3G heisst das Covid-Zertifikat in Deutschland, das auch im Hotel und im Restaurant Pflicht ist. Hotelier Christian Wolf geht das noch zu wenig weit: Ab Oktober empfängt sein 4-Sterne-Superior-Hotel in Garmisch-Partenkirchen nur noch geimpfte und genesene Gäste.

Herr Wolf, was sind Ihre Erfahrungen mit der 3G-Regel?

Wir machen seit der Wiedereröffnung von unserem Hausrecht Gebrauch und setzen auf 3G. Bei uns kommen also nur noch geimpfte, genesene oder getestete Gäste ins Hotel. Bei 99,9 Prozent der Gäste kam das sehr gut an. Sie werden unter 1000 Gästen immer einen finden, dem das nicht passt.

Gab es nie Schwierigkeiten?

Wer ohne Zertifikat und Test anreist, kann sich in der hauseigenen, vom öffentlichen Gesundheitsdienst zertifizierten Teststation testen lassen. Am Anfang haben wir sehr viele Tests durchgeführt. Mittlerweile sind gegen 90 Prozent unserer Gäste geimpft. Bis auf ein, zwei Zwischenfälle hatten wir überhaupt keine Probleme.[IMG 2]

Steht bei Ihnen am Eingang ein Mitarbeiter und macht Einlasskontrolle?

Nein, die Prüfung erfolgt an der Réception. Sollte mal jemand auftauchen, der kein Zertifikat hat und auch keinen Test machen lassen will, darf er den Eingang gerne wieder als Ausgang benutzen.

Müssen die Gäste jedes Mal nach dem Wandern den Impfnachweis zücken?

Nein. Die Zimmerkarte, die sie von uns erhalten haben, dient als Nachweis dafür, dass sie 3G erfüllen. Und ohne die läuft im Hotel nichts.

Und was ist mit getesteten Gästen, deren Test nur 72 Stunden gültig ist?

Wir ziehen jeden Tag eine Liste mit den Personen, die neu getestet werden müssen. Sie werden von uns informiert und können sich mit ihrem QR-Code in der Teststation melden. Pro Tag sind das aktuell 5 bis maximal 20 Personen – ein Grossteil davon Kinder.

Ich glaube, der Aufwand kommt einem im ersten Moment grösser vor, als er tatsächlich ist.

Christian Wolf

Wie schätzen Sie den Aufwand für 3G ein?

Früher haben wir beim Check-in eine Kreditkarte geprüft, jetzt prüfen wir einen Impfnachweis. Ich glaube, der Aufwand kommt einem im ersten Moment grösser vor, als er tatsächlich ist. Priorität hat, dass wir einen weiteren Lockdown verhindern, dass wir keine Corona-Fälle im Betrieb haben und dass die Gäste und die Angestellten gesund bleiben.

Per 1. Oktober gehen Sie freiwillig einen Schritt weiter und lassen nur noch Genesene und Geimpfte in Ihr Hotel.

Genau. Die einzigen Ausnahmen sind Schwangere und Kinder, wenn sie einen negativen Test vorweisen können. Das sogenannte 2G-Modell wird auch in Hamburg und Berlin intensiv diskutiert. Dort haben die Gastgeber die Möglichkeit, 2G statt 3G anzuwenden. Gemäss meinem Wissensstand sprechen sich in Hamburg rund die Hälfte der Gastronomen für 2G aus.

Bis dato hat es zwei Stornierungen gegeben. Im Gegenzug haben wir Hunderte Neubuchungen. Viele kommen explizit deswegen zu uns.

Christian Wolf

Wie haben die Gäste auf Ihre Ankündigung reagiert?

Bis dato hat es zwei Stornierungen gegeben. Im Gegenzug haben wir Hunderte Neubuchungen. Viele kommen explizit deswegen zu uns. Wir bieten insgesamt ein hohes Mass an Sicherheit: Wir haben über 60 mobile Lüfter, 20 fest installierte Hepa-Filter, und die Lüftung ist mit UVC-Filtern ausgestattet. Ich bereue den Schritt nicht.

Was sagen Ihre Berufskollegen?

Zwei, drei namhafte Kollegen wollen jetzt ähnliche Konzepte umsetzen. Wer den ersten Schritt macht, hat natürlich immer den Spott und die Häme – aber auch den Beifall. Andere Kollegen trauen sich noch nicht, weil sie teils auch eine andere Klientel haben. Und viele scheuen den Aufwand.

Sie haben sich exponiert. Das braucht ein dickes Fell, oder?

Dass es solche Wellen schlägt, hat uns im Sommer überrascht. Zwei, drei Tage war ich persönlich auch etwas betroffen, weil die Kommentare von Insolvenzwünschen über Hass bis zu Todeswünschen reichten. Das geht einem schon nahe. Ein so dickes Fell kann man gar nicht haben.

Soll ich mein Geschäftsmodell wirklich auf eine Minderheit ausrichten?

Christian Wolf

Wie ist der Entscheid in Ihnen gereift?[RELATED]

Wir mussten im letzten Herbst nach positiven Fällen unter den Gästen und Angestellten noch vor dem Lockdown schliessen. Da wurden mir zwei Dinge klar: Der Weg zurück zur Normalität führt über die Impfung, und früher oder später werde ich nur noch Geimpfte oder Genesene ins Hotel lassen. Heute sind in Deutschland gegen 70 Prozent der Bevölkerung mindestens einmal geimpft. Soll ich mein Geschäftsmodell wirklich auf eine Minderheit ausrichten?

Verlangen Sie von den Angestellten auch 2G?

Wir haben eine Impfquote von 99 Prozent – nur eine Mitarbeiterin kann sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen. Sie lässt sich täglich testen, und dank Herdenimmunität schützen wir auch sie.

Was haben Sie für eine so hohe Impfquote unternommen?

Ich habe die Impfung über die Betriebsärztin angeboten. Vorgängig habe ich kommuniziert, wo unser Weg hingeht. Zudem: Die Angestellten wollen auch Planungssicherheit, sie wollen arbeiten und Geld verdienen, und sie wollen gesund bleiben.

Das Bewusstsein, dass ein sicherer Urlaub ein bisschen mehr kostet, ist bei den Gästen angekommen.

Christian Wolf

Geht die Rechnung für Sie trotz Zusatzaufwänden auf?

Ja. Das Bewusstsein, dass ein sicherer Urlaub ein bisschen mehr kostet, ist bei den Gästen angekommen. Wir haben unsere Mehrkosten teils auf die Preise abgewälzt. Zudem haben wir den Mindestaufenthalt erhöht. Je nach Saison sind es drei, im Sommer sogar sechs Nächte. Das ist von den Kunden akzeptiert worden. Wir haben trotz etwas höherer Preise eine gute Belegung: Mit 90 Prozent im Sommer können wir sehr zufrieden sein.

Unser Restaurant ist momentan mit Hausgästen praktisch ausgebucht.

Christian Wolf

Wie läuft es im Restaurant?

Wir sind momentan mit Hausgästen praktisch ausgebucht. Letztes Jahr haben wir entschieden, dass wir nur noch Dreiviertelpension anbieten – mit Buffet am Mittag und Gourmetmenü am Abend.

Wie kam es dazu?

Schon zu Beginn der Pandemie habe ich mir gesagt: Es ist wohl besser, wenn sich die Gäste der verschiedenen Hotels nicht durchmischen. Zudem konnten wir so die Abläufe vereinfachen. Heute wissen wir genau, wie viele Gäste wir verpflegen, und können den Personalbedarf darauf abstimmen. Früher hatten wir bei schlechtem Wetter plötzlich 30 Hausgäste mehr im Restaurant als geplant. Da ist man eigentlich ständig überfordert. Ich wollte die Angestellten entlasten, weil sie wegen der Schutzmassnahmen zusätzliche Aufgaben übernehmen mussten.

Werden Sie das Modell nach der Pandemie beibehalten?

Davon gehe ich aus. Wir haben Fachkräftemangel, da muss man den Angestellten besonders Sorge tragen und sich um einfache Abläufe und ein klares Angebot bemühen.

Mischa Stünzi