Viele alpine Regionen haben ein Problem: In der Nebensaison gibt es hohe Leerstände und wenig Einnahmen. Das Projekt Alpine Sabbatical will dem entgegenwirken und Potenziale in der Nebensaison fördern.

Der gleichnamige Verein hat ein Angebot für Gäste geschaffen, die ein längeres Sabbatical in den Bündner Pilotregionen Surselva und Prättigau einlegen und sich gleichzeitig am gesellschaftlichen Leben vor Ort einbringen wollen. Im selben Zuge soll der Gesundheitstourismus angekurbelt werden.

Mit Auszeitlern gegen den Leerstand
Das Modellvorhaben Alpine Sabbatical nimmt sich anhand eines innovativen Konzepts der Problematik alpiner peripherer Regionen an und fördert deren Potenziale in der Nebensaison. Mit den Langzeitaufenthalten für Sabbatical-Gäste sollen natürliche Ressourcen geschont, vorhandene räumliche Leerstände genutzt, aber auch die persönliche Weiterentwicklung sowie die Prävention und Gesundheit der Gäste gefördert werden. 

«Das Bedürfnis nach einer gesunden Work-Life-Balance nimmt zu. Eine Auszeit in den Bergen ist naheliegend und fördert Nachhaltigkeit auf vielen Ebenen», sagt Gerlinde Zuber, Initiantin des Projekts.

Von Burnout-Prävention über Spiritualität bis zum Kunsthandwerk
In der Region Prättigau liegt dabei der Schwerpunkt auf Burnout-Prävention und Gesundheitsvorsorge. Dafür arbeitet der Verein Alpine Sabbatical mit der Clinica Holistica Engiadina in Susch und diversen Coaches in der Gesundheitsprävention zusammen. 

Die Surselva ihrerseits bietet Programme für Berufspausierende und urbane Aussteiger oder auch für Rentner an, die eine Herausforderung suchen. Hier umfassen die Sabbatical-Pakete Sprachkurse zu Rätoromanisch, Alp- und Bergwaldeinsätze, Erlernen regionaler Handwerkstechniken oder Musikkurse.

«Rätoromanisch ist seit 1938 eine der vier Landessprachen der Schweiz. Durch das Erlernen der Sprache in der Surselva erhalten die Gäste den Schlüssel zu den Menschen und zu ihrer Kultur direkt in der Region, in der Rätoromanisch sehr lebendig ist», sagt Conradin Klaiss, Leiter Bildung bei der Lia Rumantscha. 

Der Verein «Alpine Sabbatical» bietet dem Sabbatical-Gast neben  Aktivitäten zur Ausgestaltung der Sabbatical-Zeit auch Unterkünfte an, welche Teil der Packages sind. Dafür stehen während der Nebensaison leerstehende Ferienwohnungen und -häuser sowie Alp- oder Maiensäss-Hütten zur Verfügung, die der Gast für einen Zeitraum von 1 bis 3 Monaten für sich (und seine Familie) mieten kann.

«Purpose Tourism» ist eine Win-Win-Situation
Mit dem Projekt soll der «Slow Tourism» und «Purpose Tourism» gefördert werden, was für ein kreatives Miteinander von Gast und Einwohnerschaft und damit einer nachhaltigen Entwicklung der Regionm einhergehen soll. «Purpose» bedeutet auf Englisch «Zweck», was heisst: Mehr als ein Tourist sein, Teil der lokalen Community werden und einen Beitrag zum Gemeinwohl leisten. Dafür stehen Botschafterinnen und Botschafter aus den Regionen sowie ausgewählte Treffpunkte für Sabbatical-Gäste zur Verfügung.

Die Gäste leisten also am Ort einen Beitrag zum Gemeinwohl. Aber nicht etwa, um ohnehin notwendige Arbeitskräfte zu ersetzen, sondern freiwillig, aus Interesse an Land und Leuten. «In diesem Ansatz liegt eine grosse Chance», meint Stefan Steiner, Leiter Regionalentwicklung Prättigau/Davos. Kevin Brunold, Geschäftsführer von Surselva Tourismus, sieht eine Win-win-Situation beim «Slow und Purpose Tourism»: «Die Gäste profitieren von der Nähe zum alpinen Geschehen und der Ruhe in der Nebensaison. Für uns sind die Alpine Sabbaticals ein wichtiger Baustein auf dem Weg zur Ganzjahresdestination». Künftig möchten die Initianden Partnerschaften mit Firmen und Krankenkassen zur gezielten Anwerbung von Gästen angehen. (htr)