Wie soll es mit dem Mountainbike-Tourismus weitergehen? Welches sind die Perspektiven und die Chancen des Sommer- gegenüber dem Wintertourismus? Und wie lassen sich diese optimal planen und umsetzen? Das wurde am sechsten «Ride-Kongress» am 19. und 20. September diskutiert. Fast 200 Fachexperten aus der Tourismusbranche fanden sich dazu im Kongresszentrum in Davos ein.

In verschiedenen Szenarien skizzierte bereits zur Eröffnung des Kongresses der Avenir Suisse-Forscher Daniel Müller-Jentsch die möglichen Entwicklungen von bedrohlich bis chancenreich. Davor hatte der CEO der Rhätischen Bahn, Renato Fasciati aufgezeigt, wie stark die RhB in geräumiges Rollmaterial gerade für die Sommersaison investiert, wie für ihn als Geschäftsführer seine Reise mit seinem Unternehmen weitergeht und dass er dabei seinen Platz im Übrigen weiterhin im Bündnerland und nicht in Bern sieht.

Chancen für Bergbahnen mit dem E-Mountainbike
In der grossen Plenumsdiskussion am Abend diskutierte Renato Fasciati dann mit Reto Branschi, CEO von Davos Klosters Destinations, Claus Fleischer von Bosch eBike-System und Markus Schröcksnadel der Vereinigten Bergbahnen, wie die Perspektiven im Sommertourismus umsetzbar sind. Einigkeit herrschte zumindest darin, dass sich mit erstarktem Sommertourismus für verschiedene Destinationen Chancen ergeben können.

Bei der Wirtschaftlichkeit und beim Setzen der Schwerpunkte wurden die Unterschiede deutlich: Während die RhB deutlich auf den Peak im Sommer reagiert, sieht der Bergbahnbetreiber Schröcksnadel nur in einem Teil der von ihm betriebenen Gebieten ein Sommer-Potential.

In Davos hingegen werden bereits Massnahmen umgesetzt, um der hohen Auslastung auf bestimmten Strecken mit Entflechtungsmassnahmen entgegenzuwirken. Claus Fleischer vertrat als CEO von Bosch eBike Systems schliesslich die Meinung, dass das E-Mountainbike keine Konkurrenz zu den Bergbahnen darstellt, sondern im Gegenteil, den Aktionsradius des Mountainbikes erhöht und damit sogar zur Entflechtung beiträgt.

Entflechtung als Dauerthema
Die Entflechtung war das stetige Thema, das in der Schwerpunkt-Session «Koexistenz» ebenfalls am meisten zu diskutieren gab und auf ungebrochen hohes Interesse stiess.

In drei Blöcken diskutierten Experten anhand Input-Referaten über die Umsetzung des «Bundesbeschluss Velo» nach der Veloinitiative von 2018, anschliessend wie das Neben- und Miteinander auf den Trails schon in der Projektplanung angegangen werden kann und schliesslich, zusammen mit Naturschutzverbänden, wie die Interessen der Natur und der Mountainbiker zusammengeführt werden sollten. Für die meisten Destinationsorganisationen bleiben diese Fragen offensichtlich hoch im Kurs, der Andrang auf die Session war entsprechend gross.

Die fehlende Story im Tourismus
Parallel dazu hielten Top Experten aus dem Marketing den Tourismusfachkräften einen Spiegel vor, nämlich wie andere Branchen ein ganz gezieltes, einfaches und simples Storytelling betreiben, namentlich der Blacksocks-Gründer Samy Liechti oder Andreas Widmer als langjähriger CEO grosser Werbeagenturen. Die Suche nach der Story war gleichzeitig in der dritten Schwerpunkt-Session ebenfalls das Hauptthema.

Der Deutsche Biketouren-Anbieter Mathias Marschner ermahnte aus Sicht der Tour Operator im «Reise-Netzwerk» die Destinationen, sich nicht nur über Standardleistungen wie verfügbare Trails und Hotelbetten zu definieren, sondern mehr Stoff für spannende Geschichten zu liefern. Er schlug dabei in die gleiche Kerbe wie der Schweizer Mountainbike-Reiseunternehmer Christian Keller, der in Anbetracht von Bike-Abenteuern im Ausland, Angebote in der Schweiz als eher langweilig verglich.

Bike-Hoteliers als Innovatoren
Wie einzelne Leistungsträger im Tourismus etwas bewegen können, war einer der Schwerpunkte am zweiten Kongresstag, Janine Bunte als CEO der Schweizer Jugendherbergen zeigte auf, wie mit der Parahotellerie Dynamik in den Tourismus gebracht wurde. Der Hotelier des Jahres, Kurt Baumgartner beantwortete die Frage nach möglichen Wegen, als Betreiber einer hochklassigen Hotel-Gruppe, mit Investitionen beispielsweise in die E-Mountainbike Vermietung.

Dass durchaus verschiedene Player etwas beitragen können, bewies Patrick Dreher von Graubünden Ferien mit deren neuen Plattform «Bunanotg». Der Schlussappel übernahm Andreas Züllig als Präsident von HotellerieSuisse mit Beispielen aus seinem Betrieb, dem verbundenen Hinweis auf die sinkende Aufenthaltsdauer und spontaneren Buchungen im Sommer und Winter und schliesslich damit, dass es sich eben doch  lohnt im Sommer auf Zielgruppen wie Familien- und E-Mountainbiker zu setzen. (htr)