Ein zarter Schaum perlte im Glas und es duftete nach Rosmarin, als Luke Bansi den Aperitif servierte. Erst seit zwei Monaten ist er in der Lehre als Restaurantfachmann, und doch steht er bereits mit acht Mitlernenden im Rampenlicht: Gemeinsam führen sie das Gourmetrestaurant Scalottas Terroir, ausgezeichnet mit 16 Gault-Millau-Punkten und einem grünen Michelin-Stern. Die Lernenden stammen aus vier Bereichen: Service, Küche, Réception und Hauswirtschaft. [RELATED]

Inspiration und Motivation
Inspiriert wurde Hoteldirektor Jamie Rizzi in Luzern. Dort entstand 2024 in der Villa Schweizerhof das erste Lernenden-Pop-up-Restaurant der Schweiz. Dieses Konzept adaptierte er auf seine Bedürfnisse. «Wir wollten unseren Nachwuchs an die Basis führen: zu den Produzenten, den Geschichten, den Lebensmitteln», sagt er. Für ihn ist der Event mehr als ein Ausbildungsprojekt.

Rizzi sieht Ausbildung als Schlüsselthema in der Branche. Es geht nicht nur um Facharbeit, sondern auch um Verantwortung und Selbstvertrauen. Oft kehren junge Menschen nach Wanderjahren in ihren Lehrbetrieb zurück, wenn man ihnen früh Raum gibt, Eigenständigkeit zu erproben. «Wir brauchen diese Generation nicht nur als Arbeitskräfte, sondern als Mitgestalter», sagt er.  Deshalb stellte er bewusst kein Budget auf, die Investition in die Jugendlichen sei wichtiger als Zahlen.

Lernen bei den Produzenten
Der Startschuss fiel also auf den Feldern und Höfen Graubündens. Auf dem Biohof Las Sorts in Filisur zogen die Jugendlichen Randen aus der Erde, die später als Carpaccio auf die Teller kamen. In einer Sufner Molkerei verkosteten sie Geissfrischkäse, der die Füllung für Ravioli wurde. Und aus den Weihern holten sie mit dem Kescher Fatscheler Forellen, angeleitet von Metzger und Fischzüchter Tona Steier.

Respekt vor Lebensmitteln
Für viele war das Töten der Tiere Neuland. «Wir haben uns alle überwunden, einen Fisch zu erlegen», erzählt Luke Bansi. «Das war hart, aber wichtig. Seither schauen wir anders auf den Teller.» Genau dieser Respekt vor Lebensmitteln sei das Ziel, betont Rizzi.

[IMG 2]

Mentor im Hintergrund
Küchenchef Hansjörg Ladurner, seit Jahrzehnten im Haus, begleitete die Lernenden zurückhaltend. «Sie sollten eigene Ideen umsetzen, ein Menü entwickeln, Getränke auswählen, Gastgeber sein.» Am ersten Abend moderierte er selbst, danach übergab er die Aufgabe den Jugendlichen.

Mut im Service
Im Service zeigte Luke Bansi Eigenständigkeit. Neben klassischen Getränken servierte er auch alkoholfreie Varianten, ein Anliegen, das zu ihm passt, da er selbst keinen Alkohol trinkt. Den Weisswein beschrieb er nach seinen Eindrücken: «Zu Beginn eine fruchtige Note, im Abgang trocken». Dann fragte er schelmisch: «Haben Sie auch ein leichtes Kräuseln gespürt?» Eine mutige Ansprache für einen Lernenden, der gerade erst begonnen hat.

Teamarbeit und Improvisation
«Der Lernprozess war intensiv. Fehler gehörten dazu, doch auch Improvisationstalent und Teamgeist», sagt Ladurner. Besonders eindrücklich war die Ravioli-Produktion: Einer rollte den Teig aus, ein anderer bestrich ihn, der nächste legte Käse darauf, ein weiterer stach die Formen aus –  es wirkte fast wie eine Choreografie.

Ausverkaufte Abende
Nach einer Hauptprobe mit Eltern, Lieferanten und Presse folgten zwei ausverkaufte Abendessen für Stammgäste und Interessierte. Die Woche zeigte eindrücklich, wie viel Eigenständigkeit Jugendliche entwickeln, wenn man ihnen Verantwortung überträgt. Diese Energie spürten auch die Gäste, welche zum Abschied ein Rosmarinsirup aus eigener Herstellung erhielten – ein kleines Fläschchen voller Erinnerungen an eine besondere Woche.

[GALLERY 1]