Technologische Innovationen werden zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor. Hier setzt das Tech-Forum an. Das kompakte Format versammelt Start-ups, Tech-Unternehmen und Branchenentscheider, um aktuelle Lösungen rund um Distribution, E-Commerce und Digitalisierung in der Hotellerie zu präsentieren und zu diskutieren. Sechs Experten zeigten, wie Technologie Gastfreundschaft neu denkt. Moderiert wurde das Forum von Gianluca Marongiu, Managing Partner der SHS Academy.
Wie schützt moderne Netzwerktechnologie Daten und zugleich vor Cyberangriffen?
«Die digitale Transformation der modernen Netzwerke bietet mehr Effizienz, mehr Nachhaltigkeit und mehr Erlebnis. Moderne Netzwerktechnologie schützt Hotels, indem sie Gäste-, Mitarbeiter- und IoT-Geräte strikt voneinander trennt – dank ‹Zero Trust› und dynamischer Segmentierung. Das Netzwerk erkennt beispielsweise automatisch, dass ein Gerät eine Kamera ist, und isoliert es entsprechend, damit es nur auf definierte Systeme zugreifen kann.
So bleiben selbst kompromittierte Geräte isoliert und können keinen Schaden anrichten. KI-gestützte Systeme erkennen Cyberangriffe frühzeitig durch kontinuierliche Verhaltensanalysen im Netwerk. Gleichzeitig sorgen diese für sichere, DSGVO-konforme (Datenschutz-Grundverordnung) Gästeportale und volle Transparenz über alle verbundenen Geräte, welche zentral verwaltet werden.»
Beat Sommerhalder ist Country Manager bei HPE Aruba Networking, Switzerland – Member of the Executive Board Hewlett-Packard (Schweiz) GmbH.
Was braucht es, damit digitale Technologien dem Hotelbetrieb echten Nutzen bringen?
«Der Preis für echten Tech-Gain ist nicht in erster Linie finanziell. Er liegt vor allem in der Bereitschaft, Change-Pain zuzulassen. Das bedeutet konkret: alte Muster loslassen, Komfortzonen verlassen und echte Veränderung zulassen. Das kostet Mut, Energie und Fokus.
Die exakten Investitionen in Technologie lassen sich ausserdem schwer pauschalisieren, denn sie hängen stark von den Anforderungen und Zielen des jeweiligen Betriebs ab. Klar ist nur: Systeme allein bringen keine Wirkung, wenn Prozesse nicht mitziehen und Teams nicht abgeholt werden.
Wer Digitalisierung ernst meint, investiert nicht nur in Software, sondern auch in Veränderung. Denn um digitales Potenzial wirklich entfalten und wirtschaftlichen Nutzen erzielen zu können, muss man bereit sein, durch eine Phase des Veränderungsschmerzes zu gehen und den Reflex abzulegen, Neues nach alten Massstäben zu beurteilen. Denn genau da beginnt der Fortschritt: nicht mit Technik, sondern mit der Entscheidung, sich wirklich darauf einzulassen.»
Oliver Hartmann ist Brand Ambassador DACH bei Clock Hospitality Cloud.
Wie steigert automatisierte Gästekommunikation Zusatzverkäufe?
«Gäste nehmen empfohlene Upgrades bis zu viermal häufiger an, wenn diese personalisiert auf ihre individuellen Bedürfnisse zugeschnitten sind. Zudem kann KI die durchschnittliche Reaktionszeit von rund 45 Minuten auf wenige Sekunden reduzieren. Gäste erhalten dadurch deutlich schneller Antworten auf ihre Fragen – was die Servicequalität und das Gästeerlebnis deutlich verbessert.
Darüber hinaus kann ein KI-System automatisch Servicetickets erstellen und Bearbeitungsempfehlungen geben, sodass das Personal effizienter auf Anfragen reagieren und sicherstellen kann, dass keine Anliegen übersehen werden. Das Ergebnis: höhere Gästezufriedenheit, optimierte Prozesse und ein spürbar gesteigerter Umsatz.»
Bendix Urlbauer ist Account Executive DACH bei Canary Technologies.
Welche Chancen bietet Preordering für unterschiedliche Gastronomiekonzepte?
«Preordering hat in der Gastronomie durchaus Potenzial. Gerade im Mittagsgeschäft zählt jede Minute, sowohl für die Gäste als auch für das Personal. Wenn Gerichte bereits im Voraus gewählt, vorbereitet und bezahlt werden können, lässt sich die Tischrotation beschleunigen und ein zusätzliches Seating realisieren – ohne Qualitätseinbussen im Service.
Bei Events, Banketten oder in Tagungssettings ist Preordering eine ideale Lösung, um Abläufe zu optimieren. Selbst in der gehobenen Hotellerie kann das Modell sinnvoll sein – etwa, wenn Gäste im Vorfeld ihres Aufenthalts ihre Menüwahl treffen. Das erhöht die Planbarkeit in der Küche und schafft gleichzeitig ein Gefühl von Individualität.
Ob und wie Preordering umgesetzt wird, liegt letztlich im Ermessen jedes einzelnen Hoteliers oder Gastronomen. Wichtig ist: Es muss zur Betriebsphilosophie und zum Gästekonzept passen. Dann kann Preordering ein echter Mehrwert sein – für Gäste, Mitarbeitende und den Betrieb.»
Yves Latour ist Managing Partner bei Foratable by Lunchgate.
Wie verändert künstliche Intelligenz die Gästekommunikation?
«KI verändert die Hotellerie im Kern – besonders dort, wo Kommunikation beginnt. KI-Agenten übernehmen künftig zentrale Aufgaben im Backend: Sie orchestrieren komplexe Prozesse entlang der Guest-Journey, verarbeiten Daten aus verschiedenen Systemen, erkennen Muster, segmentieren Zielgruppen, setzen Trigger für Angebote oder Feedbackanfragen und formulieren dynamisch passende Inhalte. Sie agieren nicht nur automatisiert, sondern kontextbasiert und lernend – deutlich über klassische Workflows hinaus.
Parallel steigen die Anforderungen im Frontend: Gäste – besonders jüngere Generationen – erwarten nicht nur Geschwindigkeit, sondern auch technologische Dialogfähigkeit. Gefragt ist smarte, mobile Kommunikation, die persönlich wirkt, aber digital funktioniert. Der Schlüssel liegt in der intelligenten Verbindung beider Ebenen: Nur wenn Systeme integriert denken und kommunizieren, wird echte Relevanz möglich.
Und genau dort beginnt echte Gastfreundschaft: nicht trotz, sondern durch Technologie. KI ersetzt den Menschen nicht – sie schafft Freiräume für physische Präsenz, emotionale Tiefe und authentische Begegnung.»
Björn Seidel ist Business Development Representative D/CH bei ReGuest.
Wie können kleinere Hotels mit wenig Aufwand Energie sparen und ihre Infrastruktur zukunftsfähig machen?
«Auch ein Haus mit zwanzig oder fünfzig Zimmern kann mit überschaubarem Aufwand schnell messbare Resultate erzielen. Der grösste Hebel liegt im Gästezimmer, wo bis zu drei Viertel des gesamten Wärme- und Kühlbedarfs entstehen. Noch arbeiten rund 90 Prozent der Schweizer Zimmer mit manuellen Thermostatventilen, also in der Effizienzklasse C oder D der neuen Norm ISO 52120-1. Setzt man stattdessen einen funkfähigen Raumcontroller mit Präsenz- und Fensterkontakt ein, steigt das Zimmer sofort in die Klasse A auf.
Die Montage ist einfach, erfolgt ohne Baustellenbetrieb und kostet vergleichsweise wenig. Bund und Kantone fördern solche Nachrüstungen, sodass sich die Investition meist innerhalb von zwei bis drei Heizperioden amortisiert – dank 15 bis 25 Prozent Energieersparnis.
Sind die Controller installiert, sammelt ein kleines Gateway die Daten und überträgt sie verschlüsselt in eine Schweizer Cloud. Über ein Web-Dashboard sieht der Hotelier auf einen Blick, welche Zimmer aus dem Rahmen fallen, erhält Alarmmeldungen und kann Berichte exportieren.
Mehr als 90 Prozent der bestehenden Hotels werden heute noch konventionell betrieben. Wer jetzt mit Raumcontrollern und – ergänzend – Sub-Metering startet, legt deshalb den Grundstein für eine Infrastruktur, die sich Schritt für Schritt erweitern lässt. Benötigt man später beispielsweise eine Lichtsteuerung, wird einfach ein weiterer Funksensor angelernt; bei der nächsten Modernisierung wird so auch die Beleuchtung vernetzt.»
Turan Babuscu ist Head of Automation bei Siemens Schweiz AG.
Am Tech-Forum powered by SHS traten folgende Experten auf: Björn Seidel, Business Development Representative D/CH ReGuest, Beat Sommerhalder, Country Manager HPE Aruba Networking, Switzerland – Member of the Executive Board Hewlett-Packard (Schweiz) GmbH, Bendix Urlbauer, Account Executive DACH Canary Technologies, Yves Latour, Managing Partner Foratable by Lunchgate, Oliver Hartmann, Brand Ambassador DACH Clock Hospitality Cloud, Turan Babuscu, Head of Automation Siemens. Moderation: Gianluca Marongiu, Managing Partner SHS Academy.
