In seiner ersten Sitzung nach den Sommerferien hat der Bundesrat am Mittwoch beschlossen, die noch geltenden Corona-Massnahmen beizubehalten. Begründet werden diese nur noch damit, die Spitäler vor Überlastung zu schützen. Nicht mehr Teil der Überlegungen des Bundesrats ist der Schutz von Personen, die sich trotz Möglichkeit, sich impfen zu lassen, darauf verzichtet haben.

Diesen Personen will der Bundesrat weiterhin die Wahl lassen, sich impfen zu lassen oder nicht. Ungeimpfte und Ungenesene, die ein Fussballspiel oder Ähnliches besuchen wollen, sollen ab dem 1. Oktober aber selbst für die Kosten eines Corona-Tests aufkommen müssen. Ausgenommen wären Personen, die nicht geimpft werden können. Definitiv darüber entscheiden will die Regierung in zwei Wochen nach einer Konsultation.

Gemäss groben Schätzungen des Bundes würden Antigen-Selbsttests ab September bis nächstes Jahr rund 400 Millionen Franken an Kosten für die Allgemeinheit verursachen. Die Kosten für abgegebene Selbsttests für zu Hause betrugen demnach in selben Zeitraum rund 200 Millionen Franken.

Keine strengen Massnahmen für alle
Der vom Bundesrat beschlossene Wechsel von der Stabilisierungs- und die Normalisierungsphase hat keine unmittelbaren Folgen für die Bevölkerung. Begründet wird er mit dem Impffortschritt. Der Bundesrat ist der Ansicht, dass alle, die sich impfen lassen wollten, dazu in der Lage waren.

Ganz aufheben will der Bundesrat die wenigen verbliebenen Schutzmassnahmen wie die Maskenpflicht im öffentlichen Verkehr jedoch nicht. Er argumentiert mit der «ungewissen Entwicklung der epidemiologischen Lage». Noch ist unsicher, wie sich die Ferienrückkehrer und die Delta-Variante auf die Belegung der Spitalbetten auswirken wird. Eine Überlastung sei «nicht auszuschliessen», so der Bundesrat.

Anfang September will die Landesregierung nach eigenen Angaben eine Neubewertung der Lage vornehmen und anschliessend die Massnahmen anpassen. Der Bundesrat macht aber klar, dass das bisherige System mit zuweilen strengen Massnahmen für alle überholt sei. Es würde die Geimpften und Genesenen in ihren sozialen und wirtschaftlichen Aktivitäten zu stark einschränken.

Aufruf zur Eigenverantwortung
Für den Bundesrat bedeutet diese neue Phase eine Stärkung der Eigenverantwortung. Für die Bevölkerung sei die Impfung nach wie vor der wirksamste Weg, sich vor einer Covid-19-Infektion und schwerwiegenden Komplikationen zu schützen. Der Bundesrat ermutigt ungeimpfte Personen, dies rasch zu tun. Nächste Woche startet eine entsprechende neue Informationskampagne.

Ebenfalls festhalten will der Bundesrat an seiner Massenteststrategie. Wiederholte Tests in Schulen, Unternehmen, Spitälern und Pflegeheimen werden weiterhin vom Bund finanziert. Die Regierung fordert die Kantone auf, Wiederholungstests in den Schulen zu organisieren und damit zum Schutz der Jüngsten beizutragen. Der Bundesrat fordert die Kantone zudem auf, repetitive Tests von ungeimpftem Pflegepersonal verpflichtend vorzuschreiben, um besonders gefährdete Personen zu schützen.

Frühestens Anfang September will der Bundesrat erneut beraten, ob auch die noch verbleibenden Massnahmen zur Eindämmung des Coronavirus aufgehoben werden können. (sda/lm)