Bisher hatten Sicherheitsbedenken das Parlament davon abgehalten, das seit über 50 Jahren geltende Verbot aufzuheben. Für die Mehrheit im Parlament wiegt nun aber die Wettbewerbsfreiheit schwerer. Ihrer Ansicht nach werden Autobahnraststätten heute diskriminiert, da auch in Restaurants an Autobahnauffahrten Alkohol angeboten wird.

Es gebe keinen Grund, am Verbot festzuhalten, sagte Kommissionssprecher Werner Hösli (SVP/GL) am Mittwoch in der kleinen Kammer. «Schon heute kommen Autofahrer relativ leicht an Alkohol.» Das Verbot vermittle eine Scheinsicherheit. Dagegen verwehre es Mitreisenden die Möglichkeit, «ein Bierchen mit Alkohol» oder ein Glas Wein zu konsumieren.

Eine Minderheit im Rat lehnte die Motion ab. Die geltende Regelung habe sich bewährt. Der Anreiz für Automobilisten, Alkohol zu konsumieren, müsse aus Sicherheitsüberlegungen möglichst klein gehalten werden, argumentierte Claude Hêche (SP/JU).

Bundesrat unterstützt Anliegen
Der Bundesrat unterstützte die Motion. Das Verbot habe seit der Einführung vor 50 Jahre gute Dienste geleistet, sei aber nicht mehr zeitgemäss, sagte Verkehrsministerin Doris Leuthard. Weil sich der Umgang mit Alkohol geändert habe, spiele dessen Verfügbarkeit keine wesentliche Rolle mehr.

hotelleriesuisse und Parahotellerie Schweiz befürworten die Aufhebung des Verbots ebenso wie der Bundesrat. Hotels und Autobahnraststätten würden heute längst nicht mehr nur Autofahrer beherbergen. Rund ein Drittel der Gäste seien nämlich Busreisende, argumentieren die Verbände.

Die Beratungsstelle für Unfallverhütung (bfu) hingegen warnt vor eine Aufhebung des Verbots. Dank diesem seien Autobahnen heute relativ sicher. Die Schweizer Suchtorganisationen riefen das Parlament ebenfalls dazu auf, am Verbot festzuhalten. Ihrer Ansicht nach ist die eingeschränkte Verfügbarkeit eine der wirksamsten Präventionsmassnahmen.

Verbot seit 1964
Das Alkoholausschankverbot auf Autobahnraststätten war 1964 zusammen mit der Promillegrenze eingeführt worden. 1982 erlaubte die Waadtländer Regierung überraschend dem Betreiber der Autobahnraststätte der A9 in Yvorne (VD), während einer einjährigen Versuchsphase Bier und Wein auszuschenken. Die Gäste mussten allerdings eine Hauptmahlzeit zu sich nehmen, um alkoholische Getränke konsumieren zu dürfen.

Einen Rekurs des Eidgenössischen Departements des Innern (EDI) schmetterte die Waadtländer Regierung noch im selben Jahr ab.

Probleme mit dem Alkoholausschank schien es tatsächlich keine zu geben. Einen Monat nach der Einführung des Alkoholausschanks sagte Leo Egloff, Generaldirektor der Silberkugel AG, die damals für die A9-Raststätte zuständig war, dass lediglich ein Viertel der Gäste, die eine Hauptmahlzeit konsumierten, Wein bestellt hätte.

Trotzdem untersagte das Bundesgericht auf Beschwerde des EDI hin den Alkoholkonsum wieder. Die allgemeine Gesetzgebungskompetenz des Bundes auf dem Gebiet der Nationalstrassen beziehe sich nicht nur auf den Bau und Unterhalt von Nebenanlagen wie Raststätten, sondern auch auf deren Betrieb, urteilte das höchste Schweizer Gericht am 24. Juni 1983. Es hob die Waadtländer Bewilligung für den Alkoholausschank wieder auf. (sda/htr/npa)