Sichtlich stolz führt der umtriebige Christian Müller über die Baustelle am Berner Flughafen in Belp. «Hier kommt eine Show-Patisserie hin, da das Restaurant mit offener Küche und dort hinten unser Mieter Harley Davidson.» Um die 30 Zimmer wird das Flughafenhotel bieten, wenn es im Mai 2023 eröffnet.

Mit 6,5 Millionen Franken rechnet Müller für den Umbau. Oder besser: Mit 6,5 Millionen hat er ursprünglich gerechnet. Denn mit dem russischen Einmarsch in die Ukraine und den Sanktionen ist Bauen teurer geworden. Der Fensterbauer habe ihm eben gesagt, dass die Preise ab April 15 Prozent aufschlügen, weil Glas teurer geworden sei. Glücklicherweise habe er gerade noch im März bestellen können. «Ich will doch nicht, dass der Umbau plötzlich eine Million mehr kostet.»

Das bestehende Gebäude will Müller, der sich nicht nur im Bau-, sondern auch im Gastgewerbe bestens auskennt, um einen Holzaufbau erhöhen. Doch der Rohstoff hat sich um 200 Franken pro Kubikmeter verteuert. Und in Prozent? Er ruft den Holzbauer an: Das sei ein Plus von ungefähr 40 Prozent, schätzt dieser. Da schluckt sogar Müller kurz mal leer.

Unterbrochene Lieferketten sorgen für Verzögerungen
Am heftigsten aber schlägt Metall auf. Armierungseisen sind auf einmal doppelt so teuer wie noch vor kurzem. Auch der Nickelpreis habe sich vervielfacht, sagt Reto Hugentobler, Geschäftsführer der Hugentobler Schweizer Kochsysteme AG. Die Preise für Küchengeräte seien in den letzten zwei Jahren zwischen 5 und 15 Prozent gestiegen, und der Ukraine-Krieg habe die Problematik der Teuerung noch verschärft.

Seitlich am Berner Flughafenhotel soll ein Stahlbau entstehen. Der Rohbau werde zwischen 30 und 50 Prozent teurer, schätzt der zuständige Architekt Peter Kohler. Immerhin sei die Lage nicht ganz so schlimm wie im Wallis, wo zusätzlich die Bautätigkeit von Lonza so viele Ressourcen blockiere, dass die Gesamtkosten für einen Neubau um 30 bis 50 Prozent gestiegen seien.

Auch die Weisse Arena Gruppe warnte unlängst: «Holz, Stahl, Kunststoffe und technische Spezialteile sind nur noch schwer oder sehr teuer erhältlich. Aus dieser Situation ergeben sich zusätzliche Risiken für kritische Bauverzögerungen und drastische Kostensteigerungen.» Ein grösseres Problem als die Preise ist für Peter Aeschlimann, Marketingleiter beim Baumaterialhändler HGC, die «teilweise stark limitierte Verfügbarkeit von Bauprodukten aufgrund unterbrochener Lieferketten durch Corona und den Krieg».

Trotz aller Herausforderungen steht für Müller ausser Frage: «Ich würde das Hotel wieder kaufen.»

Früh bestellen und immer wieder nachfragen

Christian Müller ist ein erfahrener Bauherr. Was rät er in diesem Umfeld? Ein Tipp: frühzeitig bestellen. Zwar stehen auf dem Gebäude erst die Bauprofile – die Fotovoltaik-Anlage, die dereinst auf dem Dach installiert wird, hat Müller aber schon vorbestellt. Er ist sich auch nicht zu schade, Bauteile wiederzuverwenden: Aus einem Restaurant hat er eine praktisch neue Küche ausgebaut. Teile davon sollen im Hotel eingebaut zu werden. Das sei gut für die Umwelt und fürs Budget. Nicht zuletzt müsse man sich regelmässig bei den Baufirmen erkundigen. So hat Müller noch rechtzeitig erfahren, dass Glas teurer geworden ist und der Fensterbauer die Preise anheben wird.

Steigende Energiepreise haben weitreichende Folgen
Der Ukraine-Krieg sorgt aber nicht nur bei Neu- oder Umbauten für steigende Preise. Auch die Betriebskosten steigen. In aller Munde sind derzeit die hohen Energiepreise. Laut einer Umfrage von HotellerieSuisse werden in der Schweiz rund ein Viertel der Hotels mit Gas beheizt. Weitere 40 Prozent heizen mit Öl.

Aber auch Betriebe, die nicht mit fossilen Brennstoffen heizen, bekommen die gestiegenen Energiepreise zu spüren. Mehrere Zulieferer sagen auf Anfrage, dass sich wegen der teuren Energie auch die Herstellung und der Transport verschiedenster Güter verteuerten. Das Staatssekretariat für Wirtschaft hat Mitte März die Teuerungserwartung für das laufende Jahr leicht nach oben korrigiert. Im internationalen Vergleich bleibt die prognostizierte Inflation allerdings tief.

Optimieren hilft, Energiekosten zu sparen

Dass die Energiepreise gestiegen sind, bekommen Hotels vor allem beim Heizen zu spüren. Wer hier kurzfristig sparen will, dem sei eine Betriebsoptimierung empfohlen. «Ein Klassiker ist, dass die Systemtemperatur der Heizung viel zu hoch eingestellt ist. Da verpufft sozusagen Energie zum Kamin raus», sagt Martin Hofer, Geschäftsführer des Beratungsunternehmens Wattelse. Auch die Lüftungen böten meistens erhebliches Optimierungspotenzial. Beim Gas könne es sich zudem lohnen, die abonnierte Leistung zu überprüfen. Auch die sei nicht selten zu hoch angesetzt und generiere damit unnötig hohe Fixkosten. Mit einer Optimierung lasse sich der Ölverbrauch um 15 bis 20 Prozent senken, so Hofer.

Nicht nur Getreide aus Russland und der Ukraine wird teurer
Für das Gastgewerbe relevant ist speziell auch die Teuerung bei den Lebensmitteln. «Die aktuellen Ereignisse in der Ukraine haben die globalen Märkte geschockt», heisst es dazu im aktuellen Marktausblick von Amis, dem Agrarmarkt-Informationssystem der G-20-Staaten. Die Krise komme zu einem Zeitpunkt, zu dem die Lebensmittelmärkte bereits mit steigenden Preisen und den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie zu kämpfen hätten.

«Der Russland-Ukraine-Krieg führt zu einem Preisanstieg bei Rohstoffen», teilt auch Christine Strahm, Sprecherin des Zulieferers Transgourmet, mit. Für Produkte wie pflanzliche Öle und Getreide sind die Ukraine und Russland wichtige Herkunftsländer. Auch wenn die Schweiz Weizen, Mais und Raps nur in bescheidenen Mengen aus Russland und der Ukraine beziehe, sei man hier trotzdem von Preiserhöhungen betroffen, da für diese Agrarprodukte die Preise auf dem Weltmarkt sprunghaft angestiegen seien, so Strahm.

Das Angebot anpassen, statt zu hamstern

Für Gastrozulieferer wie Saviva stehe derzeit die Verfügbarkeit im Zentrum, sagt Geschäftsführerin Lena Steiner. Dafür nehme man gewisse Preisanstiege in Kauf – auch wenn man darum bemüht sei, im Austausch mit den Beschaffungsmärkten und den Lieferanten die Kunden davor zu schützen. Steiner rechnet aktuell damit, dass die Verwerfungen am Markt zwei bis drei Jahre andauern werden. Wie also reagieren? Vor Hamsterkäufen rät Transgourmet-Sprecherin Christine Strahm ab, weil sonst eine «selektive Warenknappheit entstehen könnte». Stattdessen rät sie der Gastronomie, ihr Angebot zu analysieren und gegebenenfalls anzupassen. Erste Gastronomen haben zudem bereits ihrerseits die Preise erhöht.

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