Im Kampf gegen die Ausbreitung der Coronavirus-Pandemie hat der Bundesrat am Freitag ein Massnahmenpaket von 32 Milliarden Franken geschnürt. Es enthält schnelle Liquiditätshilfen für die Wirtschaft. Zudem gibt es einen Zahlungsaufschub für Sozialversicherungsbeiträge.

Besonders kleine und mittlere Unternehmen verfügen wegen Nachfrageeinbruch oder Schliessung in der nächsten Zeit über wenig liquide Mittel. Die Landesregierung will ihnen mit einer Liquiditätshilfe von 20 Milliarden rasch beispringen und Härtefälle vermeiden, wie Wirtschaftsminister Guy Parmelin am Freitag vor den Bundeshausmedien sagte. Das soll eine Pleite grundsätzlich solventer Betriebe verhindern.

Finanzminister Ueli Maurer sagte, das System sei ganz einfach. Wer als Unternehmer Geld brauche, gehe zur Bank. Innerhalb einer halben Stunde komme man zu Geld. Laufen soll das System ab Donnerstag kommender Woche. Die Verordnung sei bereit.

Tempo ist alles
Konkret erfolgt die Unterstützung mittels unkomplizierten Überbrückungskrediten. Betroffene Unternehmen sollen rasch Kredite in einer Maximalhöhe von 10 Prozent ihres Umsatzes oder von höchstens 20 Millionen Franken erhalten.

Die Banken sollen bis zu 500'000 Franken sofort auszahlen, wofür der Bund voll bürgen will. Darüber hinaus gehende Beträge will der Bund zu 85 Prozent garantieren, wobei er eine kurze Bankprüfung voraussetzt.

Mit den Kreditbeträgen bis zu 500'000 Franken sollte nach Ansicht des Bundesrats 90 Prozent der von der Covid-19-Krankheit betroffenen Unternehmen im Land geholfen sein.

Der Bundesrat rechnet damit, dass über dieses Gefäss Überbrückungskredite von bis zu 20 Milliarden Franken vom Bund garantiert werden können. Den entsprechenden dringlichen Verpflichtungskredit legt die Regierung der Finanzdelegation der Eidgenössischen Räte in den nächsten Tagen vor. Die Verordnung folgt kommende Woche.

Sozialversicherungsbeiträge stunden
Den von der Krise betroffenen Unternehmen will der Bundesrat bei den Beiträgen für die Sozialversicherungen einen vorübergehenden und zinslosen Zahlungsaufschub gewähren. Die Unternehmen haben zudem die Möglichkeit, die regelmässigen Akontobeiträge an die AHV/IV/EO/ALV anpassen zu lassen, wenn die Summe ihrer Löhne wesentlich gesunken ist. Dasselbe gilt für Selbstständige, deren Umsätze eingebrochen sind.

Für Steuerzahlungen plant die Regierung einen Liquiditätspuffer und und erstreckte Zahlungsfristen ohne Verzugszins. Dazu sinkt der Zinssatz für Mehrwertsteuer, Zölle, besondere Verbrauchssteuer und Lenkungsabgaben in der Zeit vom 21. März 2020 Ende 2020 auf 0 Prozent. Für die direkte Bundessteuer wird der Verzugszins ab 1. März bis Ende Jahr ausgesetzt.

Bund zahlt Rechnungen schnell
Schliesslich hat die Eidgenössische Finanzverwaltung die Verwaltungseinheiten des Bundes angewiesen, Rechnungen rasch zu prüfen, so schnell wie möglich zu bezahlen und die Zahlungsfristen nicht auszunützen.

Schuldnerinnen und Schuldner dürfen vom Donnerstag, 19. März, bis zum 4. April landesweit nicht betrieben werden. Den entsprechenden so genannten Rechtsstillstand im Betreibungswesen ordnete der Bundesrat am Donnerstag an.

[IMG 2]Mit 20 Milliarden Franken greift der Bundesrat Unternehmen mit Liquiditätsproblemen unter die Arme. Zu diesem Zweck wird ein Garantieprogramm aufgegleist. Neu haben auch befristet Angestellte und Temporärarbeitende Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung. Das Verfahren wird vereinfacht.

Zudem will der Bundesrat auch Selbstständigerwerbende und Kulturschaffende unterstützen. Für den Sport stellt er 100 Millionen Franken zur Verfügung.

Wirtschaftsminister Guy Parmelin an der Medienkonferenz: «Hilfe kommt. Wir sind mit ganzer Kraft daran, in kurzer Frist angemessene Unterstüzung zu bieten.»

Massnahmen für Hotels, Tourismus und Regionalpolitik
Auch der Schweizer Tourismus soll unterstützt werden. Im Zusammenhang mit der Medienkonferenz hat das Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung eine Auflistung der wirtschaftlichen Massnahmen publiziert.

Wie Guy Parmelin an der Medienkonferenz ausführt, würden im Rahmen der tourismuspolitischen Förderinstrumente bereits seit Februar 2020 Sofortmassnahmen umgesetzt. Im Vordergrund stehen dabei Informations- und Beratungsaktivitäten sowie Massnahmen zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen.

Der Bund will seine Unterstützung verstärken, indem er auf die Rückzahlung des Restbestandes des Ende 2019 ausgelaufenen Zusatzdarlehens an die Schweizerische Gesellschaft für Hotelkredit (SGH) verzichtet. Damit stehen der SGH zusätzliche 5,5 Millionen Franken für Darlehen zur rückwirkenden Finanzierung von Investitionen von Hotels und im allgemeinen Beherbergungsbetrieben, welche diese in den vergangenen zwei Jahren aus dem Cash-Flow finanziert haben, zur Verfügung.

Im Rahmen der Regionalpolitik sind zurzeit Bundesdarlehen in der Höhe von rund 530 Mio. Franken in Projekte investiert, davon rund 60 Prozent im Tourismusbereich.

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Die Administration der Bundesdarlehen ist gesetzlich den Kantonen übertragen. Um die Liquidität der Darlehensnehmer zu stärken, erlaubt der Bund den Kantonen, die Stundungsmöglichkeiten flexibler zu handhaben. Dadurch kann kurzfristig insbesondere auch der Bergbahnsektor unterstützt werden, da hier die Amortisationen oft nach der Wintersaison fällig sind.

Diese Massnahmen beschliesst der Bundesrat nicht im Alleingang. Der nächste Schritt sei nun der Einbezug des Parlaments. Die Finanzdelegation der Eidgenössischen Räte (FinDel) soll Anfang nächster Woche darüber befinden. Ziel sei es, die Beschäftigung zu erhalten, Löhne zu sichern und Selbständige aufzufangen.

An der Medienkonferenz gab Gesundheitsminister Alain Berset ausserdem bekannt, dass die Landesregierung (noch) auf eine allgemeine Ausgangssperre für die Schweiz verzichtet werde. Um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen, will er vorerst die Kontaktregeln verschärfen.

Bei Versammlungen von unter fünf Personen ist gegenüber anderen Personen ein Abstand von mindestens zwei Metern einzuhalten. Die Polizei kann bei Nichteinhaltung eine Busse von 100 Franken gegen alle Beteiligten aussprechen. (mehr dazu hier).

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