Die Bestimmungen der Schweizerischen Gesellschaft für Hotelkredit (SGH) sind klar: Sie vergibt Darlehen nur an Betriebe, die sich in klassischen Tourismusdestinationen befinden. Hotels in den Städten befinden sich ausserhalb ihres Förderperimeters. «Ich verstehe das bis heute nicht», sagt der Basler Hotelier Raphael Wyniger und fügt an: «Warum sollten Hotels in der Stadt nicht ebenso unterstützt werden wie Hotels in den Bergen?»

«Warum sollen Hotels in der Stadt nicht ebenso unterstützt werden?»
Raphael Wyniger, Besitzer und Betreiber des Hotel Teufelhof in Basel

Als er vor 13 Jahren den «Teufelhof» in Basel kaufen wollte, sah es in Bezug auf die Finanzierung schlecht aus. «Es war sehr schwierig, zu einem Kredit zu kommen», sagt der Hotelier. Die SGH wäre für ihn eine tolle Kreditgeberin gewesen, doch weil sich sein Hotel in der Stadt befindet, hatte er keine Chance.

Die Stadthotellerie hat sich noch lange nicht von der Corona-Krise erholt. Den Tiefpunkt erreichte sie im April 2020 mit einem Minus von 91 Prozent im Vergleich zu 2019. 2022 waren es im April nur noch 12 Prozent weniger. 2020 hatten die Städte insgesamt 57 Prozent weniger Logiernächte, im vergangenen Jahr noch immer 29 Prozent weniger als 2019.

Und bei den Banken werden Hotels oft als riskante Objekte eingestuft. Wyniger hatte dann aber Glück: «Dank persönlicher Beziehungen erhielt ich schliesslich doch noch eine Finanzierungsmöglichkeit.»

Hartnäckiger Einsatz für die Stadthotels
Wyniger fand, diese Bestimmungen zum Förderperimeter müssten politisch angegangen werden. Er gewann 2011 Nationalrat Peter Malama für sein Anliegen, der die Motion «Darlehen auch für Hotelleriebetriebe in den Städten» einreichte. Das Geschäft war chancenlos.

In der Corona-Krise hatte der Basler Hotelier mehr Glück. 2021 kontaktierte er HotellerieSuisse. «Ich ging mit meinem Anliegen auf den Verband zu und stiess auf offene Ohren», erinnert er sich mit Freude. Die Sache kam ins Rollen.

«Die Einschränkung des Förderperimeters ist eine Ungerechtigkeit, die ich schon seit 20 Jahren bemängle!»
Guglielmo Brentel, Präsident von Zürich Tourismus

Im Februar 2022 wurde die Motion «Gleich lange Spiesse für städtische Individualbetriebe in der Hotellerie» von der nationalrätlichen Kommission für Wirtschaft und Abgaben eingereicht und der Bundesrat beauftragt, den Förderperimeter der SGH auf die gesamte Schweiz auszuweiten und die Institution mit den nötigen Ressourcen auszurüsten.

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Derzeit können nur Fremdenverkehrsorte Darlehen beantragen, weil sie unter starken saisonalen Schwankungen leiden und der Tourismus ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor ist. «Die Einschränkung des Förderperimeters ist überhaupt nicht mehr zeitgemäss. Der Tourismus ist auch in Städten ein wichtiger Wirtschaftszweig. Und auch wir spüren saisonale Schwankungen», sagt Guglielmo Brentel, Präsident von Zürich Tourismus.

Tourismuszonen für die Städte
Die Städte sind im Nachteil gegenüber vielen touristischen Destinationen in den Bergen, wo Tourismuszonen und Sonntagsverkauf möglich sind. In einem Appell an den Bundesrat fordern die Kantone Zürich, Luzern und Tessin sowie die Tourismusorganisationen von Genf und Zürich, dass in Städten und grossen Ortschaften Tourismuszonen ermöglicht werden und das Arbeitsgesetz mit der dazugehörigen Verordnung dementsprechend ergänzt wird. Damit Städte touristisch attraktiv seien, brauche es belebte Zentren: Dazu zählten auch Einkaufsmöglichkeiten am Sonntag. Eine Analyse der Arbeitsgruppe «Belebung Innenstädte» unter der Leitung von Guglielmo Brentel (Zürich Tourismus) und Adrien Genier (Genève Tourisme) zeigt, dass viele Städte grosse Anstrengungen unternommen haben, die Innenstädte attraktiver zu gestalten. Der stationäre Detailhandel werde aber vom Internethandel regelrecht verdrängt. Mit der Flexibilisierung der Ladenöffnungszeiten könne das Einkaufserlebnis neu positioniert werden und die Schweizer Städte auch gegenüber europäischen Destinationen an Attraktivität gewinnen.

«Die Einschränkung des Förderperimeters ist eine Ungerechtigkeit, die ich schon seit 20 Jahren bemängle!» Denn es sei irrelevant, wo ein Hotel stehe: «Entweder unterstützt man die Hotellerie, oder man unterstützt sie nicht.»

Dass die Stadthotellerie nach der Corona-Pandemie unbedingt bessere Rahmenbedingungen braucht, findet auch die Vorsteherin der Zürcher Volkswirtschaftsdirektion Carmen Walker Späh: «Die Stadthotels sind die grossen Verlierer der Corona-Krise.»

Gute Argumente, grosse Unterstützung
«Die Branche ist sich in diesem Anliegen einig: Auch die Hotelièren und Hoteliers aus ländlichen Gebieten unterstützen uns», sagt Wyniger. Wichtig dabei: Es sollen nur Schweizer Individualbetriebe und keine Hotelketten vom Fördertopf profitieren können.

Der Nationalrat hat in der Sommersession den Vorstoss zur Aufhebung des Förderperimeters mit 129 Ja-Stimmen klar angenommen. Der Bundesrat empfahl die Ablehnung, weil «Beherbergungsbetriebe in den Städten einfacher Fremdkapital aufnehmen können als in den alpinen und ländlichen Regionen».

Doch spätestens seit Corona sieht es für viele städtische Betriebe anders aus. «Die Kreditbereitschaft für städtische Hotels ist gesunken», sagt Blerta Ramphos von HotellerieSuisse. «Die Anforderungen, um ein Darlehen zu erhalten, sind merklich gestiegen.»

Die Valiant Bank in Bern sagt zwar, dass sie keine branchenspezifischen Risikokategorien führe, es aber für von Corona betroffene Geschäftsmodelle sicher schwieriger geworden sei.

Es ist gut möglich, dass die Motion schon in der Herbstsession im September vom Ständerat behandelt wird. «Seit Corona sind die Städte im Fokus. Sie haben in der Tourismuspolitik zurzeit Priorität», sagt Richard Kämpf vom Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco). Das Amt hat ein grosses Interesse daran, dass es mit dem Geschäft zügig vorwärtsgeht. Derzeit werden die gesetzlichen Grundlagen der SGH revidiert, diese sollen bis nächsten Sommer ausgearbeitet sein. «Wir sind froh, wenn dann keine politischen Geschäfte mehr hängig sind, welche die SGH betreffen.» HotellerieSuisse will mit der Lobbyarbeit dafür sorgen, dass die Ausweitung des Förderperimeters auch vom Ständerat klar angenommen wird.[RELATED]