Für die Studie zur Schweizer Hotellerie 2015: «Tourismusstandort Schweiz – Quo Vadis?» fragte Deloitte bei 32 Schweizer Hotelbetrieben aus dem Luxus- und Mittelklassesegment – im Wesentlichen im Bereich der Ferienhotellerie –, nach. Die Umfrage wurde im 4. Quartal 2014 sowie im 1. und 2. Quartal 2015 durchgeführt. Es ist die erste Studie dieser Art und basiert auf persönlichen Gesprächen mit Eigentümern und Managern, wie das Prüfungs- und Beratungsunternehmen schreibt.
Grosses Wachstumspotenzial im Gesundheitstourismus
Bei der Befragung stellte sich heraus, dass nur ein Viertel der Hotels im vergangenen Jahr ihre Erwartungen betreffend Umsatz und Gästezahlen übertreffen konnten. Knapp 80 Prozent der befragten Hoteliers schätzen die Entwicklung der Schweizer Hotellerie in den nächsten zwei bis drei Jahren negativ ein.
Ein zentraler Trend und eine Wachstumschance für die Schweizer Hotellerie ist das steigende Interesse der Reisenden am Gesundheitstourismus, sowohl an medizinischen Dienstleistungen und am Wellnesstourismus. Karine Szegedi, Partner Consumer Business für Deloitte in der Schweiz: «Rund 15 Prozent der befragten Hotelbetriebe planen den Ausbau von Aktivitäten im Bereich des Gesundheitstourismus. Dabei sehen sie sich jedoch mit einigen Herausforderungen wie beispielsweise dem Mangel an Fachpersonal sowie den bestehenden Arbeits- und Hygienevorgaben konfrontiert.»
Als grösster Treiber des (medizinischen) Gesundheitstourismus wurde bei den Befragten die Rehabilitation nach Operationen genannt. Ebenfalls wichtig ist der Wellnessbereich. «Die Vorbereitung auf einen medizinischen Eingriff und die Rehabilitation generieren, zusammen mit den Übernachtungen der Begleitpersonen, eine zunehmende touristische Wertschöpfung», sagt Christoph Juen, CEO von hotellerieusisse dazu. Der Unternehmerverband hat diesbezüglich die Spezialisierungskategorie «Medical Wellness» neu geschaffen.
Zunehmende Bedeutung von E-Commerce
Des Weiteren hält die Studie fest, dass über 90 Prozent der Befragten die eigene Hotel-Webseite als zentrales Instrument der Kundeninteraktion sehen. Als wichtigster Multiplikator werden mit über 70 Prozent Reisebüros genannt, wobei die Relevanz stark vom Herkunftsland des Kunden abhängt.
Über 50 Prozent der befragten Hoteliers stufen Online-Reiseportale als wichtigen Distributionskanal ein.
Schwieriger Zugang zu Finanzmitteln
Die Auswertungen ergaben ausserdem, dass für knapp 80 Prozent der Studienteilnehmenden, der Zugang zu Fremdfinanzierung durch Banken als schwierig eingestuft wird.
Entsprechend nutzt der Grossteil der befragten Hotels die Innenfinanzierung, beispielsweise durch einbehaltene Gewinne und Abschreibungen. Privat-Investoren spielen insbesondere im Luxussegment eine grosse Rolle, wenn es um die schnelle und kurzfristige Bereitstellung der Finanzmittel geht.
Zunehmender Regulierungsdruck
Als eine erschwerende Rahmenbedingung nennen die Umfrageteilnehmenden die hohe Regulierungsdichte in der Schweiz. Diese erfordert eine hohe Aufmerksamkeit des Managements. So wurde von rund 61 Prozent der Landes-Gesamtarbeitsvertrag für das Gastgewerbe genannt, der nach Meinung der Hoteliers zu wenig Flexibilität bei Gehältern und Löhnen zulässt, um auf plötzliche Marktänderungen reagieren zu können.
Die Mehrwertsteuer gilt ebenfalls als komplex und zeitaufwändig. Die Verlängerung des Sondersatzes wird von der Mehrheit als essentiell beurteilt.
Der Fachkräftemangel stellt die Hoteliers bereits heute vor eine Herausforderung. Einige der befragten Personen gehen davon aus, dass die Annahme der Masseneinwanderungsinitiative im Februar 2014 diesen Zustand noch akzentuieren könnte. Bei allen Befragten wird eine grosse Mehrheit des Personals aus dem naheliegenden Ausland innerhalb der Europäischen Union rekrutiert.
«Generation Y» immer wichtiger
Aufgrund der Rückmeldungen und Auswertungen kamen die Analysten zum Schluss, dass für die Schweizer Hotellerie wesentliche Massnahmen nötig sind, um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können.
Dazu gehören ein attraktives Dienstleistungsangebot mit exzellentem Service, ein zielgerichtetes Marketing mit Fokus auf Kundenbindungssysteme und Social Media Präsenz. Letzteres wollen die Studienteilnehmer auch weiterhin verbessern. «Aufgefallen ist hingegen, dass den meisten Hotels eine klare Strategie fehlt, um die immer wichtiger werdende ‹Generation Y› abzuholen», so Stefan Lagana, Leiter Hospitality Industry von Deloitte in der Schweiz.
Eine eher untergeordnete Rolle spielen Preisnachlässe. Diese würden laut Studienführer zumeist indirekt mittels Packages oder Spezialarrangements angeboten. (htr/npa)