«Die Konsequenzen wären enorm», sagte Gesundheitsminister Alain Berset am Montag vor den Medien in Bern. Bei der Abstimmung am 13. Juni gehe es um nichts weniger als die Existenz von vielen Unternehmern, Selbstständigen und Arbeitnehmenden. Würde das Covid-19-Gesetz abgelehnt, würde das wichtigste Instrument der sozialen und wirtschaftlichen Pandemie-Bekämpfung ausser Kraft gesetzt, sagte auch Bundespräsident und Wirtschaftsminister Guy Parmelin. «Ein Nein würde Arbeitsplätze gefährden und Firmen in den Konkurs treiben», so Parmelin.

Die Wirtschaftshilfen auf andere Weise weiterzuführen, würde laut dem Bundesrat und den Kantonen Monate kosten. «Es wäre eine Periode der Unsicherheit für die Unternehmen, die Arbeitnehmenden und die Schweiz», sagte Parmelin.

Notrecht «behutsam eingesetzt»
Das vom Parlament im vergangenen September verabschiedete Covid-19-Gesetz bildet die Grundlage dafür, dass von der Corona-Krise betroffene Menschen und Unternehmen sowie die Kultur, der Sport und die Medien während der Pandemie finanziell unterstützt werden können. Diese Finanzhilfen wurden vom Parlament dringlich in Kraft gesetzt.

Dagegen kam ein Referendum zustande. Der Verein «Freunde der Verfassung» und dessen Unterstützer wollen damit verhindern, dass notrechtliche Kompetenzen des Bundesrats während der Pandemie nachträglich legitimiert werden. Zudem verleihe das Gesetz dem Bundesrat zu viel Macht, argumentieren sie.

Das lässt der Bundesrat nicht gelten. Das Gesetz sei im dafür vorgesehenen demokratischen Verfahren entstanden, sagte Parmelin. Davor, im Frühling 2020, habe der Bundesrat Notrecht anwenden müssen – «Recht, das explizit von der Mehrheit der Bevölkerung so gewollt wurde und das der Bundesrat behutsam eingesetzt habe».

Das Schweizer Stimmvolk sagte im September 2013 Ja zum revidierten Epidemiengesetz, das dem Bundesrat in «ausserordentlichen Lagen»
die Kompetenz gibt, gestützt auf die Verfassung Notrecht anzuwenden. Der Bundesrat wehrt sich gegen den Vorwurf, die Kantone und die Sozialpartner übergangen zu haben. «Der Bundesrat musste im Frühling rasch reagieren, um die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen und die Wirtschaft zu unterstützen», sagte Parmelin.

Kein Einfluss auf Eindämmungsmassnahmen
Er verstehe die Wut und die Ungeduld in Teilen der Bevölkerung an den bestehenden drastischen Corona-Massnahmen, hielt der Bundespräsident fest. «Nicht alle sind zufrieden mit uns», gab auch Gesundheitsminister Berset unumwunden zu. Jedoch gehe es bei der Abstimmung nicht um eine Beliebtheitsumfrage des Bundesrats, sondern um ein wichtiges Wirtschaftsgesetz.

Lehnt die Stimmbevölkerung die Vorlage ab, würde diese laut dem Bundesrat schon im September 2021 ausser Kraft treten. Damit würde die Grundlage für die meisten Finanzhilfen drei Monate früher wegfallen als geplant. Ohne Covid-Gesetz gäbe es auch keine Grundlage für die Übernahme der Testkosten oder zur Schaffung eines Impfzertifikats mehr, sagte Berset. Solche Bestimmungen dürften gemäss Verfassung auch nicht per Notrecht wiedereingeführt werden.

Keinen Einfluss hat die Abstimmung am 13. Juni dagegen auf die Möglichkeiten des Bundesrats, die Ausbreitung der Pandemie weiterhin mit Massnahmen zu bekämpfen. Der Bundesrat könnte also weiterhin Läden und Restaurants schliessen oder Veranstaltungen verbieten, wenn es die epidemiologische Lage erfordern würde. «Ein Nein würde nichts ändern an den gesundheitspolitischen Massnahmen, weil sich diese auf das Epidemiengesetz stützen», sagte Berset.

«Worst-case-Szenario» verhindern
Die Kantone, welche die führende Rolle im Vollzug der Finanzhilfen haben, warnen ebenfalls vor einem Nein zum Covid-Gesetz. Der Bündner Regierungsrat Christian Rathgeb, Präsident der Konferenz der Kantonsregierungen (KdK), sprach von einem «Worst-case-Szenario», weil damit der «zentrale Pfeiler unserer Krisenbewältigung» wegfallen würde.

Wer das Gesetz aufgrund der Skepsis gegenüber den Corona-Massnahmen ablehne, bestrafe die Falschen, sagte Rathgeb weiter. Dem Bundesrat einen «Denkzettel» verpassen zu wollen, sei völlig falsch. «Abstimmungen sind keine Stimmungsbarometer und sollten nicht dazu dienen, Dampf abzulassen», so Rathgeb.

Menschen und Unternehmen in Not bräuchten konkrete finanzielle Unterstützung, gab Rathgeb zu bedenken. Bei einem Nein würden die Kantone alleine dastehen. Sie könnten den Ausfall der wegfallenden Bundesgelder nicht kompensieren, was unweigerlich negative Folgen für die Unternehmen hätte. (sda)