Werner Bernet, Sie sind seit über 
40 Jahren im Tourismus tätig. Was bleibt Ihnen von dieser Zeit beruflich als Highlight in Erinnerung?

Viele interessante und bereichernde Begegnungen mit wertvollen Personen. Aus einer geschäftlichen Beziehung wurde oft eine Partnerschaft, später eine Seilschaft und sogar eine Freundschaft.

Was waren die grössten Herausforderungen zum Beginn Ihrer Karriere?

Sich als junger Kurdirektor (27) in Wildhaus zu behaupten gegenüber «Dorfkönigen» (meist Hoteliers!) und den Ferienort als professionelles Unternehmen «Wildhaus» zu positionieren.

Sie waren während sieben Jahren Verwaltungsratspräsident der Volkshaus AG. Was hat Sie zum Rücktritt bewogen?

Vor sieben Jahren hatte das Hotel Bern Schulden von 16,3 Millionen Franken. Ich bin als Verwaltungsratspräsident angetreten mit dem Auftrag, die Volkshaus AG finanziell zu sanieren und fit zu machen für künftige Investitionen. Heute steht in der Bilanz: 0 Franken Schulden und ein Cashflow von 3,5 Millionen Franken. Mit einem super Team habe ich meinen Auftrag erfüllt, und mein Nachfolger soll diese Chance nutzen.

Beim Hotel Bern sind 
demnächst grössere Investitionen geplant. Mit was 
für Neuerungen ist zu rechnen?

Der Verwaltungsrat hat an meiner letzten Sitzung einen Baukredit von 
32 Millionen Franken beschlossen für die Sanierung aller 99 Zimmer, Vergrösserung der Réception und Lounge, Erneuerung der Küche, Angebotserweiterung um sechs Hotelzimmer und zwei Longstay-Rooms sowie den Bau einer Dachterrasse mit Bar als zusätzlicher USP.

Sie sind weiterhin ehrenamtlich tätig als Tourismusexperte bei der Schweizer Berghilfe und dem Stiftungsrat «Ferien im Baudenkmal». Haben Sie noch weitere Projekte für die Zukunft geplant?

Für die Berghilfe und für die Stiftung «Ferien im Baudenkmal» zu arbeiten, macht Spass und ist eine äusserst dankbare Tätigkeit. Zudem habe ich einige Anfragen aus dem Tourismus, die von meiner Erfahrung profitieren möchten.

Zur Person
Werner Bernet studierte an der HSG St. Gallen Betriebswirtschaft mit der Fachrichtung Fremdenverkehr. Ab 1974 war er Kurdirektor in Wildhaus und Geschäftsführer der Werbe­gemeinschaft Obertoggenburg. Ab 1984 arbeitete der gebürtige St. Galler als stv. Direktor und Leiter der Abtei-
lung «Reka-Ferien» bei der Schweizer Reisekasse, ab 1997 bis 2011 übernahm er dort die Direktion. Im Jahr 2004 wurde das Lebenswerk von Werner Bernet mit dem Tourismuspreis MILESTONE gewürdigt. Nach langjähriger Tätigkeit im Verwaltungsrat des Hotels Bern und des Hotels Freienhof in Thun gibt der 68-Jährige nun beide Ämter als Präsident an Corrado Pardini ab.

Was zeichnet einen guten Touristiker aus?

Ein guter Touristiker ist primär ein Teamplayer, und kein Blender. 
Deren gibt es zur Genüge in unserer Branche.

Mit welcher historischen Person würden Sie gerne Nachtessen?

Ich lebe in der Gegenwart und gebe nicht so viel auf historische Personen. Ein Nachtessen mit dem portugiesischen Mitarbeiter, welcher «der Mann für alles» im Hotel Bern ist, macht mehr Spass … Mit einer St. Galler Bratwurst und Kartoffelsalat.

Wenn Sie als Gast ein Hotel­zimmer betreten, worauf achten Sie am meisten?

Für mich ist die «Software» wichtig: der Empfang, die Betreuung und die Dienstleistungsbereitschaft. Kurz: die Seele im Hotel! Auf meiner Bike-Tour vor zwei Wochen habe ich in Einsiedeln, in Willisau, in Langnau und in Thun ebendiese Seele allerorts bestens erlebt. Kompliment für die Hotellerie!

Was darf auf keinen Fall fehlen, wenn Sie auf Reisen gehen?

Ganz simpel: Zahnbürste und Lippenpflegestift.

Was war Ihr grösster Fehlentscheid?

Die meisten Fehler im Management passieren meines Erachtens bei der Anstellung von Mitarbeitenden. 
Ist auch mir einige Male passiert.

Wie erholen Sie sich nach einem anstrengenden Tag?

Mit einer Biketour entlang der Aare; nicht vergiftet, sondern gemütlich mit meinem Trekking-Bike.

Hätten Sie gern einmal ein Jahr frei? Was würden Sie dann machen?

Mit einem Camper einfach losfahren, im Gepäck Zahnbürste und Lippen­pflegestift.

Welche besondere Fähigkeit würden Sie gerne beherrschen – und warum?

Ich «beherrsche» einige Fremdsprachen, aber keine perfekt. Sich sattelfest auszudrücken und fehlerfrei zu schreiben in einer fremden Sprache, quasi bilingue, wäre ein Challenge. [IMG 2]

Was bringt Sie auf die Palme?

Wenn betriebs- und finanzwirtschaftlich gut aufgestellte Projekte mit ideologischen und politischen Argumenten gekillt werden.

Wem würden Sie gerne einmal Ihre Meinung sagen?

Wenn es nicht passt, sage ich jedem/jeder meine Meinung … Wobei ich als Touristiker gelernt habe, diese Meinung diplomatisch auszudrücken.

Wen bewundern Sie und warum?

Als Reka-Direktor und mit dem Reka-Angebot «Ferienhilfe für einkommensschwache Familien» habe ich alleinerziehende Mütter sehr bewundert, die mit ihren Kindern und mit (sehr) wenig Geld glücklich, zufrieden und strahlend sind.

Was wollten Sie als Kind einmal werden?

Mein Vater war Architekt, und dieser Beruf hat mich fasziniert. Auch als Betriebswirt, als Reka-Direktor und Verwaltungsratspräsident vom Hotel Bern und «Freienhof» Thun liess mich die Bauerei nicht los, und ich durfte 
als Projektleiter einige neue Reka-­Feriendörfer entwickeln und aktiv die Erneuerung der beiden Hotels mitgestalten. Spannende Aufgaben!

Was empfinden Sie als stillos?

Arroganz, Besserwisserei, Machtspiele und Dummheit, gepaart mit Frechheit.

Welchen Jugendstreich vergessen Sie nie?

Zusammen mit meinem eineiigen Zwillingsbruder haben wir oft viele Menschen in die Irre geführt und «veräppelt».

Welches Buch/Lektüre liegt bei Ihnen auf dem Nachttisch?

Ich bin kein Bücherwurm, auf meinem Nachttisch liegt meist ein ungelesener, interessanter Zeitungsartikel.

Was möchten Sie unbedingt noch erleben?

Ganz simpel: einen romantischen, wunderbaren Sonnenuntergang auf der neuen Dachterrasse des Hotels Bern, die im Februar 2020 eröffnet.

 

htr/og