Mit Kochbüchern zu Weltruhm, das schaffen nur ganz wenige. Doch auch wenn man nicht Jamie Oliver oder Donna Hay heisst: Ein Kochbuch zu veröffentlichen, scheint für viele Gastronominnen und Gastronomen ein Herzenswunsch zu sein. Oder wie es Heiko Nieder, Sternekoch im «The Dolder Grand», im Interview mit David Schnapp, dem Autor seines Kochbuchs, so schön gesagt hat: «Als Koch denkt man wahrscheinlich darüber schon nach, [ein Kochbuch zu veröffentlichen], sobald die Lehre abgeschlossen ist.»

Die Motive, weshalb Köchinnen und Köche, aber auch immer mal wieder ein Hotelier oder eine Hotelière ein Kochbuch publizieren, sind ganz unterschiedlich. Häufig spielt der persönliche Bezug zum Hotel, zur Küche, zur Region eine zentrale Rolle. Zum Beispiel beim Hotel Privata im Engadiner Ort Sils. Als das Hotel in Familienbesitz letztes Jahr sein 100-Jahr-Jubiläum feierte, wollte die Direktorin, Corina Giovanoli, sich, der Familie und den Gästen ein spezielles Geschenk machen.

Sie überzeugte Bruder und Vater, Gian und Dumeng Giovanoli – beide ausgebildete Köche, der eine mittlerweile professioneller Fotograf, der andere über Jahrzehnte Hoteldirektor und Küchenchef im «Privata» –, ein Buch mit Rezepten, kunstvollen Bildern und interessanten Geschichten über die Region zu machen. Die 1000 Stück der ersten Auflage von «Bap e Figl» seien nach nur vier Wochen ausverkauft gewesen, sagt Fotograf Gian Giovanoli. Das Buch sei mittlerweile in der dritten Auflage erhältlich.

Kochbücher helfen bei der Hotelpositionierung

Kochbuch und Hotel gehen eine Symbiose ein: Einerseits ist das Hotel ein wichtiger Vertriebskanal für das Buch. Jeden Mittwoch kocht das Küchenteam Rezepte aus dem Buch und weckt so das Interesse der Gäste am Kochbuch. Andererseits macht das Buch das Hotel und seine Küche bekannt. So habe seine Schwester einige Essensgäste hinzugewonnen, sagt Gian Giovanoli. Aber: «Es darf auf keinen Fall nach Werbung riechen.»

Obwohl das Buch gemäss Eigenangabe «eine Liebeserklärung an das Engadin» und damit auch beste Werbung für die Region ist, wurde es von den lokalen Tourismusvermarktern nicht finanziell unterstützt. «Wir haben aber auch gar nicht angefragt», räumt Giovanoli ein.

«Es darf auf keinen Fall nach Werbung riechen.»

Gian Giovanoli
Fotograf und Mitherausgeber des Kochbuchs «Bap e Figl», einer «Liebeserklärung an das Engadin»

Es ist offenbar nicht üblich, dass Destinationsorganisationen Kochbücher über die Region finanziell unterstützen, wie die Nachfrage bei verschiedenen Stellen ergeben hat. «Wir haben noch keine solchen Anfragen erhalten», heisst es stellvertretend bei Luzern Tourismus. Dabei wäre a) die Organisation nicht abgeneigt, zu unterstützen: «Wir würden auf jeden Fall mit Know-how unterstützen», teilt Sibylle Gerardi, Leiterin der Unternehmenskommunikation, mit. Und b) kann ein Kochbuch für eine Region durchaus wertvolle Werbung sein, weshalb einige Tourismusbüros, etwa jenes der Region Schwarzwald, eigene Kochbücher herausgegeben haben oder regionale Kochbücher auf der eigenen Website vermarkten, beispielsweise Sils das erwähnte «Bap e Figl».

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Der Marketingeffekt von Kochbüchern wird unterschiedlich beurteilt. Aus dem Grand Resort Bad Ragaz, dessen Spitzenkoch Sven Wassmer soeben das Buch «Meine Alpenküche» veröffentlicht hat, heisst es dazu, es sei schwierig abzuschätzen, ob wegen der Publikation direkt Buchungen entstünden. Aber: «Die Schweizer Alpenküche von Sven Wassmer wird durch das Buch potenziell einer grösseren Öffentlichkeit bekannt. Dies kann in Fällen dazu führen, dass das Interesse an einem Besuch im ‹Memories› aufkommt.»

Die Sunstar Swiss Hotel Collection hat ihr Kochbuch derweil bewusst als Marketingmittel eingesetzt. «Wir waren mitten in einer Strategieentwicklung und stellten fest, dass wir die Individualität und die Regionalität der einzelnen Sunstar-Hotels besser hervorheben wollen», sagt Katja Lemmler, Mitglied der Geschäftsleitung und damals zuständig für das Kochbuch-Projekt. Auch sie sagt aber: «Es gibt bessere Wege, an Neukunden zu kommen.»

Viele Vorteile – aber reich zu werden, gehört nicht dazu

Nicht zu unterschätzen ist derweil der Nutzen für die Kundenbindung, wie mehrere Gesprächspartner betonen. Als hochwertiges Geschenk für Stammgäste sind solche Bücher verbreitet. Er höre umgekehrt auch von Stammgästen, sie hätten das Buch in einer Buchhandlung entdeckt und gekauft, sagt Bruno Kernen. Der Hotelier, ehemalige Skirennfahrer und passionierte Jäger aus Schönried hat mit «Jagd» 2019 eine Autobiografie/Kochbuch veröffentlicht.

Anfangs laufen die meisten neuen Kochbücher gut, doch das Interesse daran nimmt in der Regel schon vor Jahresfrist spürbar ab. Reich werde man mit einem Kochbuch nicht, sagen die Befragten. «Wenn ich meinen ganzen Aufwand berücksichtigen würde, rechnet es sich finanziell nicht», sagt Jessica Albrecht, Küchenchefin im Briger Hotel Haus Schönstatt und Autorin von «Choschtgänger», einem Buch über die Walliser Küche und ihre Geschichte. Die Kosten von rund 20 000 Franken hat sie teilweise über ein Crowdfunding finanziert. «Das ist super gelaufen!»

 

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