Eines stellte Jurypräsidentin Ruth Metzler gleich zu Anfang der Preisverleihung am Dienstagabend klar: «Wir sind keine Branche, die aus Einzel­playern besteht. Wir sind alle vernetzt.» Vernetzung war denn auch das heimliche Motto des Mile­stone 2017, das alle drei Siegerprojekte im Bereich «Innovation» gleichermassen prägt. Der Hauptpreis ging dieses Jahr nach Freiburg an die partizipative Tourismusplattform Dzin.ch. Die Website gibt jedem Einwohner der Region Freiburg die Möglichkeit, sein eigenes touristisches Angebot zu kreieren und ins Netz zu stellen. Projektmanagerin Lucie Kaufmann vom Freiburger Tourismusverband beschrieb es so: «Wir haben ein enormes touristisches Potenzial in unserem Kanton. Die Angebote existierten eigentlich schon, man musste sie bloss noch zusammentragen.» In den Worten von Laudator und Musiker «Gustav»: «Dzin verbindet die Menschen, präsentiert das Unscheinbare, das Unbekannte, von den Leuten für die Leute.» Vernetzung par excellence also, ein schweizweit einzigartiges Projekt «von unten», aus einem zweisprachigen Kanton.

Nicht minder verbindend ist das zweitplatzierte Projekt Food Zürich. Jährlich im September feiert das Festival (Motto: «mehr als ein Festival») Esskultur in allen Facetten: Street Food, Slow Food oder Fine Food. Jenseits von Fondue, Röschti und Schoggi, so Laudatorin, Gastrokritikerin und Foodbloggerin Esther Kern, sei diese Food-Bewegung gerade dabei, eine neue Genusstradition in der Schweiz zu schaffen. Bereits die erste Ausgabe 2016 lockte insgesamt 62 000 Besucher an. Die zugrundeliegende Idee erinnert dabei verblüffend an das Freiburger Siegerprojekt: «Die Gastroszene boomt in Zürich. Es gibt immer mehr ‹Pop-ups›, viele interessante kleinteilige Angebote. Da haben wir uns gedacht, bringen wir die Branche zusammen und machen was Grosses daraus», so Festival-Präsident und Zürich Tourismus CEO Martin Sturzenegger.

Verbinden, zusammenfügen, Mehrwert schaffen – dies sind auch die Leitgedanken des drittplatzierten Milestone-Innovationsprojekts, dem «Ticino Ticket». Das Ticket erlaubt Übernachtungsgästen freie Fahrt mit dem ÖV im ganzen Kanton Tessin sowie Ermässigungen auf Touristenattraktionen. Für Laudatorin Christelle Campana ist das Ticket jedoch weit mehr: «Der Gast, wird nicht einfach von Punkt A nach Punkt B gebracht. Vielmehr kann er alle Buchstaben des Alphabets frei kombinieren. Ein Alphabet, das sich aus Seen, Bergen, Tälern und einigen städtischen Zentren zusammensetzt», so die RSI-Journalistin. Ticino-Turismo-Direktor Elia Frapolli erkennt in der Auszeichnung eine Anerkennung eines neuen, dynamischen Tessins. Ganz dem Zeitgeist entsprechend, fliessen die Gästedaten und -ströme in einem System zusammen und sollen in Zukunft für die Entwicklung massgeschneiderter Angebote eingesetzt werden – selbstverständlich unter Berücksichtigung des Datenschutzes, wie Frapolli im Scheinwerferlicht vor den rund 600 geladenen Gästen im Berner «Kursaal» beteuerte. Vernetzung muss auch Grenzen kennen.

Selfiestick, erfolgreicher «Nachwuchs» und ein «Lebenswerk»
Das offizielle Motto des diesjährigen Tourismuspreises lautet «Jung. Lebenslustig. Innovativ.» Grösstenteils trifft dies zweifellos zu auf Gastgeber Gery Nievergelt sowie Moderator Rainer Maria Salzgeber, der in gewohnt lockerer Manier durch den Abend führte. Noch bei der Einleitung kamen beide auf das Thema zu sprechen, an dem auch – oder gerade – die Tourismusbranche nicht vorbeikommt: Social Media. Mit Selfie­stick bewaffnet setzte sich Salzgeber auf der Bühne gleich selber in Szene, umrahmt von den jungen Tänzerinnen und Tänzern der New Dance Academy, die mit schwungvollen Einlagen für Abwechslung sorgten. «Viele glauben, wir seien eine träge Branche. Aber das stimmt nicht», erklärte Nievergelt. Den Beweis dafür lieferten er und die anwesenden Touristiker gleich selber: Von Salzgeber als begeisterter Insta­gramer enttarnt, «followten» zahlreiche Zuschauer im Laufe des Abends dem htr-Chefredaktor. Resultat: Die Zahl seiner Insta­gram-Abonnenten verdoppelte sich innert weniger Stunden auf 107 (Stand Mittwochvormittag).Den Preis in der Kategorie «Nachwuchs» machten in diesem Jahr vier Nominierte unter sich aus – eine Premiere, so Milestone-Geschäftsführerin Sabrina Jörg. Zur Siegerin erkoren wurde die Geschäftsleiterin der Fred Tschanz Management AG, Stéphanie Portmann. Die 32-jährige studierte Soziologin übernahm bereits im Alter von 27 das Gastro-Unternehmen des Grossvaters Fred Tschanz in Zürich. «Je kälter das Wasser, desto schneller lernt man schwimmen», kommentierte Portmann trocken. Es sei ihr gelungen, mit einem traditionellen Familienbetrieb zu neuen Ufern aufzubrechen, so die Jury. «Innovation und Nachhaltigkeit müssen sich nicht ausschliessen», fand auch der Unternehmer Michel Péclard in seiner Laudatio.

Für sein «Lebenswerk» geehrt wurde der Konzertmanager und Mitbegründer von Good News André Béchir. Mit der Auszeichnung würdigt die Jury sein jahrzehntelanges Engagement in der Organisation von Top-Events, darunter solche, die laut Laudatorin und SP-Politikerin Pascale Bruderer in die Geschichte eingingen: 1980 Bob Marley im Zürcher Hallenstadion etwa oder 2008 die Schweizer Madonna-Premiere mit 73 000 Zuschauern auf dem Flughafen Dübendorf. Sichtlich gerührt reminiszierte Béchir die Anfänge seiner «Karriere», als er als Jugendlicher 1968 im Hotel der Eltern gegen deren Willen ein Konzert organisierte. «Die Sache flog auf, als die ersten Plakate geliefert wurden», erinnert er sich, sehr zum Vergnügen des Publikums. «Es ist das Schönste, wenn man die fröhlichen Gesichter nach einem Konzert sieht», sagte Béchir noch. Fröhlich waren auch die Milestone-Gäste beim anschliessenden «Vernetzen» bei Speis und Trank.

Bildergalerie von der Preisverleihung und Get-Together ab Donnerstag unter: htr.ch/milestone-gallery