Die Schweiz reduziert so weit wie möglich klimaschädliche Emissionen. Ein verbleibender unvermeidlicher Rest soll durch sogenannte Negativemissionstechnologien neutralisiert werden. Unternehmen werden bis 2050 unter Berücksichtigung direkter und indirekter Emissionen klimaneutral. Das will das Klimaschutz­gesetz, welches am 18. Juni zur Abstimmung kommt.  [RELATED]

Ein grosser Teil des Kohlen­dioxids entsteht durch die Verbrennung fossiler Brenn­stoffe. Eine Annahme der Vorlage würde für die Hotelbetriebe bedeuten, dass sie sich innerhalb der nächsten 27 Jahre entweder vollständig dekarbonisierten – oder aber sie kompensierten einen verbleibenden Rest durch Kohlendioxid-Speichertechnologien. Ein absolutes Verbot von fossilen Brennstoffen sieht der Gegenvorschlag zur Gletscher­initiative nicht vor.

Für jene Hotels, die bereits seit Jahren in eine nachhaltigere Infrastruktur investieren, würde das Gesetz kaum Veränderungen bringen. «Es ist höchste Zeit, dass wir von den fossilen Brennstoffen wegkommen», sagt Kevin Obschlager vom Hotel The River House in Andermatt. Er befürwortet das Gesetz. Im KMU mit acht Mitarbeitenden geht es nach eigenen Angaben bereits heute ohne fossile Energie: Die Wärme zum Heizen stammt aus der Erde, die Köche arbeiten mit Elektroherden. «Wir machen für die Gäste keine Transfers per Auto. Wir sind nur 500 Meter vom Bahnhof entfernt und bitten die Gäste, den Weg zu Fuss zurückzulegen», sagt Obschlager.

Beim Marketing über Google Ads lässt das Hotel zudem die Anzeigen in der Schweiz und in Europa ausspielen – um möglichst viele Gäste mit kurzem oder moderatem Anfahrtsweg anzusprechen. «Dass auch Gäste aus Übersee zu uns kommen wollen, können wir nicht verhindern», sagt Obschlager. Das Bestreben des «River House», auch die Emissionen der Gästeanreise in die Nachhaltigkeitsüberlegungen einzubeziehen, übersteigt die Ziele des Klimaschutzgesetzes: Laut Gesetzestext gilt es nämlich, «mindestens» direkte Emissionen und jene durch den Energieeinkauf zu vermeiden. Mit anderen Worten: Indirekte Emissionen entlang der Wertschöpfungskette (Scope-3-Emissionen) fliessen nicht zwingend in die Berechnungen ein.

Verschandelung der Landschaft befürchtet
Die Obwalder SVP-Nationalrätin Monika Rüegger lehnt das Gesetz ab. Im Moment gebe es keine Alternativen zu fossilen Energieträgern. «Wir haben zu wenig Strom», sagt Rüegger. Die Abhängigkeit der Schweiz vom ausländischen Strom werde zunehmen. Eine Dekarbonisierung wäre aus ihrer Sicht nur möglich, wenn man im Inland die Produktion von Atomstrom ausbauen würde. «Atomstrom ist sauber und absolut sicher. Pro Person entsteht lebenslang nur eine Tasse voll Abfall», so Rüegger.

Da Solar- und Windenergie im Winter zu wenig Strom brächten, müsste man ohne Schweizer Atomstrom mindestens 30 Täler mit weiteren Stauseen fluten. «Ich wehre mich, dass wir die Landschaft komplett mit Solarpanels und Windturbinen verschandeln. Das ist schädlich, braucht viel Beton und führt zu CO₂-Emissionen. Es müssten zudem zahlreiche neue Stromleitungen gebaut werden. Die bestehenden Leitungen reichen nicht.» 

Bund fördert Ersatz von Gas- und Ölheizungen
Mitte-Nationalrat Nicolo Paganini gehört der Kommission an, die den Gegenvorschlag zur Gletscherinitiative ausarbeitete. Er sagt: «Den Klimawandel leugnet heutzutage fast niemand mehr. Es ist an der Zeit, dass die Schweiz ihren Beitrag zu den Klimazielen von Paris leistet.» Für das Gesetz spricht aus Paganinis Sicht insbesondere, dass es ohne Verbote auskommt und stattdessen Anreize schafft: Im Rahmen des Gebäudeprogramms soll der Bund während zehn Jahren jährlich 200 Millionen Franken Fördergelder für den Ersatz von Gas- und Ölheizungen bereitstellen.

In der Tat könnten die grösseren Investitionen für Hotelbetriebe eine Herausforderung darstellen. Das Gesetz trage dem mit den Fördermitteln Rechnung. Dass sich die Landschaft durch den Bau von Wind- und Solarkraftwerken zu einem gewissen Grad verändern werde, gelte es in Kauf zu nehmen, so Paganini. «Auch die Touristiker wollen jederzeit genügend Strom. Es geht nicht ohne Kompromisse. Stromproduktion hat immer ihren Preis. Kernkraftwerke verursachen radioaktiven Abfall. Wenn man hochalpine Standorte ausschliesst, woher sonst soll der Strom kommen?»

HotellerieSuisse befürwortet das Gesetz. Der Verband engagiert sich zusammen mit weiteren Verbänden mit einer speziell auf die Branche zugeschnittenen Kampagne.

Breit abgestützte Kampagne
HotellerieSuisse gehört zu den Verbänden, welche die Tourismuskampagne für das Klimaschutzgesetz unterstützen. Das Gesetz geht auf Brancheninteressen ein. Im Argumentarium zur Abstimmung vom 18. Juni heisst es: «Der Schweizer Tourismus ist stark vom Klimawandel betroffen, lebt er doch zu einem grossen Teil von intakter Natur, Umwelt und Landschaft. Es liegt im ureigenen Interesse der Tourismusakteure, das höchste Kapital der Tourismusbranche nachhaltig und langfristig zu schützen. Dafür ist die Branche auf einen effektiven Klimaschutz angewiesen.» Folgende Verbände engagieren sich nebst HotellerieSuisse im Komitee: Schweizerischer Tourismus-Verband (STV), Konferenz der regionalen Tourismusdirektoren (RDK), Parahotellerie Schweiz, Verband Schweizer Tourismusmanager (VSTM), Netzwerk Schweizer Pärke, Schweizer Alpen-Club (SAC), Seilbahnen Schweiz, Swiss Snowsports, Verband Schweizerischer Schifffahrtsunternehmen (VSSU), Verband öffentlicher Verkehr (VöV), Zooschweiz. ua
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