Spätestens Mitte 2018 will das BAV entscheiden, welche Bahn ab dem Fahrplanwechsel im Dezember 2019 welche Strecken bedient. Das gab BAV-Direktor Peter Füglistaler vor den Bundeshausmedien bekannt.

Auf seinem Tisch liegen derzeit zwei Gesuche für denEisenbahn-Fernverkehr: Die SBB will wie heute das ganze Fernverkehrsnetz bedienen. Die BLS greift dieses Monopol an und bewirbt sich um die Intercity-Linien Interlaken-Bern-Basel und Brig-Bern-Basel sowie um die RegioExpress-Linien Bern-Olten, Biel-Bern und Le Locle-Bern.

Grosser Aufwand
Füglistaler macht kein Geheimnis daraus, dass er die Situation begrüsst. «Eine gewisse Ideenkonkurrenz ist gut für das System und gut für den Kunden», sagte er. Die verschiedenen Eingaben stellen allerdings auch sein Bundesamt vor besondere Herausforderungen. Zunächst müssen die Gesuche vergleichbar gemacht werden. Die SBB reichte einen Businessplan für das gesamte Netz ein, während die BLS Erfolgsrechnungen für die einzelnen Linien erstellte. Auch die beantragte Konzessionsdauer unterscheidet sich stark. Es brauche daher eine vertiefte Datenlage, sagte Regula Herrmann, Leiterin der Sektion Personenverkehr im BAV.

Auch gilt abzuklären, für welche Dauer die Konzessionen vergeben werden sollen. Bis zum Fahrplanwechsel 2017 war dies nicht zu schaffen – zumal es sich bei beiden Eingaben um rechtsgültige, prüfenswerte Gesuche handelt, die eine vertiefte Abklärung nötig machen, wie Füglistaler erklärte. Daher bleibt vorerst alles beim Alten. Der Personenfernverkehr verbleibt für die nächsten zwei Jahre in der alleinigen Zuständigkeit der SBB. Je nach Entscheid des BAV wird dieses Regime nach dem Fahrplanwechsel im Dezember 2019 weitergeführt, oder aber die BLS übernimmt ein Stück des Kuchens.

Kurze Fristen
Die Kriterien für die Vergabe seien im Gesetz festgelegt, betonte Herrmann. Im Vordergrund steht der Kundennutzen. Auch die öffentliche Hand müsse profitieren, und das gesamte System des öffentlichen Verkehrs müsse vorwärts gebracht werden. In diesem Rahmen hat der Bund einen gewissen Ermessensspielraum, welche Bahn die Konzession für eine bestimmte Linie erhält.

Allerdings hat sich das geltende Regelwerk der neuen Konkurrenzsituation nicht ganz gewachsen gezeigt. Das gilt vor allem bezüglich der Fristen. Eingaben können bis drei Monate vor dem Fahrplanwechsel gemacht werden. Das reicht unter Umständen nicht aus, um den Betrieb auf einer Strecke umzustellen. Die BLS hatte denn auch um eine schrittweise Übernahme der Linien ersucht. Laut Herrmann gilt es nun abzuklären, ob allenfalls das Gesetz oder die Verordnung angepasst werden müssen.

BLS: «Entscheid erlaubt keine weiteren Verzögerungen»
Das Bahnunternehmen BLS unterstützt den Entschied des Bundesamtes für Verkehr, erst im kommenden Sommer über eine Neuvergabe von Fernverkehrslinien zu entscheiden. Dieses Vorgehen erlaube allerdings keine weiteren Verzögerungen, gibt die BLS zu bedenken.Um ihren Wiedereinstieg ins Fernverkehrsgeschäft aufzugleisen, bräuchte die BLS nach eigenen Angaben vom Montag nämlich anderthalb Jahre Zeit. Vor rund zehn Jahren übernahm die SBB den gesamten Fernverkehr, die BLS konzentrierte sich auf den Regionalverkehr. Nun möchte die Berner Privatbahn wieder ins Fernverkehrsgeschäft einsteigen. Sie hat für fünf Linien ein Konzessionsgesuch gestellt.

Die SBB bedauerte, dass das Bundesamt für Verkehr nicht bis Anfang Dezember materiell in der Sache entscheidet. Seit zehn Jahren sei bekannt, dass die Fernverkehrskonzession Ende 2017 auslaufen werde, schreiben die SBB-Verantwortlichen in einer Mitteilung.Bei einer verzögerten Erneuerung der Konzession sei die Rechts- und Investitionssicherheit nicht mehr gewährleistet. Die SBB verweist in diesem Zusammenhang auf die von ihr für mehr als drei Milliarden Franken bestellten Fernverkehrszüge, die dereinst während mindestens 25 Jahren ihren Dienst tun sollten.

Vorerst nicht möglich sei nun auch die Integration einzelner Regionalverkehrslinien in den Fernverkehr, hält die SBB weiter fest. Damit würden Bund und Kantone als Besteller nicht um mehrere Millionen Franken pro Jahr entlastet.Den Fern- und Regionalverkehr will die SBB ab Fahrplanwechsel 2017 in gewohnter Weise weiterführen respektive ausbauen. Ab dem Fahrplanwechsel ist beispielsweise ein neuer Zug für Ausflügler von Basel/Luzern durch den Gotthardtunnel nach Locarno geplant.Die SBB betont in ihrer Mitteilung, weiterhin für Gespräche offen zu sein – auch für ein Kooperationsmodell mit der BLS.

Gewerkschaft hofft auf Einigung
Die Gewerkschaft des Verkehrspersonals (SEV) hofft indessen darauf, dass sich SBB und BLS bis im kommenden Sommer doch noch einigen können. Bis im Juli 2018 bleibe den beiden Bahnunternehmen genügend Zeit für eine einvernehmliche Lösung.Das Schweizer Bahnsystem verdanke seinen Erfolg nämlich der Kooperation.

«Der Wettbewerb kann diesem System nur schaden», wird SEV-Präsident Giorgio Tuti in einer Mitteilung vom Montag zitiert.Eine Aufteilung der Fernverkehrskonzession hätte negative Folgen, denn sie würde das Interesse all jener Unternehmen wecken, die im Fernverkehr nur profitable Linien betreiben wollen. (sda/og)