Wie lässt sich der Wintertourismus in den nächsten Jahren erfolgreich vermarkten? Diese Frage stellte sich Schweiz Tourismus (ST) und liess gemeinsam mit den Seilbahnen Schweiz, Avenir Suisse und der Universität St. Gallen eine Winteranalyse durchführen, welche nun veröffentlicht wurde. Aus der Analyse lassen sich zehn Chancen ableiten, die es jetzt von der Branche anzupacken gelte, schreibt ST in einer entsprechenden Medienmitteilung. 

Städtetrips, Strandferien, Kreuzfahrten: Die Konkurrenz zu den klassischen Winterferien ist gross. Hinzu kommen veränderte Gästebedürfnisse und ein allgemeiner gesellschaftlicher Wandel. Das führt zumindest in der westlichen Gesellschaft zu einem schrumpfenden Wintersportmarkt. Die Bedürfnisse und der gesellschaftliche Wandel bergen aber auch Chancen für die hiesigen Wintertouristiker. Diese zehn Chancen sowie daraus abgeleiteten Lösungsansätze und Empfehlungen finden sich in der neu publizierten Winteranalyse von ST.

Chancen in reale Produkte und Angebote umsetzen
«Die Kernerkenntnisse und Chancen verstehen wir als eine direkte Handlungsempfehlung für die ganze Schweizer Tourismusbranche», so ST-Direktor Martin Nydegger. «Schweiz Tourismus kann Initiativen zwar anstossen, aber die eigentliche Umsetzung muss über die touristischen Leistungsträger erfolgen.» Davon ist auch Maurice Rapin, Leiter Bereich Tourismus & Mitgliederservice bei den Seilbahnen Schweiz überzeugt: «Mit der Winteranalyse konnten Herausforderungen und Chancen aufgezeigt werden. Aber nur die Bergbahnen und die touristischen Leistungsträger selbst können diese in Angebote für den Gast umsetzen. Jede Bahn muss für sich genau anschauen, was sinnvoll ist und was in das Destinationskonzept passt. Und dann gilt es: Umsetzen!»

Die Winteranalyse basiert zu einem Teil auf einer Nachfrageanalyse von der Universität St. Gallen. Sie hat unter anderem die Bedeutung von Winterferien und Wintersport in der Gesellschaft untersucht und warum sich Gäste für oder gegen Winterferien entscheiden. «Eine unserer Thesen zu den entscheidenden Faktoren für Winterferien ist, dass man mit einem überzeugenden Angebot aufwarten muss, um Gäste für den Wintertourismus zu gewinnen. Reine Kommunikationsmassnahmen zeigen wenig Wirkung», erläutert Studienverfasser Prof. Dr. Pietro Beritelli von der Universität St. Gallen.

Den zweiten Teil steuerte Avenir Suisse, ausgehend von Megatrends, mit fünf Zukunftsszenarien für den alpinen Wintertourismus bei. Ob eher die positiven oder negativen Zukunftsszenarien Wirklichkeit werden, hängt stark davon ab, wie gross die Bereitschaft der Branche ist, die Zukunft des Wintertourismus aktiv mitzugestalten und zu beeinflussen.Ergänzend zu den beiden Studien erarbeiteten ST und die Seilbahnen Schweiz basierend auf vorhandenen Zahlen, Fakten und Studien die Grundlagen für die Analyse. Die Nachfrageanalyse, die Zukunftsszenarien und Grundlagen wurden schliesslich im Rahmen eines Workshops mit Vertretern aus der Tourismusbranche reflektiert. (htr/og)

Die gesamte Winteranalyse von Schweiz Tourismus kann hier angeschaut werden.


Die 10 Chancen für den Wintertourismus

  • Parents Matter: Ob ein Kind Skifahren oder Snowboarden lernt und die Sportart Teil seines Lebens wird, hängt primär von den Eltern ab. Es braucht also starke Anreize für die zentrale Zielgruppe Eltern, damit sie ihren Kindern den Einstieg in den Wintersport ermöglichen: Attraktive Kinder- bzw. Familienangebote, die einfach zugänglich und leicht zu kommunizieren sind.
  • Togetherness Rules: Gemeinschaftserlebnisse sind eine wichtige Motivation für Winterferien. Sei es mit der Familie über mehrere Generationen oder mit Freunden – Winterzeit verbringt man gerne in Gruppen. Es lohnt sich also, das Gemeinschaftserlebnis in Angeboten und deren Vermarktung in den Vordergrund zu stellen. Zudem bieten Zweitwohnungsbesitzer ungenutztes Potenzial, um neue Gäste zu gewinnen.
  • A Great Product Is The Best Marketing: Wer Gäste für den Wintertourismus gewinnen will, muss mit einem überzeugenden Angebot aufwarten, denn reine Kommunikationsmassnahmen zeigen wenig Wirkung. Innovative, national koordinierte und einheitliche Produkte – verknüpft mit passenden Kommunikationsmassnahmen – steigern die Nachfrage für Ferien in den alpinen Winterdestinationen.
  • Total Convenience Makes The Total Difference: Wer Ferien macht, will sich möglichst wenig um die Organisation kümmern. Was Anbieter von boomenden Städtereisen und Kreuzfahrten bereits geschafft haben, muss auch im Wintertourismus das Ziel sein: Eine Customer Journey mit unkomplizierten Angeboten, die einfach und digital zu kaufen sind und auf clevere Kooperationen setzen. Dann gewinnt der Wintersport an Attraktivität, vor allem bei der jüngeren Generation.
  • New Markets, New Opportunities: Der Wintersport wird in der Schweiz von einheimischen und europäischen Gästen dominiert, hingegen ist das Potenzial der Fernmärkte noch nicht ausgeschöpft. Die Ostküste der USA ist spannend, da von dort ein Flug in die Schweiz oft kürzer ist als in ein nationales Skigebiet. Für Gäste aus Asien steht nicht primär der Pistensport im Vordergrund, dafür aber der Schnee und das «Winterwunderland» als vielfach noch unbekanntes Erlebnis.
  • Mountain Activity World: Bis jetzt waren Wintertourismus und Wintersport in der Schweiz Synonyme. Doch der Klimawandel macht zumindest in Destinationen unter 1500 Metern ein Umdenken notwendig: Dort muss «der Berg» künftig auch ohne Skisport als touristische Destination und Erlebnisraum existieren. Für tiefer gelegene Destinationen eröffnet die Verschmelzung der Saisons Chancen für 365 Tage Erlebnisse. Richtig aufgestellt ist, wer unabhängig der Schnee- und Wetterlage eine gute Auslastung erreicht.
  • Pass On Your Passion: Best Agers sind eine aktive und finanzstarke Zielgruppe. Sie reisen ausgiebig auch ausserhalb der Spitzentage und halten einen Marktanteil von 20 Prozent. Die Gruppe der Best Agers bleibt so lange wie möglich im Wintersport aktiv und gibt ihre Begeisterung der jüngeren Generation weiter, allenfalls anstelle der Eltern. Zugleich sind sie auch die grössten Liebhaber und damit die besten Promotoren des Wintersports.
  • City = Mountain Hub: Immer mehr Menschen leben in Städten und der Städtetourismus floriert – auch im Winter. Die Schweizer Berge bieten sich als attraktive Naturoase und Naherholungsgebiet der Städte im In- und Ausland an. Tagsüber in die Berge, abends oder auch bei schlechtem Wetter in die Stadt. Die zunehmend grösser werdende Zielgruppe, die in ihrem Leben möglichst viel Abwechslung haben will, wäre damit gut bedient.
  • Snowfall Works. Always: Schneefall und danach herrliches Winterwetter garantiert Hochbetrieb in den Bergen. Dieser Trigger lässt sich durch gezielte Kommunikation verstärken, sogar im Ausland. Gute Verhältnisse auf den Pisten lassen ich über Live-Displays und andere digitale Kanäle noch besser bekanntmachen. Der FOMO-Effekt (Fear of Missing Out) kann mit dem Schneefall und der immer kürzer werdenden Wintersaison voll ausgespielt werden.
  • Make Winter Holidays Sexy Again: Wintersport hat heute bei der jüngeren Generation keinen guten Ruf: Der Sport ist nicht mehr «cool» und geniesst bei Zeit- und Budgetvergabe keine Priorität. Daher braucht es eine Korrektur. Ein cooles Image von Winterferien und Wintersport und eine Portion «Sexiness» begeistert die jüngeren Generationen für den Berg und sorgt somit für mehr Nachwuchs und steigende Besucherzahlen.