Nicole Reisinger, haben Sie einen persönlichen Bezug zu Engelberg?
Ich kenne die Destination seit meiner Kindheit, ich habe mich hier immer wohlgefühlt.
Sie sind seit März CEO von Engelberg-Titlis Tourismus. Was hat Sie an dieser Aufgabe gereizt?
Die Zusammenarbeit mit Menschen sowie die Möglichkeit, Dinge zu gestalten und weiterzuentwickeln, sind meine Antreiber. Die touristischen Aspekte haben mich bei all meinen bisherigen Tätigkeiten fasziniert. Und da Engelberg für mich nicht fremd war und ich die Unterstützung des Verwaltungsrates und des Teams spürte, habe ich mir die Aufgabe auch ohne klassische touristische Laufbahn zugetraut.
Sie sagen, Engelberg befinde sich an einem «gestaltungsfreudigen Punkt». Wo sehen Sie die grössten Chancen?
Engelberg kann aus einer Position der Stärke agieren. Im kommenden Jahr eröffnen die Titlis Bergbahnen ihren Turm auf über 3000 Metern. Das ist ein Jahrhundertprojekt mit Gastronomie und Erlebnissen auf höchstem Niveau und auch eine grosse Chance für die gesamte Destination.
Im kommenden Jahr eröffnen die Titlis Bergbahnen ihren Turm auf über 3000 Metern.
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Auf dem Nachttisch von Nicole Reisinger liegen ein Notizheft, der Tolino und das Magazin Neue Narrative. Zum Abendessen trinkt sie Rotwein und Wasser. Am Sonntag zieht es sie meist in die Berge. In die Ferien fährt sie mit Vorfreude und Sehnsucht nach neuen Begegnungen.
Beziehen Sie sich da vor allem auf den Winter?
Wir gehören tatsächlich zu den schneesichersten Destinationen mit über 200 Schneesporttagen. Der neue Alps Pass verbindet künftig die vier Gebiete Engelberg-Titlis, Adelboden-Lenk, Aletsch Arena und Jungfrau Ski Region zu einem Wintersportpass.
Und im Sommer?
Wir setzen auf vielseitige Familienangebote und stärken neben dem MICE-Bereich auch den Bildungstourismus.
Zurück zum Winter: Die Hotels sind nur zu 50 Prozent ausgelastet, der Tagestourismus aber stösst an Grenzen. Wie gehen Sie damit um?
An Spitzentagen kommen sehr viele Gäste ins Tal, was sich vor allem im motorisierten Verkehr zeigt. Die Bergbahnen setzen bereits Lenkungsmassnahmen wie Dynamic Pricing um. Unser Ziel ist es, die Tagesgäste zu Übernachtungsgästen zu entwickeln. Dafür werden wir gezielte Marketingaktionen planen und investieren in attraktive Angebote im Dorf.
Wo sehen Sie am meisten Potenzial?
In der Entwicklung des Dorfes. In diesem Projekt ist die Gemeinde eine aktive Taktgeberin. Zudem werden wir den Weg der Digitalisierung fortsetzen und die Nutzung von Daten gezielt ausbauen.
Welche Rolle spielt das Kloster für das heutige Tourismusprofil Engelbergs?
Das Kloster ist Ursprung und Herz des Dorfes. Es prägt Engelberg mit seiner Ausstrahlung und Bildungsstätte seit Jahrhunderten. Gemeinsam mit der Gemeinde, dem Kloster und der Sportmittelschule wollen wir das Thema Bildung künftig touristisch stärker verankern.
Was wollen Sie konkret machen?
Wir sind mit interessanten Partnern im Kontakt, es ist aber noch verfrüht für konkrete Ergebnisse.
Nicht nur in der operativen Leitung, sondern auch im Verwaltungsrat wird die Nachfolge neue geregelt. Wie erleben Sie die Zusammenarbeit?
Das Gremium ist sehr unterstützend und bringt unterschiedliche Perspektiven ein. Wird Thomas Bieger, ordentlicher Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Universtät St. Gallen mit Schwerpunkt Tourismuswirtschaft, am 30. Oktober zum Verwaltungsratspräsidenten gewählt werden, dürfen wir uns alle auf seine vielfältigen Erfahrungen freuen.
Engelberg lebt von starken Leistungsträgern. Wie gelingt es Ihnen, deren Ideen aufzunehmen und in gemeinsame Projekte zu überführen?
Durch aufmerksames Zuhören und das Verstehen der Bedürfnisse. So können wir die richtigen Menschen zusammenbringen und tragfähige Lösungen entwickeln.
Worauf legen Sie besonderen Wert?
Gemeinsam mit dem Verwaltungsrat schärfen wir die Positionierung unserer Destination. Auch möchten wir die Zusammenarbeit mit den Leistungsträgern intensivieren. So wird Engelberg künftig noch klarer spür- und wiedererkennbar sein.
Hat sich Ihr persönlicher Blick auf Engelberg durch Ihre neue Funktion verändert?
Ja, die Schönheit und Vielfalt Engelbergs sind mir noch stärker bewusst geworden. Ich habe in den letzten Monaten auch viele neue Orte und vor allem Menschen kennengelernt, welche das Erlebnis hier so einzigartig machen. Sie inspirieren mich.
Zur Person
Seit März 2025 ist Nicole Reisinger CEO der Engelberg-Titlis Tourismus AG. Die Luzernerin bringt breite Erfahrung aus Marketing, Kommunikation und Verkauf mit, unter anderem von der Zentralbahn und der Lenzerheide Marketing & Support AG. Sie versteht sich als Gestalterin, die Menschen und Ideen vernetzt. Im Mai wurde sie zudem in den Vorstand der Standort Promotion Obwalden gewählt
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