mut und den Willen, bestehende Strukturen aufzubrechen oder zumindest neu zu organisieren. Dies dürfte ganz im Sinne einer verjüngten Regionalentwicklung sein.

Mit motivierten Mitstreitern zum Erfolg
«Alibi-Übungen» vermeiden
Entwickelte Ideen werden nicht immer weiterverfolgt. Über die Gründe wird geschwiegen, was für die Beteiligten frustrierend ist. Was mit den Inputs und generierten Ideen passiert und weshalb eine Idee weiterverfolgt wird oder eben nicht, ist wichtig.
«Neue Köpfe» einbinden
Wer ausser den klassischen «Key-Stakeholdern» weitere Kreise einbindet, schafft eine gute Basis für Lösungen und Ansätze ausserhalb gängiger Pfade.
Offen sein für Ideen und Inputs
Damit Beteiligte und Betroffene sich und ihre Anliegen in das Projekt einbringen können, sollte die Projektentwicklung möglichst ergebnisoffen erfolgen.
Kritiker mitreden lassen
Konstruktive Kritiker sollten auch die Möglichkeit erhalten, sich mit ihren Anliegen einzubringen. Chronische Nein-Sager können aber hinderlich sein.
Ergebnisse kommunizieren
Konkrete Ergebnisse und sichtbare Erfolge bestärken die Beteiligten, erzeugen eine Aufbruchstimmung. Aktive Medien- und Öffentlichkeitsarbeit kann wesentlich zum Projekterfolg beitragen. Auf Plattformen und in Netzwerken lassen sich verschiedene Akteursgruppen gezielt erreichen. Sie können bei der Information, Beteiligung und Koordination der unterschiedlichen Anspruchsgruppen sehr hilfreich sein.
www.regiosuisse.ch/