Die Schweizerische Nationalbank (SNB) erhöht den sogenannten SNB-Leitzins um 0,50 Prozentpunkte auf -0,25 Prozent. Er bleibt damit zwar noch immer im negativen Bereich. Doch auch dies könnte bald Geschichte sein.

Es sei nicht auszuschliessen, dass in absehbarer Zukunft weitere Zinserhöhungen nötig werden, betonte die SNB am Donnerstag an ihrer geldpolitischen Lagebeurteilung.

Angst vor Zweitrundeneffekten
«Die straffere Geldpolitik soll verhindern, dass die Inflation in der Schweiz breiter auf Waren und Dienstleistungen übergreift», begründete SNB-Präsident Thomas Jordan den Schritt. Denn es gebe inzwischen Anzeichen dafür, dass sie auch auf Angebote übergreife, «die nicht direkt vom Krieg in der Ukraine und den Pandemiefolgen betroffen sind».

Preiserhöhungen würden heute rascher weitergegeben und auch einfacher akzeptiert, als dies noch bis vor kurzem der Fall gewesen sei. Vor allem das Risiko für sogenannte Zweitrundeneffekte sei gestiegen.

Unter Zweitrundeneffekten versteht man Preiserhöhungen als Reaktion auf vorangegangene Kostensteigerungen. Sie treten also etwa dann auf, wenn in Folge einer gestiegenen Inflation höhere Löhne vereinbart werden.

Inflation schwächt sich leicht ab
Zur Erinnerung: Im Mai war die Inflationsrate in der Schweiz auf 2,9 Prozent geklettert. Bekanntlich peilt die SNB eine Inflation von höchstens 2 Prozent an.

Die SNB geht davon aus, dass sich die Inflationsdynamik in der Schweiz nach der heute kommunizierten Zinserhöhung wieder etwas abschwächen wird. Zunächst gehen die Währungshüter für 2022 aber von einer durchschnittlichen Jahresteuerung von 2,8 Prozent aus.

Der Höhepunkt der Inflation wird laut der SNB dabei im dritten Quartal mit 3,2 Prozent erreicht. Danach soll sie sich allmählich abschwächen. Für das Gesamtjahr 2023 wird ein Wert von 1,9 Prozent, für 2024 von 1,6 Prozent vorhergesagt. Ohne die heutige Zinserhöhung läge die Inflationsprognose aber deutlich höher, betonte Jordan.

Franken nicht mehr hoch bewertet
Die Notenbank betonte ausserdem ihre Absicht, bei Bedarf weiterhin am Devisenmarkt zu intervenieren. Sie hält den Schweizer Franken aber nicht mehr für hoch bewertet. In der Folge brachten die Währungshüter erstmals seit Einführung des Euro-Mindestkurses im Jahr 2011 auch den Verkauf von Devisen ins Spiel.

«Würde sich der Franken abschwächen, würden wir auch Devisenverkäufe erwägen», sagte Jordan. Die SNB sitzt auf einem gewaltigen Berg an Devisenreserven - angehäuft während der Verteidigung des 2015 aufgegebenen Euro-Mindestkurses und danach zur Schwächung des Franken.

«Emanzipation von EZB»
Die allermeisten Ökonomen hatten im Vorfeld einen Zinsschritt der SNB erst nach einem entsprechenden Schritt der EZB erwartet. In ersten Kommentaren kommt der Schritt aber gut an. Es ist von einer «Wende der Schweizer Geldpolitik» die Rede.

«Die SNB hat sich damit emanzipiert», meinte ein Ökonom. «Dies macht aber einmal mehr deutlich, wie sehr die EZB im Hintertreffen ist.»

An den Finanzmärkten sorgte die Überraschung der SNB für markante Bewegungen. Der Franken wurden gegenüber dem Euro und Dollar deutlich stärker. Der Aktien-Leitindex SMI rauschte dagegen in die Tiefe. Höhere Zinsen gelten als Gift für die Aktienmärkte. (awp/sda/nde)