Den Entscheid zu den Corona-Tests hat der Bundesrat am Freitag an seiner Sitzung gefällt. Die Testkosten beliefen sich auf rund 50 Millionen Franken pro Woche, schreibt die Regierung in ihrer Mitteilung. Sie wolle das Geld lieber für Massnahmen ausgeben, die «das Ende der Pandemie herbeiführen» können, also für Impfungen.

Damit widersteht der Bundesrat dem öffentlichen Druck. Mit der Ausweitung der Zertifikatspflicht war der Plan des Bundesrats, die Kosten für die Tests ab Oktober auf die Getesteten zu übertragen, in die Kritik geraten. Die meisten Parteien, die beiden Gesundheitskommissionen sowie zahlreiche Verbände und Organisationen hatten gefordert, dass der Bund die Kosten für die Tests über den 10. Oktober hinaus übernehmen soll. [IMG 2]

Sehr hohe Kosten
Der Bundesrat liess sich davon jedoch nicht beeindrucken. Nach der Konsultation der Kantone, Sozialpartner und weiterer Kreise habe er beschlossen, die «sehr hohen Kosten» nicht mehr von der Allgemeinheit tragen zu lassen, schreibt der Bundesrat. Die Kantone stünden grossmehrheitlich hinter dem Entscheid.

Zwei Ausnahmen gibt es jedoch. So übernimmt der Bund bis Ende November die Kosten für Tests von Personen, die eine erste Impfung erhalten haben, jedoch noch kein Zertifikat haben. Zum anderen haben neu alle Personen unter 16 Jahren einen kostenlosen Zugang zu Tests.

Gutscheine und Impfbusse vor Club
Das bei den Tests eingesparte Geld will die Regierung in eine neue Impfkampagne investieren. 150 Millionen Franken sieht der Bundesrat vor, um während mehrerer Wochen die noch Unentschlossenen zu erreichen. Die Vorschläge zur neuen Impfoffensive schickt er bis am 6. Oktober in die Konsultation, am 13. Oktober will er entscheiden.

Mit Gutscheinen will der Bundesrat die Bevölkerung mit ins Boot holen. Wer einen Freund, eine Nachbarin oder ein Familienmitglied vom Impfen überzeugen konnte, soll vom Kanton einen Gutschein über
50 Franken bekommen. Die neu geimpfte Person muss dafür die Überzeugerin oder den Überzeuger angeben. Ob es einen Kino-, Restaurant- oder anderen Gutschein gibt, sollen die Kantone bestimmen.

Weiter schlägt der Bundesrat vor, während mehrerer Wochen 170 zusätzliche mobile Impfbusse und andere mobile Einheiten bereitzustellen. Die Impfbusse sollen einen niederschwelligen Zugang zur Impfung ermöglichen - auf dem Dorfplatz, am Arbeitsplatz, auf dem Fussballplatz, beim Einkaufszentrum oder vor der Disco. Derzeit sind gemäss Mitteilung rund 50 Impfbusse unterwegs.

Nationale Impfwoche mit Fakten
Vorgesehen ist zudem eine nationale Impfwoche von Bund und Kantonen. Während dieser soll mit «verlässlichen Fakten» etwa zur Impfung, ihrer Wirksamkeit, der Sicherheit, den Nebenwirkungen und den Risiken einer Infektion der «hohe» gesamtgesellschaftliche Nutzen betont werden. Die Fakten sollen an Informationsveranstaltungen verständlich vermittelt werden.

Solche Veranstaltungen können von den Kantonen, Gemeinden, Kirchen, Sportvereinen oder anderen Organisationen durchgeführt werden. Geplant ist zudem eine Impfhotline. Ausserdem sollen schweizweit rund 1700 Beratungspersonen die Beratung durch Gesundheitsfachleute ergänzen und die noch Ungeimpften direkt und individuell beraten - per Telefon, über die sozialen Medien oder persönlich vor Ort. Ein negativer Impfentscheid werde «selbstverständlich respektiert».

Zertifikat für europäische Impfstoffe
Schliesslich hat der Bundesrat an seiner Sitzung beschlossen, eine zentrale elektronische Antragsstelle für Covid-Zertifikate aufzubauen. Dies für jene Personen, die mit einem von der Europäischen Arzneimittelagentur zugelassenen Impfstoff geimpft sind und in der Schweiz ein Zertifikat benötigen. Die Kantone müssen also keine eigene Plattform aufbauen. Die Antragsstelle soll ab dem 11. Oktober zur Verfügung stehen. Die aktuell bis am 10. Oktober 2021 geltende Übergangsfrist für die Zulässigkeit von anderen Impfnachweisen wird bis am 24. Oktober 2021 verlängert.

Der Bund soll zudem künftig die Ausstellung von Zertifikaten beim repetitiven Testen übernehmen, um einen Anreiz für das repetitive Testen zu schaffen. Heute verzichteten einige Anbieter auf die Ausstellung von Zertifikaten, da die Kosten durch den Auftraggeber bezahlt werden müssen, etwa durch den Kanton oder den Betrieb, schreibt der Bundesrat. (sda/lm)

Reaktionen
Die Kostenpflicht für die Corona-Tests belaste das Gastgewerbe zusätzlich. Bereits seit der Ausweitung der Zertifikatspflicht leide die Branche unter Umsatzrückgängen von 20 Prozent, schrieb der Verband Gastrosuisse. In ländlichen Gebieten seien die Umsätze sogar noch stärker gesunken, teilte der Verband gestützt auf eine Studie über Zahlungen per Kreditkarte im Essensservice mit. Gastrosuisse-Präsident Casimir Platzer liess sich mit den Worten zitieren, der Verband erhalte laufend Zuschriften von Mitgliedern, die sich über Stornierungen wegen der Zertifikatspflicht beklagen würden. Die Kostenpflicht werde die Situation noch einmal verschärfen. (sda/lm)