Michael Struck, CEO Ruby Hotels
Wie bleibt Lean Luxury relevant, wenn Gäste Menschlichkeit und Individualität erwarten?
Indem wir genau das bieten, und zwar bezahlbar. Unser Lean-Luxury-Konzept stellt den Menschen in den Mittelpunkt. Unsere Servicemitarbeitenden – bei uns heissen sie bewusst Hosts – haben die Zeit, sich wirklich um den Gästedialog zu kümmern. Das gelingt, weil viele administrative Tätigkeiten durch digitale Prozesse automatisiert wurden. So schaffen wir aktiv Freiräume für das, was für uns und unsere Gäste wirklich zählt: echte menschliche Begegnungen, geprägt von Aufmerksamkeit, Nähe und Authentizität. Wir legen grossen Wert darauf, Persönlichkeiten mit Herz und Charakter einzustellen.
Unsere Hosts sollen nicht nur Aufgaben erledigen, sondern Menschen begegnen – individuell, empathisch und auf Augenhöhe. Auch beim Thema Individualisierung gehen wir neue Wege: Jedes unserer Hotels ist einzigartig gestaltet, greift lokale Geschichten auf und besitzt seinen eigenen Charakter. Möglich wird das durch unser eigenes Design- und Interior-Team, das sowohl die Gestaltung übernimmt als auch gezielt passende Stücke beschafft und diese effizient sowie kostenbewusst einsetzt. So entsteht ein Erlebnis, das in Erinnerung bleibt.
Skalierung durch Technik – wie bleibt dabei die Markenemotionalität erhalten?
Gerade weil wir stark automatisieren, schaffen wir Raum für echte Emotionen. Unsere Technologie ist da, wo sie hingehört: in den Back-of-House-Prozessen. So halten wir unseren Mitarbeitenden den Rücken frei und geben ihnen Zeit für das, was Gäste wirklich bewegt: persönlicher Kontakt, menschliche Nähe, authentische Momente. Automatisierung bedeutet nicht Entfremdung, sondern Ermöglichung und damit mehr emotionale Tiefe im Markenerlebnis, nicht weniger.
Was sichert die Zukunft von Ruby Hotels? Oder: Was machen andere Start-ups falsch?
Wir achten vor allem auf solide Business-Cases mit detailliert gebenchmarkten Kosten, realistischen Top-Line-Annahmen und hohen Lease-Cover-Ratios. Jedes einzelne Hotelprojekt muss sich gut rechnen. Gleichzeitig bleiben wir diszipliniert bei unserer Strategie. Besonders bei der Wahl der Lagen verfolgen wir einen klaren Anspruch: Jede Woche sehen wir uns eine Vielzahl von Projekten an und sagen viele davon ab, weil sie nicht unseren Anforderungen entsprechen. Diese Konsequenz bei der Strategieumsetzung, kombiniert mit einem klaren Fokus auf Effizienz, Design und Markenprofil, ist für uns der Schlüssel.
Karl-Heinz Pawlizki, CEO Arabella Hospitality
Wie behauptet sich Arabella Hospitality mit klassischem Ownership gegen Asset-Light-Modelle?
Das klassische Ownership-Modell ist nach wie vor ein tragfähiger Bestandteil unseres Geschäftsmodells, insbesondere, da wir es erfolgreich mit modernen Asset-Light-Strategien kombinieren. Die Arabella Hospitality ist ein erfahrener Owner-Operator und betreibt unter anderem sehr erfolgreich eigene Häuser auf Mallorca. Gleichzeitig setzen wir aber in der Mehrzahl unserer Hotels und auch im Development den Schwerpunkt auf Pacht- oder Managementmodelle, was uns strategische Flexibilität ermöglicht.
Auch wenn wir innerhalb unseres Konzerns, der Schörghuber Gruppe, agieren, trennen wir unsere Unternehmensbereiche klar: Unsere Schwestergesellschaft, die Bayerische Hausbau, wird bei Pachtverhältnissen wie ein externer Verpächter behandelt, also ohne Sonderkonditionen oder konzerninterne Vorteile. Darüber hinaus sind wir nicht nur als Pächter, sondern auch als Betreibergesellschaft aktiv und können so verschiedene Betriebsmodelle professionell abbilden. Dieser hybride Ansatz macht uns auch zukünftig anpassungs- und wettbewerbsfähig in einem sich wandelnden Marktumfeld.
Sie investieren in Deutschland, Österreich, der Schweiz und auf Mallorca. Welche Region sehen Sie als besonders wachstumsstark – und wo liegen aus Ihrer Sicht die grössten Risiken?
Wir sehen in allen vier Märkten weiterhin Potenzial und setzen daher konsequent auf selektives Wachstum. Ein Beispiel dafür ist unser geplantes Grand Hotel in Locarno. Aktuell haben wir auch eine spannende Entwicklung in Österreich sowie zwei neue Hotelprojekte auf dem spanischen Festland im Blick. Derzeit liegt unser Fokus besonders auf Spanien, das wir sowohl im Leisure- als auch im City-Segment als äusserst dynamisch erleben.
Der hybride Ansatz macht uns auch zukünftig anpassungs- und wettbewerbsfähig.
Gleichzeitig prüfen wir kontinuierlich Opportunitäten in Deutschland, Österreich und der Schweiz. In allen Märkten bestehen Risiken, die insbesondere durch regulatorische Veränderungen, Fachkräftemangel und wirtschaftliche Unsicherheiten bedingt sind. Dank unserer langjährigen Marktkenntnis und unserer strategischen Herangehensweise können wir diese Risiken jedoch gezielt angehen.
Nachhaltigkeit wird oft betont, aber selten operativ konkretisiert. Wie integrieren Sie ESG-Kriterien in Ihre Investitionsentscheidungen ?
Für uns ist ESG kein Schlagwort, sondern ein verbindlicher Rahmen für unternehmerisches Handeln. Dabei verstehen wir ESG ganzheitlich, also nicht nur ökologisch, sondern auch sozial und in Bezug auf gute Unternehmensführung. Im Umweltbereich setzen wir auf ein detailliertes Monitoring der Energieverbräuche in all unseren Hotels, identifizieren Einsparpotenziale und investieren gezielt über sogenannte GreenCapex-Instrumente. Zukünftige Verträge beinhalten Green-Lease-Klauseln, um operative und gelebte Nachhaltigkeit auch rechtlich zu verankern. Soziale Verantwortung leben wir durch unsere Social-Engagement-Strategie mit klar definierten Zielgruppen und Massnahmen. Auch die Zufriedenheit unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter steht im Fokus. Wir erheben jährlich Mitarbeiterumfragen und leiten daraus konkrete Verbesserungen ab.
Im Bereich Governance setzen wir auf klare Prozesse, ein solides Risikomanagement und ein ESG-Reporting nach dem europäischen VSME-Standard, das sich derzeit in der Umsetzung befindet. Compliance-Tools und strukturierte Zielvorgaben runden unseren nachhaltigen Ansatz ab. Ein besonders gelungenes Beispiel für die konsequente Integration von ESG-Kriterien ist unsere mallorquinische Tochtergesellschaft Arabella Hospitality Spanien mit den beiden Hotels Castillo Son Vida und Sheraton Arabella Golf Hotel sowie den vier Golfplätzen. Sie fungiert als Vorreiter innerhalb unseres Portfolios und testet zukunftsweisende Massnahmen, die anschliessend in unseren weiteren Regionen ausgerollt werden.
Anne Wahl-Pozeg, Managing Director Accor Österreich, Senior Vice President Communications Europe & North Africa
Accor führt über 40 Marken. Wie schaffen Sie echte Differenzierung, wenn sich Zielgruppen immer stärker überschneiden?
Für uns steht heute mehr und mehr die Group Loyalty anstelle der blossen Brand Loyalty im Fokus. Denn wo sich einerseits Zielgruppen immer stärker überschneiden, wird andererseits der Reisegrund das neue Entscheidungskriterium, in welchem Segment und bei welcher Marke der Gast eincheckt. Unser Treueprogramm All Accor vereint all diese Marken gegenüber den Kunden. So können unsere Gäste sich frei und je nach Aufenthalt entscheiden, in welchem Hotel und in welchem Segment sie unterkommen möchten. Dabei bewegen sie sich immer im verlässlichen Accor-Ökosystem und profitieren von den gleichbleibenden Benefits und Erlebnissen der gesamten Gruppe.
Und das über den reinen Hotelaufenthalt hinaus. Dennoch ist es natürlich zentral, Marken klar zu positionieren, um dem Gast verständlich zu machen, welche Marke zu seinem jeweiligen Bedarf passt. Mit der Abgrenzung unseres Luxus- und Lifestyle-Segments einerseits und den Premium-, Midscale- und Economy-Marken andererseits haben wir die richtige Struktur geschaffen, um alle Marken entlang des Marktes weiterzuentwickeln. Dabei investieren wir auch in die Erneuerung unserer Markenversprechen, insbesondere auch für die traditionellen Accor Brands wie ibis oder Novotel.
Für mich ist es essentiell, dass die eigenen Werte mit der Grundhaltung des Konzerns übereinstimmen.
Wie gelingt es, Konzernvision und kulturelle Vielfalt in ein glaubwürdiges Markenversprechen zu übersetzen – gerade auch im Luxussegment?
Genau aufgrund dieser Komplexität haben wir vor mittlerweile drei Jahren unsere Organisation angepasst. Die Luxus- und Lifestylemarken werden in einer sehr individualisierten Markenstruktur geführt, die Premium-, Midscale- und Economy-Marken in einer Regionalstruktur. Durch diese verschiedenen Organisationsformen stellen wir sicher, dass jede der stark wachsenden Lifestyle- und Luxus-Brands weiterhin klar platziert ist. Bei den etablierten Marken im Premium-, Midscale und Economy-Segment mit einem deutlich grösseren Hotelnetzwerk wiederum geht es darum, diese stärker auf die lokalen Gegebenheiten zuzuschneiden.
Was bedeutet soziale Verantwortung für Sie – persönlich wie unternehmerisch?
Aufgrund der Grösse unseres Netzwerkes haben wir hier eine Verantwortung, der wir unbedingt nachkommen wollen und müssen. Für mich macht genau das die Accor-Identität aus. Soziale Verantwortung und Nachhaltigkeit haben bei uns oberste Priorität und werden im Konzern auf jeder Stufe gelebt. Das ist für mich echte Authentizität. Letzteres zieht sich für mich auch durch meinen eigenen Werdegang: Ich wurde auf allen Ebenen immer darin bestärkt und gefördert, meinen eigenen Weg weiterzuverfolgen und authentisch zu bleiben. Das spiegelt sich auch in meiner persönlichen Haltung wider. Gerade als Kommunikatorin ist es für mich essentiell, dass die eigenen Werte mit der Grundhaltung des Konzerns übereinstimmen.
