In einem Schreiben vom Montag appelliert die Hotrec an den Rat, die eigene Position im Rahmen der weiteren Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament zu überdenken. Der europäische Dachverband des Gastgewerbes erachtet den Standpunkt des EU-Rates zur Pauschalreise-Richtlinie als äusserst besorgniserregend für die Branche.
Die Besonderheiten von Angeboten der Hotellerie werden in der vom Rat in den Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament eingenommenen Position nicht hinreichend berücksichtigt, heisst es weiter. Seit jeher würden die Hotels ihren Gästen diverse Zusatzleistungen anbieten, wie zum Beispiel einen Taxitransfer zwischen Hotel und Flughafen, die Nutzung des hoteleigenen Wellnessbereichs, einen Fahrradverleih, Operntickets, etc. Der Ratsvorschlag deklariert nun einige dieser Angebote zur Pauschalreise, was letztlich auch nicht im Interesse des Verbrauchers sein kann, hält der europäische Dachverband des Gastgewerbes weiter fest.
«Sollte die neue Richtlinie diese Leistungen umfassen, müssten viele Hotels entweder den Preis für diese Angebote erhöhen oder sie gar nicht mehr anbieten. In jedem Fall sind Hotels und Verbraucher negativ betroffen», so Christian de Barrin, Generalsekretär von Hotrec.
Darüber hinaus ist die Definition des Rates zur neu eingeführten Kategorie der «Assisted Travel Arrangements» («Bausteinreisen») so umfassend, dass selbst auf der Hotelwebsite gesetzte blosse Links zu lokalen kulturellen/touristischen Attraktionen erfasst sind. Dies mache die Aufrechterhaltung solcher Links für viele Hotels unmöglich, so Hotrec weiter. Auch Vertreter anderer touristischer Stakeholder wie beispielsweise die Online Travel Agents (ETTSA), die Vergnügungsparks (IAPP), die Luftverkehrsbranche (IATA) oder der digitale Werbesektor (IAB Europe), sehe das so.
«Es ist eindeutig, dass der Ratstext die Realität des Hotelmarktes und die Rolle der Hotels bei der Bewerbung lokaler kultureller/touristischer Attraktionen nicht berücksichtigt. Tragfähige Lösungen sind jedoch möglich, wenn der politische Wille da ist», fügt de Barrin zu.
Als Lösungsansatz schlägt Hotrec vor, dass Rat und Parlament sich auf folgende Punkte einigen:
- Erhöhung des Wertes zur Bestimmung der wesentlichen Nebenleistung in Bezug auf die Definition der Pauschalreise oder Sicherstellung, dass eine Pauschalreise dann nicht vorliegt, wenn kein Transportelement enthalten ist;
- Auflistung der Nebenleistungen von Hotels, die nicht unter den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen;
- Überprüfung der Definition «Assisted Travel Arrangement» zur Sicherstellung, dass diese nur bei einem Transfer der Daten des Verbrauchers zwischen den Händlern vorliegt.
Kritik auch von nationalen Hotelverbänden
Auch aus Österreich und Deutschland kommen inzwischen von den nationalen Hotelverbänden Kritik an der Neufassung der EU-Pauschalreise-Richtlinien.
Susanne Kraus-Winkler, Vize-Obfrau des Fachverbandes Hotellerie in der Wirtschaftskammer Österreich (WKO) und Hotrec-Präsidentin, unterstrich am Dienstag im Europäischen Parlament in Brüssel, die negativen Auswirkungen des derzeit vorliegenden Entwurfs zur Neufassung der Pauschalreise-Richtlinie auf die europäische Hotellerie.
Mit der Reform der Pauschalreise-Richtlinie aus dem Jahre 1990 will die EU auf einen grundlegenden Wandel des Reisemarkts im digitalen Zeitalter reagieren. Immer mehr Menschen buchen ihre Ferien im Internet anstatt im Reisebüro. Sie kombinieren Angebote verschiedener Anbieter – darunter auch Hotels; Mietwagen, Flüge – und wählen seltener eine Pauschalreise. Bis dato sind diese Urlauber, die ihre Reise aus dem Internet- und anderen Angeboten selber zusammenstellen, weniger geschützt als Kunden herkömmlicher Reisebüros.
Das wichtigste Element der Modernisierung der Pauschalreise-Richtlinie durch die EU ist daher die Ausweitung des Verbraucherschutzes auch auf individuell im Internet gebuchte Reisearrangements. Vor allem sogenannte «Click-Through-Buchungen» – d.h. verbundene Online-Buchungsverfahren – die den Erwerb zusätzlicher Reiseleistungen von einem anderen Unternehmer gezielt erleichtern, sollten künftig von der Richtlinie erfasst werden.
Der Rat der Europäischen Union unter dem Vorsitz von Lettland plant eine finale Beschlussfassung voraussichtlich im Mai. (htr/npa)