Simone Müller, Sie kommen aus einer Hoteliersfamilie, waren Leistungssportlerin, später bei der Polizei tätig und sind nun wieder in der Hotellerie. Was verbindet diese Welten?[RELATED]
Die Arbeit mit Menschen. In allen Bereichen geht es um Verantwortung, Präsenz und Verlässlichkeit. Führung mit Herz und Konsequenz ist für mich zentral. Und die operative Nähe, dort, wo Gästeerlebnisse wirklich entstehen.
Sie haben bis Frühling den Hirschen in Wildhaus geführt, der Ihnen auch gehört hat. Warum der Wechsel nach Sils?
Die Destination war für uns ausschlaggebend. Mein Mann stammt zwar aus Kreuzlingen, ist aber ein «Heimwehsilser», wir wollten zurück ins Oberengadin. Hier stimmt die touristische Entwicklung. Angebot und Nachfrage sind stabil. In Wildhaus fehlte diese Perspektive, weil es touristische Weiterentwicklung stockt. Darum haben wir ein neues Kapitel eröffnet.
Was ist aus dem Familienbetrieb in Wildhaus geworden?
Wir haben den Betrieb an junge Leute aus der Region übergeben, die ihn weiterführen und neu beleben.
Sie arbeiteten als Unternehmerin und sind nun angestellt. Wie fühlt sich dieser Rollenwechsel an?
Die Motivation ist dieselbe. Ich bin gerne nah am Gast, beim Team, bei den Lieferanten. Die Selbstständigkeit hat mich zwar geprägt, aber ich mag die operative Führung. Dazu gehören die Weiterentwicklung eines Betriebs und Kulturarbeit im Team. Es geht um die Menschen und darum, Mehrwert zu schaffen.
Ich bin gerne nah am Gast, beim Team, bei den Lieferanten.
Wie findet man in Zeiten des Fachkräftemangels überhaupt noch Personal?
Dank unserer Lage im Grenzgebiet erstaunlich gut. Viele Mitarbeitende kommen über persönliche Empfehlungen oder soziale Medien zu uns. Dieses Netzwerk funktioniert zuverlässig.
Welche Dynamik entsteht daraus im Alltag?
Die Mehrheit unseres Teams spricht Italienisch. Ich verstehe inzwischen viel und wachse hinein. Was mich beeindruckt, ist ihre Berufung für die Gastronomie. Diese Haltung formt die Teamkultur spürbar.
Welche Faktoren entscheiden heute darüber, ob Mitarbeitende bleiben oder gehen?
Der Lohn ist der wichtigste Faktor, das zeigen meine Erfahrungen klar. Danach zählen die Arbeitsbedingungen im Alltag: eine funktionierende Teamkultur, verlässliche Dienstpläne und das Gefühl, dass Vereinbarungen eingehalten werden.
Simone Müller ganz privat
Das letzte Mal in den Ferien war ich ...
... auf Sylt, wo der Wind weht und man einfach mal richtig durchatmen kann.
Auf meinem Nachttisch liegt ...
... ein Buch, das ich seit Wochen lesen will, aber immer nur zwei Seiten schaffe, bevor mir die Augen zufallen.
Wenn ich wählen kann, fahre ich mit ...
... meinem Volvo. Er weiss am besten, wie gern ich es zügig angehe.
Mit dieser Person würde ich gerne einmal zu Abend essen:
Schauspieler Max Hubacher. Er heisst wie mein Sohn und ist jemand, der mit beiden Beinen im Leben steht, und bei dem ich mir gut vorstellen kann, dass ein Abend voller ehrlicher Gespräche und echten Momenten entsteht.
Bevor ich zu Bett gehe, ...
... tauche ich ins Vergnügen der Nacht ein.
Sie sprechen oft von Haltung. Was heisst das in der täglichen Führung?
Präsenz. Zuhören. Mitarbeitende einbeziehen. Verantwortung übernehmen. Und das Wissen weitergeben. Wir sind ein junges Team. Viele wollen sich entwickeln. Das unterstütze ich.
Zurück zu ihrem Neuanfang in Sils: Wie haben Sie den Start erlebt?
Wir übernahmen den Schweizerhof bewusst mitten in der Sommersaison. Wir arbeiteten eine Woche lang mit unseren Vorgängern Katja Gridling und Gregorio van Kuyk. Das würde ich sofort wieder so machen. Man lernt den Betrieb und die Mitarbeitenden bei laufendem Betrieb kennen. Wir konnten uns gut einarbeiten.
Welche Vision verfolgen Sie für den Schweizerhof?
Exzellenter Service. Begeisterte Gäste. Ein starker Arbeitgeber. Und ein Haus, das innovative Angebote schafft, die zur Destination passen. Sicherheit und Nachhaltigkeit gehören ebenfalls dazu. Zudem steht ein grosser Schritt an.
Wie sieht dieser grosse Schritt aus?
Wir bauen um. Wir beginnen 2026 die Renovation des gesamten Wellnessbereichs. Die Umbauarbeiten dauern bis 2027.
Das Engadin verändert sich klimatisch wie auch touristisch. Wie blicken Sie in die Zukunft?
Sehr positiv. Die Destination bleibt stark. Und wir möchten unseren Teil dazu beitragen, indem wir einen Ort schaffen, an dem Gäste Erholung finden und Mitarbeitende gerne arbeiten.
Was lässt Ihr Herz in der Hotellerie bis heute schlagen?
Alles. Ich bin mit Gästen aufgewachsen. Der Sport hat mich kurz weggeführt, aber das Herz war immer hier. Begegnungen schaffen, Erlebnisse ermöglichen, das ist meine Motivation.
Durch drei Welten zurück in die Hotellerie
Simone Müller führt seit August in Co-Direktion mit ihrem Mann das Hotel Schweizerhof Sils. Sie wächst in einem Hotelleriebetrieb in Wildhaus auf und startet zunächst als alpine Spitzensportlerin. Um Training und Beruf zu verbinden, arbeitet sie in der Verwaltung und später acht Jahre bei der Polizei.
Danach kehrt sie in die Branche zurück, absolviert ein Nachdiplomstudium in der Hotellerie und führt ab 2006 gemeinsam mit ihrer Mutter und ab 2014 mit ihrem Mann das Hotel Hirschen in Wildhaus SG.
Nach der Übergabe des Hotels übernimmt sie die operative Leitung im 3-Sterne-Hotel Schweizerhof Sils. Das Haus mit 123 Zimmern gehört Faern Collection. Simone Müller ist Mutter von zwei Kindern und lebt mit ihrer Familie in Sils.
