Im Auftrag von HotellerieSuisse hat das Institut für Tourismus der Fachhochschule Westschweiz Wallis (HES-SO Valais-Wallis) unter der Leitung von Roland Schegg zwischen Januar und Februar 2022 die Schweizer Hotelièren und Hoteliers zu ihren Vertriebskanälen befragt.

Aufgrund der Coronavirus-Pandemie hat sich der Gästemix in der Hotellerie verändert: mehr Schweizer Gäste – weniger Gäste aus den Fernmärkten. Dies spiegelt sich auch in der Zunahme von Direktbuchungen bei Hotels (Telefon, Walk-In, E-Mail, eigene Webseite) um 5,5 Prozentpunkte von 2019 auf 2021, da dieser Weg der Buchung bei inländischen Gästen verbreiteter ist.

Dabei gingen 44 Prozent der Hotelbuchungen über Online-Kanäle ein. Auffallend ist dabei die Zunahme der Buchungen über die Webseiten der Hotels um knapp 4 Prozentpunkte seit 2019.

Gleichzeitig nahm aber auch der Vertrieb über Online-Plattformen (OTA) wieder zu. Dabei hat Booking.com die Nase vorne. Die 1996 gegründete Buchungsplattform mit Sitz in Amsterdam hat sich als dominanter Akteur weiter etabliert. Dies mit einem Marktanteil von 77,7 Prozent im Vergleich zu 72,5 Prozent im Jahr 2020.


Zusammenfassung

  • Direkte Buchungskanäle (Telefon, Fax, Walk-ins, E-Mail, Formular oder Buchungssystem auf der eigenen Website) sind mit 63 % der Logiernächte weiterhin die wichtigsten Verkaufsschienen der Schweizer Hotellerie und haben im Jahr 2021 im Vergleich zum Vorpandemiejahr 2019 um 5,5 Prozentpunkte zugenommen. Das Wachstum der Direktbuchungen erklärt sich einerseits durch die pandemiebedingte Veränderung der Gästestruktur (hoher Anteil an Schweizer Gästen, wenig Gäste aus Fernmärkten, wenig Geschäftstourismus) und andererseits durch ein erhöhtes Bedürfnis der Reisenden nach direkten Kontakten und Informationen seitens der Hotels. Via E-Mail (19.1 %) und Telefon (18.2 %) werden daher immer noch am meisten Logiernächte generiert. Auch die anhaltende Zunahme der Echtzeitbuchung über die Website mit Verfügbarkeitsprüfung um knapp 4 Prozentpunkte ist auffallend – 2019: 9.9 % → 2020: 13.8 % und 2021: 14.1 %.

  • Buchungen über traditionelle touristische Partner (Tourismusverbände, Reisebüros) haben hingegen nur noch einen geringen Anteil (6.8 %) und sind seit 16 Jahren rückläufig, wobei der Prozess schleichend voranschreitet. Reisebüros und Tour Operators, welche mit internationalen Gästen arbeiten, litten 2020 und 2021 sehr stark unter der Pandemie und den Reisebeschränkungen. Dies erklärt auch den starken Einbruch dieses Vertriebskanals zwischen 2019 (5 %) und 2020 (2.9 %) respektive 2021 (2.2 %).

  • Elektronischer Vertrieb nahm zu: Insgesamt wurden 43.6 % der Logiernächte in Echtzeit über Online- Kanäle (Online Travel Agency OTA, Internet Booking Engine des Hotels IBE, GDS, CRS der Hotelketten, Social Media) generiert. Dies bedeutet eine Zunahme von rund 3 Prozentpunkten im Vergleich zum Vorpandemiejahr 2019 (40.7 %). Die Online-Buchungsportale (OTA) machten nach wie vor den grössten Anteil aus (28.1 %) und haben nach dem leichten pandemiebedingten Einbruch 2020 schon fast wieder das Niveau von 2019 erreicht (28.6 %).

  • Booking Holding gewinnt trotz Pandemie Marktanteile in der Schweiz, dafür verlieren Expedia und HRS: Im Jahr 2018 machten die Booking Holding, Expedia und HRS zusammen 94 % des Marktes für Online- Reiseplattformen (OTA) aus. Im Jahr 2019 haben die drei grössten Anbieter in der Schweiz 1.3 Prozentpunkte Marktanteil des OTA-Marktes verloren (92.7 %), 2020 sank der Anteil weiter auf 90.7 % und im Jahr 2021 stieg er wieder auf 92.7%. Auffallend ist hier die dominierende Rolle der Booking Holding mit einem relativen Marktanteil von 77.7 % (im Vergleich zu 72.5 % im Jahr 2020) und der recht markante Rückgang von Expedia (14.6 % im Jahr 2020 auf 11.8% im Jahr 2021). HRS setzt den seit Jahren zu beobachtenden Rückgang fort und wies 2021 noch einen relativen Marktanteil von 3.1 % auf (2020 lag er bei 3.6 % und 2019 bei 5 %).


Die Schweizer Hotellerie erlebte demnach in den Pandemiejahren 2020 und 2021 eine Bi-Polarisierung der Vertriebskanäle (Direktkanäle versus Online-Plattformen) mit einer Stärkung der Direktkanäle und einer Stabilisierung der OTA-Kanäle bei gleichzeitiger Erosion aller anderen Vermittler. Es ist zu erwarten, dass die OTAs nach der Pandemie weitere Marktanteile gewinnen und sich der Trend aus der Zeit vor der Pandemie fortsetzen wird.

Dieser Trend dürfte sich laut Studienverfasser fortsetzen und akzentuieren. Mit der Rückkehr der Gäste aus den Fernmärkten, auf welche die Branche für die Post-Pandemie Zeit hofft, werden allerdings die Plattformen weiter Rückenwind erhalten. Obwohl die Schweizer Hotelièren und Hoteliers ihre Hausaufgaben im Bereich Digitalisierung durchaus gemacht haben, wie die Zunahme bei den Direktbuchungen zeigt.

Hotellerie sieht sich gegenüber den Plattformen benachteiligt
Die zu beobachtende Bi-Polarisierung der Buchungskanäle bringt aber auch Unbehagen mit sich. Rund 90 Prozent der befragten Hotelièren und Hoteliers beurteilen die Praxis der Online-Plattformen, ohne Rücksprache jederzeit Preise unterbieten zu können, als sehr unfair. Insbesondere kleine und mittlere Betriebe sind den Plattformen stärker ausgeliefert, wie die Studie weiter aufzeigt.[RELATED]

Zudem minimiert die dominante Stellung der Hotelbuchungsplattform Booking.com die Marktanteile der wenigen verbliebenen Konkurrenten, was die Abhängigkeit der Betriebe von diesem einen Anbieter zusätzlich verstärkt hat. Die Studie steht somit im Einklang mit anderen Studien zum Thema und stützt die verbreiteten Befürchtungen innerhalb der Branche, dass die Marktsituation bei den Plattformen Innovationskraft und Wettbewerb im digitalen Raum verhindert.(htr/npa)

Lex Booking: Verbot für sämtliche Paritätsklauseln
Am Dienstag (8. März) debattiert der Nationalrat zur sogenannten Lex Booking. Diese sieht eine Anpassung im Bundesgesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) und ein Verbot der sogenannten Preisparitätsklauseln vor.

Den Hotelièren und Hoteliers greift Gesetz zu wenig weit. Für die Branche ist es essenziell, dass sämtliche Paritäten verboten werden. Nicht nur die vom Bundesrat vorgeschlagenen Paritätsklauseln von Preisen, sondern auch die Verfügbarkeits- und Konditionenparitätsbestimmungen der OTAs. Diese sind in den Nachbarländern bereits untersagt, was zu einem Wettbewerbsnachteil in der Schweiz sorgt.  Im Ausland zeigt sich:  Ein Verbot aller Paritätsklauseln bringt eine Stärkung des Wettbewerbs, echte Preissetzungsfreiheit für die Hoteliers und am Ende bessere Preise und Angebote für die Konsumenten.