Corippo mit seinen bloss 13 Einwohnern ist nicht nur die kleinste autonome Gemeinde der Schweiz, sondern auch ein architektonisches Juwel. Der ganze Dorfkern steht unter Denkmalschutz; er wurde 1975 im Europäischen Jahr für Denkmalpflege und Heimatschutz als beispielhaft ausgezeichnet. Doch wie viele pittoreske Bergdörfer hat auch diese Gemeinde im Tessiner Verzascatal mit Abwanderung zu kämpfen.

Just die Stiftung «Corippo 1975» hat sich zum Ziel gesetzt, die historische Siedlung nicht nur zu erhalten, sondern auch zu revitalisieren. Der Stiftungsrat hat ein Gesamtprojekt vorgelegt, das soziökonomische, landwirtschaftliche, touristische und gastronomische Ziele miteinander verbindet. Zum Gesamtprojekt gehört auch die Schaffung eines «nachhaltigen Nischentourismus».

Die Stiftung hat die Dorfbeiz erworben, genauso wie zehn Wohnhäuserim alten Kern. Zwei wurden als Erstwohnsitze instandgesetzt und vermietet. In den anderen acht Häusern sollen nun elf Hotelzimmer eingerichtet werden. «Zimmer mit einem heute gültigen Standard mit Bad und WC», fügt Fabio Giacomazzi als Stiftungspräsident an. Die örtliche Osteria, die soeben unter neuer Leitung wiedereröffnet wurde, soll in dieser, über das ganze Dorf verstreuten Herberge als Réception fungieren, aber auch als gemeinsamer Speisesaal.

«Es ist doch schade, dass hier so viele Häuser leer stehen», sagt Claire Amstutz, die gemeinsam mit dem Ehepaar Gabriela und Markus Baumann eine GmbH gegründet hat und die Dorfbeiz betreibt. Allerdings müssen noch einige finanzielle Mittel aufgetrieben werden, um das Gesamtprojekt umzusetzen, auch wenn der Kanton Tessin Unterstützung zugesagt hat. Rund 1,2 von 3 Millionen Franken für die erste Umsetzungsphase müssen noch gefunden werden. Das Gesamtprojektbeinhaltet auch die Wiederherstellung von Baudenkmälern wie der Dorfmühle.

Sollte das «Albergo diffuso» verwirklicht werden, wäre es das erste Projekt seiner Art in der Schweiz. In Italien gibt es bereits rund hundert solche Hotels und eine nationale Vereinigung, welche das Label vergibt. Wie Giancarlo Dall’Ara als Präsident derentsprechenden internationalen Vereinigung am Radio RSI erklärte, geht es bei dieser Art von Tourismus nicht in erster Linie um die klassischen Feriengäste, die mal für zwei Nächte eine Unterkunft im Tal suchen: «Es geht auch um Personen, die einmal für einen Monat in einer vollkommen anderen Umgebung und eingebettet in den jeweiligen Ort mit deren Einwohnern leben wollen.»

Gerhard Lob