Wer sich bisher noch nicht registriert hat, kann es sich jetzt noch mal überlegen: Die Frist zur Teilnahme an der europäischen Sammelklage gegen Booking.com ist einmalig um vier Wochen bis zum 29. August verlängert worden. «Zum einen, weil die Anmeldungen nicht abebben», so Markus Luthe, Hauptgeschäftsführer des Hotelverbandes Deutschland (IHA) und Mitglied des Executive Committee von Hotrec Hospitality Europe. «Zum anderen, weil die betriebliche Belastung in vielen touristischen Regionen Europas aktuell sehr hoch ist.» 

Über 500 Hotels beteiligen sich an der Klage
Luthe ist Ansprechpartner für die Kolleginnen und Kollegen der europäischen Mitgliedsverbände – und damit Bindeglied der Branche zur Amsterdamer Stiftung Hotel Claims Alliance, welche die Klage organisiert und für die Hotels in Amsterdam als Klägerin auftritt. Über 10'000 Häuser haben sich auf Mybookingclaim.com bereits angemeldet. Mehr als 30 nationale Verbände sind mit von der Partie.

«Die Resonanz ist jetzt schon mehr als beeindruckend und ganz sicher ein starkes Statement der Entschlossenheit und Geschlossenheit der europäischen Hotellerie», so Luthe. In absoluten Zahlen sind Italien, Deutschland, die Niederlande und Griechenland am stärksten vertreten.

«Setzt man jedoch die Registrierungen in Bezug zur Grösse des Landes, weisen Island, die Niederlande, Liechtenstein und Irland die höchsten Beteiligungen auf.» Auch aus der Schweiz komme ein «kräftiges Echo». Mehr als 500 schweizerische Hotelgesellschaften hätten sich registriert.

Klage soll Aufmerksamkeit in richtige Richtung lenken
Stephan JJ. Maeder, Direktor des Carlton-Europe Vintage Adults Hotel Interlaken, beteiligt sich «im Interesse unserer Branche, meiner Kolleginnen und Kollegen sowie unseres Branchenverbandes» an der Klage. Der finanzielle Schaden durch die Paritätsklauseln bis zu deren Verbot in der Schweiz im 2022 lasse sich nur schwer beziffern, auch wegen der aussergewöhnlichen Bedingungen während der Corona-Pandemie. «Generell war für uns der durch Booking.com verursachte Schaden aber am grössten, da die Plattform die stärkste ist.» 

Neben dem Schadensersatz sieht Maeder einen weiteren Grund, bei der Sammelklage mitzumachen: «Unsere Gäste sollten sich bewusst sein, dass all diese OTA-Systeme auf Kommissionsbasis laufen und es für sie immer am günstigsten ist, direkt im Hotel zu buchen.» Die Klage lenke die Aufmerksamkeit hoffentlich in diese Richtung.

Aktuell hat Maeder keinen Ärger mit Booking.com, der Umsatz über die Plattform nahm 2025 aber ab. Und das Problem, dass Booking.com die Kundendaten nicht herausrückt? «Das könnte sich verschärfen, wenn wir die Guest-Journey ausbauen und zum Beispiel ein Pre-Check-in anbieten wollen.» 

Unsere Gäste sollten sich bewusst sein, dass es für sie immer am günstigsten ist, direkt im Hotel zu buchen.
Stephan JJ. Maeder, Direktor Hotel Carlton-Europe, Interlaken

Klageeinreichung 2025 – Urteil in zwei bis drei Jahren erwartet
Wie geht es nach Ablauf der Frist am 29. August weiter? Dann bearbeitet die Stiftung Hotel Claims Alliance die Klage formal und reicht sie beim Bezirksgericht Amsterdam ein. «Das passiert noch im Laufe dieses Jahres», so Luthe. Wann mit einem Urteil zu rechnen ist? Da hat der IHA-Hauptgeschäftsführer Erfahrungswerte.

Die seit 2020 laufende rechtliche Auseinandersetzung deutscher Hotels mit Booking.com bilde ja so etwas wie die Blaupause der jetzigen europäischen Klage. «Wir können den Zeitrahmen daher ganz gut abschätzen und gehen davon aus, dass es in zwei bis drei Jahren ein erst­instanzliches Urteil geben könnte.»

Zuversichtlich für Klageerfolg
Die Stiftung sei personell gut ausgestattet. Engagiert worden seien auf dem Gebiet der wettbewerbsrechtlichen Schadensersatzklagen erfahrene Juristen und Wirtschaftswissenschaftler. Darunter Volker Soyez von der deutschen Kanzlei Schneider Geiwitz & Partner, der seit über zehn Jahren deutsche Hotels gegen Booking.com vertritt. Luthe ist aber nicht nur deswegen «sehr zuversichtlich», dass die Klage Erfolg hat.

Der Europäische Gerichtshof habe mit dem Urteil vom 19. September 2024 letztinstanzlich bestätigt, dass die Paritätsklauseln von Booking.com gegen das EU-Wettbewerbsrecht verstiessen. Sämtlichen europäischen Hotels stünde folglich Schadensersatz zu. Auch die Wirtschaftswissenschaft liefere Argumente. Schadenstheorien zum Missbrauch von Marktmacht auf digitalen Märkten sprächen für den durch die Paritätsklauseln verursachten Schaden der Hotels.

«Die Entscheidungspraxis mehrerer europäischer Kartellbehörden stützt das. Und für die konkrete Schadensquantifikation liegen mannigfaltige Ansatzpunkte vor.» Hinzu komme die Entscheidung des Schweizer Preisüberwachers vom 21. Mai 2025, wonach die Kommissionssätze von Booking.com missbräuchlich hoch seien und gesenkt werden müssten. Auch das stärke die Hotrec-Position.

Bis 29. August anmelden
Hotels aus Europa und der Schweiz fordern Schadensersatz wegen missbräuchlicher Paritätsklauseln (2004–2022). Schweizer Betriebe können sich bis zum 29. August kostenlos über HotellerieSuisse oder Gastrosuisse anmelden. Die Klage wird von der Hotel Claims Alliance in den Niederlanden koordiniert und von über 30 Hotelverbänden unterstützt. Die Kosten übernimmt ein Prozess­finanzierer.

mybookingclaim.com

[RELATED]