Herr Nationalrat, Sie sind Vize-Präsident der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete (SAB) und Beirat des Schweizer Tourismusverbands. Wie schätzen Sie den Zustand des Schweizer Tourismus ein?

Die Branche hat ihre Hausaufgaben gemacht und hat nach fast 10 Jahren Rückgängen bei den Logiernächten aus eigener Kraft wieder den Weg in eine positive Entwicklung gefunden. Meines Erachtens leistet die Branche eine hervorragende Arbeit. Dies habe ich diesen Sommer mehrmals persönlich erlebt. Trotzdem steht der Schweizer Tourismus vor grossen Herausforderungen. Die Konkurrenz schläft nicht. [IMG 1]

Wo sehen Sie die Herausforderungen für den Schweizer Tourismus in den nächsten 10 Jahren?

Die Währung, die Wirtschaft, die geopolitischen Unsicherheiten und der Konkurrenzdruck werden den Tourismus in Zukunft stark herausfordern. Die Schweiz muss sich im harten Wettbewerb behaupten und sich international selbstbewusst bemerkbar machen. Auf der anderen Seite wird der Gast immer anspruchsvoller. Das Angebot muss immer besser werden und der Preis sollte im Idealfall günstiger werden. Wir brauchen Investitionen, Innovationen, Einzigartigkeit, Authentizität und Gastfreundschaft.

Angesichts des wieder stärker werdenden Frankens könnte dem Tourismus wieder eine Abkühlung drohen. Wie hoch schätzen Sie derzeit die Gefahr ein und was wäre Ihrer Meinung nach zum Schutz des Tourismus zu tun?

Ein starker Franken hat immer Einfluss auf den Tourismus. Unsere Hauptmärkte sind und bleiben die Schweiz und Europa. Trotzdem ist es wichtig, dass wir auch andere Märkte bedienen. Ein ausgewogener Gästemix ist entscheidend und stärkt den Tourismus gegen Ausreisser und Unsicherheiten der einzelnen Märkte. Die Schweiz ist ein einzigartiges Land. Vielen Menschen werden unser Land sehen wollen. So bin ich für den Tourismus zuversichtlich.

Welche Empfehlungen haben Sie an die Branche?

Wir müssen authentisch und einzigartig sein. Mainstream ist nicht gefragt. Wir sprechen viel über Kooperationen. Wir müssen diese leben und weiterentwickeln. Ich wünsche mir mehr gelebte Zusammenarbeit und Herzblut für unser einzigartiges viersprachiges Tourismusland Schweiz. Keine Schweizer Destination, Region, oder Stadt und kein Hotel oder keine Bahn kann nämlich den Weltmarkt im Alleingang erobern.

Die Tourismusbranche fordert im Rahmen der Standortförderung 2020–2023 mehr Mittel für das Landesmarketing. Besonders die Rückgewinnung der europäischen Gäste soll stärker forciert werden. Unterstützen Sie die Forderung?

Natürlich unterstütze ich diese Forderung. Leider hat eine Mehrheit des Parlaments gegen eine Aufstockung des Landesmarketings gestimmt. Das ist schwer verständlich, wenn man weiss, dass jede siebte Logiernacht von Schweiz Tourismus beeinflusst wird oder anders gesagt, jeder ausgegebene Franken für dieses Marketing einen 29-fachen Umsatz im Tourismus generiert. Jeder Franken, den der Bund via Schweiz Tourismus ins Landesmarketing investiert, nützt ganz direkt der Branche.

Der Bundesrat möchte im Rahmen von Innotour weniger Mittel für innovative Projekte als in den letzten vier Jahren sprechen. Wie stehen Sie dazu?

Überall ist zu hören, dass der Tourismus innovativer und einzigartiger werden muss. Dies ist nur mit neuen Projekten und Angeboten möglich. Genau solche will Innotour fördern. Ich verlange nicht mehr Geld für dieses Förderprogramm, aber meines Erachtens gibt es keinen Grund, die Mittel für innovative Projekte für die nächsten vier Jahre zu kürzen. (Samuel Bangerter)