«Es geht mir gut, ich bin wach», witzelte er am Dienstag zu Beginn der Medienkonferenz vor der Bundeshauspresse. Es waren nicht die einzigen Lacher, die er an der Veranstaltung einheimste. So heiter und entspannt hatten die Journalisten Schneider-Ammann während acht Jahren im Amt nur selten erlebt.

In den letzten Wochen hatten sie von Aussetzern und Nickerchen während Sitzungen berichtet. Schneider-Ammann nutzte die Gelegenheit, seine Sicht der Dinge klarzustellen: Auf Auslandsreisen hätten die Journalisten, die ihn begleiteten, oft vor ihm geschlafen, scherzte er. Er habe viel gearbeitet. «Ab und zu bin ich müde. Aber ich weiss wenigstens, weshalb.»

«Wir werden nicht jünger»
Auch die Anfeindungen von Bauern und Gewerkschaftern oder die Kritik wegen Kriegsmaterialexporten hätten nichts mit dem vorzeitigen Rücktritt zu tun. Stattdessen führte Schneider-Ammann seine Frau ins Feld: «Wir werden nicht jünger», sagte der 66-Jährige. Nach acht Jahren müsse es möglich sein, sich zu befreien.

Er habe sich schon mit der Kandidatur schwer getan. Nach der Wahl habe er geplant, nach der ersten vollen Legislatur abzutreten. Dann habe er aber so viel Spass an der Tätigkeit bekommen, dass er es nicht habe lassen können, für eine weitere Legislaturperiode anzutreten. Nun wolle er ein «aktiver Grossvater» werden und möglicherweise wieder eine unternehmerische Tätigkeit aufnehmen.

Ein kleines Paradies
Mit seiner Arbeit ist Schneider-Ammann im Rückblick zufrieden. Die Schweiz sei wirtschaftlich stark unterwegs, die Arbeitslosigkeit sei praktisch nicht existent, die Schweiz gelte als höchst innovativ. «In einer solchen Situation geht man als Unternehmer und auch als Politiker etwas leichter vom Posten weg.»

In der Digitalisierung habe er ein neues Zeitalter eingeläutet, sagte Schneider-Ammann. Demnächst eröffnet der Bundesrat die Vernehmlassung zur Agrarpolitik nach 2022. Auch die nächste Botschaft für Bildung, Forschung und Innovation wird bald freigegeben. Das Freihandelsabkommen mit Indonesien steht kurz vor dem Abschluss. Weitere Verhandlungen sind laut Schneider-Ammann weit fortgeschritten.

«Wir sind ein kleines Land, ein fittes Land, ein sozialpartnerschaftlich gebautes Land, ein Milizland.» Das seien Werte, um die die Schweiz beneidet werde. Diesen gelte es Sorge zu tragen. «La suisse est le petit paradis», sagte Schneider-Ammann.

Vorgezogener Rücktritt
Ursprünglich wollte Schneider-Ammann seinen Rücktritt erst am Freitag bekannt geben. Nachdem die Medien schon gestern über den bevorstehenden Rücktritt berichtet hatten, zog er die Ankündigung vor. Er habe seiner Frau auch am Schluss nicht zumuten wollen, zu lügen.

Seine Familie hatte Schneider-Ammann nach eigenen Angaben am Sonntag eingeweiht. Auch der Bundesrat und die FDP wurden informiert. Die Partei habe sich gewünscht, dass er noch einige Monate im Amt bleibe, sagte Schneider-Ammann. Dem Wunsch habe er nicht entsprochen. Eine Bundesratswahl mitten im Wahlkampf hätte der FDP viel Aufmerksamkeit gesichert. Aus diesem Grund ist das Vorgehen unüblich.

Zuletzt wurde der ungewöhnlich heitere Magistrat dann doch noch etwas düster. Er sei argwöhnisch geworden, antwortete er auf die Frage, wie er sich in seiner Amtszeit verändert habe. In der Politik drohe das Vertrauen zu leiden, man müsse es sich immer wieder bewusst in Erinnerung rufen.

sda